Genetische und phylogenetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass das H1/N1-Virus, welches 2009 zur Influenzapandemie führte, aus zuvor schon in der Schweinepopulation kursierenden Influenzalinien entstand. Allerdings gab es bislang keine überzeugenden Beweise dafür. Außerdem wurde bisher die evolutionäre Dynamik des Influenzavirus nicht ausreichend dokumentiert.
In dieser Studie wurden neun Serienpassagen mit einem rekombinanten Virus (rH1N1) in Schweinen durchgeführt. Die Schwere der Erkrankung nahm mit jeder Passage zu. Die Genomsequenzierung der Quasispezies aus der neunten Passage ergab fünf Mutationen an Aminosäuren (AS): PB1 A469T, PA 1129T, NA N329D, NS1 N205K und NEP T48N. Die Mutationen im Hämagglutinin (HA)-Protein dagegen variierte dagegen stark, je nachdem ob Virus aus dem oberen oder unteren Respirationstrakt analysiert wurde. Drei repräsentative Virusklone mit den fünf übereinstimmenden AS-Mutationen wurden ausgewählt und einer funktionalen Analyse unterzogen. Die Virusklone zeigten im Vergleich zum Ursprungsvirus eine gesteigerte Replikationsrate und eine erhöhte Polymeraseaktivität in vitro. Auch in vivo (Tierversuch mit Schweinen, Meerschweinchen und Frettchen) wurde eine erhöhte Replikationsrate sowie eine gesteigerte Pathogenität und Übertragbarkeit festgestellt. Besonders zwei Mutanten von rH1N1 (PB1 A469T, sowie NS1 N205K in Kombination mit NEP T48N) erwiesen sich als Determinanten für die Übertragbarkeit bei Meerschweinchen. Entscheidend: Ein viraler Klon, der neben den fünf Mutationen an den Aminosäuren auch die Mutation D187E, K211E und S289N am HA aufwies, war in der Lage, Frettchen über die Luft so effektiv wie das pandemische Virus von 2009 zu infizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass das Influenzavirus durch Serienpassagen im Schwein Eigenschaften erwerben kann, die denen des Pandemievirus ähneln.
Schlussfolgerung
Wir konnten zeigen, dass ein durch neun Serienpassagen im Schwein planmäßig verändertes Schweineinfluenzavirus mit derselben Genomkonstellation wie der des H1/N1/2009-Virus, eine stark erhöhte Virulenz und Übertragbarkeit erlangt. Besonders hervorzuheben ist, das ein repräsentativer Virusklon mit fünf Mutationen in PB1, PA, NA, NS1, und NEP-Genen sowie drei Mutationen im HA-Gen ähnlich infektiös war wie das H1/N1/2009-Virus. Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass sich ein Vorläufervirus durch Passagen im Schwein zu einer hochvirulenten und infektiösen Form wie dem pandemischen H1/N1/2009-Virus entwickeln kann. Hervorgehoben wird die direkte Rolle des Schweins als Potentiator der Pathogenität und Übertragbarkeit von Influenza-A-Viren.
K Wei, H Sun, Z Sun, Y Sun, W Kong, J Pu, G Ma, Y Yin, H Yang, X Guo, RG Webster, K-C Chang and J Liu. Influenza A virus Acquires Enhanced Pathogenicity and Transmissibility After Serial Passages in Swine. J Virol. 2014 Aug 6. doi: 10.1128/JVI.01679-14