Es hat sich herausgestellt, dass das Coronavirus (SARS-CoV2) für die Fleischverpackungsindustrie in den USA eine extreme Herausforderung darstellt. Fleischzerlege- und -verpackungsbetriebe beschäftigen hunderte bis tausende Mitarbeiter in jedem Werk, die aus branchenbedingten Gründen oft in engem Kontakt miteinander arbeiten. Darüber hinaus werden in zahlreichen Zerlege- und Verpackungsbetrieben viele verschiedene Sprachen gesprochen, die eine Vielzahl von Kulturen repräsentieren. Diese Faktoren in Kombination stellen bei der Begrenzung der Ausbreitung von SARS-CoV2 innerhalb der Belegschaft der Fleischbetriebe Herausforderungen sondergleichen dar.
US-amerikanische Fleischzerlege- und -verpackungsbetriebe haben sehr offensiv bewährte Praktiken definiert und umgesetzt, um die Übertragung von SARS-CoV2 innerhalb ihrer Belegschaften zu begrenzen. Zu Beginn des Ausbruchs in den Vereinigten Staaten war wenig über die Übertragungswege und die besten Praktiken zur Verhinderung der Ausbreitung bekannt. Dies führte zu erhöhten Übertragungsraten in einzelnen Fleischbetrieben, wenn das Virus in diese Gemeinschaften eingetragen wurde. Als Wissenschaftler und Ärzte mögliche Übertragungswege ausmachten, nutzten die Fleischbetriebe ihr umfassendes Wissen über die Infektionskontrolle – das in der Vergangenheit in erster Linie auf die Lebensmittelsicherheit ausgerichtet war –, um die Umgebung und die Arbeitsbedingungen zu verändern und so die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Diese Strategien und Änderungen führten zwar zu enormen finanziellen Kosten, aber ihre Ergebnisse sind vielversprechend.
Wenn diese Strategien effektiv und, bevor man signifikante Infektionsraten innerhalb der lokalen Gemeinde erkennt, umgesetzt werden, sind die Infektionsraten in den Fleischbetrieben oft niedriger als innerhalb der gesamten Gemeinde.
Diese Daten deuten stark darauf hin, dass die neuen Maßnahmen für die Anlagen sehr effektiv waren.
Grundlage dieser Kontrollpraktiken war die offene Kommunikation mit der Belegschaft. Dies bedeutet, dass die Fleischbetriebe einen genauen Plan für Tests, die Kontaktverfolgung und die Isolierung auf der Grundlage von Richtlinien erarbeiteten, die von den Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) veröffentlicht worden waren. Die Zerlege- und Verpackungsanlagen stellten diese Informationen ihren Mitarbeitern in deren Sprache und deren Gemeinschaften bereit. Diese Kommunikation nebst der effektiven Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsämtern haben dazu geführt, dass die Belegschaft die Infektionsrisiken kannte und verstand, welche Maßnahmen jeder für seine eigene Sicherheit ergreifen musste. Es scheint, dass dieser Kommunikationsaufwand, mit dem Vertrauen in die Sicherheit des Arbeitsplatzes geschaffen werden sollte, ein entscheidendes Element dafür war, nicht nur eine ausreichende Anzahl von Arbeitnehmern aufrechtzuerhalten, sondern auch die Einhaltung von Überwachungs- und Eindämmungsstrategien zu gewährleisten.
Basierend auf den Richtlinien der CDC haben fast alle Zerlege- und Verpackungsbetriebe tägliche Temperaturkontrollen für alle Arbeiter und Besucher eingeführt, die das Werk betreten. Die Temperaturmessung findet vor dem Betreten der Anlage statt und Temperaturen über 38 °C führen beruhend auf den US-amerikanischen CDC-Richtlinien dazu, dass Einzelpersonen der Zutritt zur Anlage verweigert wird. In Verbindung mit der engen Zusammenarbeit mit Ärzten und lokalen Gesundheitsämtern zur Gewährleistung angemessener Testverfahren war dies ein Eckpfeiler der Kontrollverfahren in den Fleischbetrieben. Das Ziel dieser Strategie ist es, den Zugang infizierter Personen, der die Voraussetzungen für die Übertragung des Virus am Arbeitsplatz schaffen würde, zu verhindern.
