Der Gastrointestinaltrakt ist ein komplexes System, das wir in seiner Gesamtheit verstehen müssen, um Strategien zur Verbesserung der Darmgesundheit entwickeln zu können. In diesem Artikel verwenden wir eine von Knudsen et al. (2008) getroffene Gliederung jener Elemente des Verdauungssystems, die an der Darmgesundheit beteiligt sind. Außerdem besprechen wir, wie die einzelnen Elemente miteinander in Zusammenhang stehen und wie wichtig deren Ausgewogenheit für eine optimale Darmgesundheit ist.
Tierischer Organismus
Der Verdauungstrakt ist das Schlüsselelement für die Darmgesundheit und kann in verschiedene Bereiche unterteilt werden. Zunächst ist hier die Schleimschicht. Dabei handelt es sich um eine mucinreiche Glykokalyx, die von den Becherzellen des Darms sezerniert wird. Dieser Mukus ist seinerseits reich an antimikrobiellen Peptiden, die von den Epithelzellen sezerniert werden und gegen die im Darm vorhandenen Bakterien (kommensale und pathogene) schützen.
Unmittelbar unter der Schleimschicht befindet sich das aus Enterozyten bestehende Epithel. Es handelt sich dabei um ein einschichtiges Zylinderepithel, das die Darmzotten (Mikrovilli) vollständig bedeckt und deshalb von zentraler Bedeutung ist, weil es nicht nur für die Resorption aller Nährstoffe verantwortlich ist, sondern auch Enzyme freisetzt, die sowohl an der Verdauung als auch an der angeborenen Immunantwort des Organismus beteiligt sind. Zusätzlich fungiert diese Zellmembran als erste Schutzbarriere gegen eventuell im Darmlumen vorhandene pathogene Keime (Darmbarriere). Wenn es darum geht, Strategien zum Schutz dieses Epithels zu entwickeln, ist es wichtig, sich die Tierphysiologie vor Augen zu halten. Während der ersten Lebensstunden eines Ferkels ist diese Epithelbarriere noch durchlässig, was auch Sinn macht, da dies die Translokation von Antikörpern und Immunzellen aus dem Kolostrum ermöglicht. Dank dieser Tatsache erhalten neugeborene Ferkel trotz ihres noch nicht vollständig entwickelten Immunsystems einen gewissen Grad an passivem Schutz gegen Pathogene. Später werden diese Zellverbindungen (Tight Junctions) kräftiger und bilden eine echte "selektive" Barriere, die das Eindringen von Krankheitskeimen verhindert, dabei aber die Nährstoffe durchlässt.
Schließlich gibt es noch das darmassoziierte lymphatische Gewebe (engl. gut-associated lymphoid tissue/GALT), das zusammen mit der Epithelbarriere das Immunsystem des Darms bildet. An dieser Stelle sei auch gesagt, dass der Darm als Organ des Immunsystems Besonderheiten aufweist, die ihn einzigartig machen. So ist er zum Beispiel das größte Organ des Körpers mit Immunfunktionen. Gleichzeitig kann der Darm eine große Anzahl von Antigenen aus dem Speisebrei und der Mikrobiota physiologisch tolerieren (Burkey et al., 2009).
Mikrobiota
Phylogenetische Studien haben belegt, dass der Gastrointestinaltrakt von Säugetieren im Vergleich zu den Körperzellen des Wirts eine Ordnung mehr an Bakterien enthält, wobei es sich um nützliche, kommensale oder pathogene Bakterien handelt. In der Humanmedizin wurde diese bakterielle Komponente als "unverzichtbares Organ" beschrieben (Forsythe et al., 2015), das zu einer Fülle an genetischer Information beiträgt, die im Wirt vorhanden, aber nicht angeboren ist.
Beim Schwein spielen - wie wir heute wissen - diese Mikroorganismen eine sehr wichtige Rolle beim Stoffwechsel von Nährstoffen. Tatsächlich wurde vor kurzem berichtet, dass zwischen der Futterverwertung der Tiere und dem jeweils vorhandenen spezifischen Enterotyp (in anderen Worten, dem jeweils vorliegenden Mikrobiota-Profil) eine direkte Relation besteht (Ramayo-Caldas et al., 2016). Darüberhinaus ist die Mikrobiota von außerordentlicher Bedeutung für die Darmgesundheit. So ist z.B. die Anwesenheit von butyrogenen (Butyrat-produzierenden) Bakterien für die Darmgesundheit zuträglich, da Buttersäure die Hauptenergiequelle für die Enterozyten darstellt. Ebenso erstrebenswert ist das Vorliegen von Bakterien, die zu anderen kurzkettigen Fettsäuren wie Acetat oder Propionat fermentieren, da diese aufgrund ihrer energetischen und antimikrobiellen Funktionen von Interesse sind.
Ernährung
Wenn wir unsere Schweine füttern, versorgen wir sie nicht nur mit Nährstoffen, sondern auch (und weitgehend) mit dem für ihre Mikrobiota notwendigen Substrat. Folglich spielt die Ernährung eine höchst wichtige Rolle für die Darmgesundheit, und wir können durch das Hinzufügen bestimmter Inhaltsstoffe (fermentierbare Faserstoffe) oder funktioneller Zusätze (Präbiotika, organische Säuren, etc.) direkten Einfluss auf die Darmgesundheit der Tiere nehmen, indem wir auf diese Weise ein spezifisches Mikrobiota- und Fermentationsprofil fördern.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die vorgestellten Faktoren eine Triade von untereinander in Beziehung stehenden Komponenten bilden, auf deren Ausgewogenheit zu achten ist, damit die Darmgesundheit unserer Tiere erhalten bleibt. Ein Problem bei nur einem dieser Elemente, wie z.B. Schäden an der epithelialen Membran der Enterozyten oder die abrupte Änderung des 'Fermentationsprofils des Futters, kann zu einer instabilen Situation führen und in der Folge die Leistung und Produktivität der Tiere beeinträchtigen. Zudem führen derlei Probleme sehr oft zu gastrointestinalen Erkrankungen, die Kosten auslösen oder sogar den Verlust der Tiere nach sich ziehen.können. In den folgenden Artikeln werden wir Strategien vorstellen, die zur Unterstützung dieses Gleichgewichts und somit zur Förderung der Darmgesundheit eingesetzt werden können.