Das Screening von Mitarbeitern auf Infektionen ist weit verbreitet und wird üblicherweise erfolgreich durchgeführt. In einigen Anlagen wurde die gesamte Belegschaft überprüft. Ein Großteil dieser Tests wurde von privaten Laboratorien gemacht, die die Ergebnisse sehr rasch mitteilten, was die Benachrichtigung der Mitarbeiter, eine schnelle Verfolgung und anschließende Folgetests ermöglichte, um sicherzustellen, dass sich die Infektion nicht ausbreitete. Es zeigt sich zum Beispiel, dass Massentests einschließlich der Ermittlung von Kontaktpersonen und anschließender Quarantäne in Verbindung mit den anderen Eindämmungsstrategien die Übertragung innerhalb des Arbeitsplatzes maßgeblich gestoppt haben.
Innerhalb einzelner Anlagen wurden enorme Anstrengungen unternommen, um Übertragungen sowohl durch Aerosole als auch durch Infektionsträger (physikalische Objekte) zu unterbinden. Es ist zur Routine geworden, dass alle Mitarbeiter während ihres gesamten Aufenthalts in der Anlage eine Maske tragen, es sei denn, sie essen. In den Vereinigten Staaten wurden diese Praktiken in Zerlege- und Verpackungsbetrieben schneller umgesetzt als in der breiten Gesellschaft. Alles scheint beispielsweise darauf hinzuweisen, dass das Tragen von Masken in den Zerlege- und Verpackungsbetrieben in Verbindung mit Tests beim Verhindern der Übertragung am Arbeitsplatz sehr erfolgreich war. Darüber hinaus haben einige Anlagen das Benutzen von Gesichtsschutzschildern eingeführt, um sicherzustellen, dass kleine Tröpfchen nicht in Kontakt mit Nase und Augen kommen, obwohl diese Maßnahme weniger verbreitet ist als das Tragen von Masken und ihre Wirksamkeit noch nicht wissenschaftlich bewertet wurde.
Zerlege- und Verpackungsbetriebe haben die betriebsinternen Hygienestandards offensiv erhöht. In vielen Fällen wurden zahlreiche Mitarbeiter mit der Reinigung und Desinfektion aller Gemeinschaftsräume beauftragt. Nach US-Recht werden die Produktionsbereiche von Zerlege- und Verpackungsbetrieben täglich sehr gründlich gereinigt und desinfiziert. Diese Maßnahmen wurden bisher aus Gründen der Lebensmittelsicherheit durchgeführt, sie eliminieren aber auch SARS-CoV2 in den Arbeits- und Kontaktbereichen. In vielen Zerlege- und Verpackungsbetrieben wurde eine bessere Reinigung in den Gemeinschaftsräumen wie Kantinen, Pausenräumen, Toiletten, Fluren und Stempeluhren eingeführt, die nun mindestens dreimal pro Schicht erfolgte. Gereinigt wird mit den verschiedensten Desinfektions- und Reinigungsmitteln, die lebensmittelecht sind und SARS-CoV2 nachweislich abtöten. Dabei ist das eigentliche Produkt nicht annähernd so wichtig wie die Häufigkeit und Vollständigkeit des Reinigungsvorgangs – das Abwischen aller gemeinschaftlichen Oberflächen, um Schmutz und Abfälle zu entfernen, mit anschließender Desinfektion dieser Flächen.
Zahlreiche Anlagen haben offensiv dafür gesorgt, Kontaktbereiche zu eliminieren, um die Häufigkeit der Interaktionen unter den Arbeitern zu minimieren. Dies umfasst:
- Platzieren von Trennwänden auf allen Esstischen: Beim Essen können keine Masken getragen werden und diese Trennwände sorgen dafür, dass die Arbeiter nur alleine am Tisch sitzen können. Diese Trennwände bestehen in der Regel aus Plexiglas und sind ab der Tischplatte über 0,9 Meter hoch, um eine Übertragung in die Luft zu verhindern.
- Die Betriebe entwickelten Systeme, um die Reinigung zwischen den Nutzungen zu gewährleisten. Dies geschieht oft mit einer rot-grünen Karte: Nachdem ein Mitarbeiter einen Platz benutzt hat, dreht er die Karte auf die rote Seite und signalisiert damit, dass er vor der nächsten Benutzung gereinigt werden muss. Der offensive Einsatz dieser Trennwände hat verhindert, dass sich die Arbeiter an den Esstischen gegenübersitzen, wodurch das Risiko der Aerosolübertragung über den Tisch hinweg minimiert wurde.
- Das Verteilen der Stempeluhren und anderer obligatorischer Meldestellen war eine verbreitete Strategie, um Menschenansammlungen zu minimieren.
- Taktische Maßnahmen wie offen stehende Türen, um zu vermeiden, dass man Türflächen berühren muss, sowie die Umgestaltung von Toiletten, so dass alle Einrichtungen berührungslos funktionieren (mit Fotozelle betrieben), haben dazu beigetragen, die Übertragung der Krankheit zu minimieren.
- Um die Arbeiter am Fließband voneinander zu isolieren, die keinen Abstand von ca. 2 Metern einhalten können, wurden auch in der Halle des Zerlege- und Verpackungsbetriebs Trennwände zwischen den Mitarbeitern installiert.
Nach den derzeit verfügbaren Forschungsergebnissen über die Wege der Krankheitsübertragung ist noch nicht vollständig geklärt, welche dieser Praktiken am wichtigsten sind. Jüngste Forschungen aus dem Bereich der Humanmedizin legen nahe, dass ein längerer Kontakt mit kleinen Aerosol-Tröpfchen in geschlossenen Räumen wahrscheinlich der häufigste Weg für die Übertragung von SARS-CoV2 ist. Weniger wahrscheinlicher ist eine Übertragung durch Infektionsträger, die mit Atemtröpfchen kontaminiert sind. Solange wir nicht mehr über die Übertragung wissen, ist es unwahrscheinlich, dass einzelne bestehende Eindämmungsmaßnahmen abgeschafft werden können.
Nach Darstellung in den öffentlichen Medien gibt es in US-amerikanischen Zerlege- und Verpackungsbetrieben schlechte Arbeitsbedingungen und hohe Übertragungsraten. Sicherlich ereigneten sich anfangs einige schwere Ausbrüche in Fleischbetrieben der USA, aber anscheinend hatten diese Betriebe das Glück, dass zu Beginn des Ausbruchs keine Infektionen innerhalb ihrer Gemeinschaften stattfanden. Seit Beginn des SARS-CoV2-Ausbruchs haben US-amerikanische Zerlege- und Verpackungsbetriebe eine Reihe vernünftiger Standards zur Eindämmung der Pandemie entwickelt, um ihre Belegschaft zu schützen und den weiteren Betrieb ihrer Anlagen zu ermöglichen, wodurch Engpässe innerhalb der Fleischlieferkette minimiert wurden. Positiv zu vermerken ist, dass die Fleischindustrie der Vereinigten Staaten in den letzten drei Wochen wieder auf das Schlachtniveau vor der Pandemie zurückgekehrt ist. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass die Zerlege- und Verpackungsbetriebe mit ihrer fast kompletten Belegschaft ihren annähernd vollen Betrieb wieder aufgenommen haben. Die niedrigen gemeldeten neuen Infektionsfälle in den Anlagen deuten neben den vielversprechenden Schlachtmengen darauf hin, dass die aktuellen Eindämmungsstrategien und vor allem das Vertrauen der Mitarbeiter solide genug sind, um die Arbeit wieder aufzunehmen.