Was ist antimikrobielle Resistenz, warum tritt sie auf und wie funktioniert sie?
Die Resistenz gegenüber Antibiotika ist der Grund dafür, dass Bakterien nicht von der letalen oder hemmenden Wirkung antimikrobieller Moleküle betroffen sind. Dieser Vorgang tritt in der Natur seit Jahrtausenden häufig auf: Antibiotika werden in der Natur von Bakterien und Pilzen produziert, um den Wettbewerb in einer bestimmten ökologischen Nische auszuschalten.
Bakterien, die in Kontakt mit diesen Antibiotika kommen, entwickeln Resistenzmechanismen, was sie befähigt, Orte zu besiedeln, an denen es Nährstoffe und wenige Wettbewerber gibt.
Die meisten Antibiotika, die sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin zum Einsatz kommen, haben ihren Ursprung in der Natur dieser Präparate und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der klinische Einsatz von Antibiotika diesen sehr wirksamen Resistenzmechanismen, die die Natur hervorgebracht hat, ermöglicht selektiert zu werden.
Kann die Resistenz gegenüber Antibiotika zwischen verschiedenen Bakterienarten übertragen werden?
Die Antwort ist ja und dies ist eines der Hauptprobleme. Im Allgemeinen haben Bakterien drei Möglichkeiten, der Wirkung von Antibiotika zu widerstehen: durch Änderungen der Targets der Antibiotika, die Zerstörung der Antibiotika oder die Ausscheidung der Antibiotika. Im Allgemeinen können diese Resistenzmechanismen sowohl vertikal als auch horizontal übertragen werden, was heißt, dass sie sowohl auf die folgenden Generationen als auch auf andere Bakterien der gleichen oder einer anderen Art übertragen werden können.
Können dieselben Bakterien gegen mehrere Antibiotika resistent sein?
Bakterien sind imstande Resistenzmechanismen gegen verschiedene Antibiotika zu akkumulieren. Dies geschieht hauptsächlich an Orten mit hohem antibiotischem Druck wie z. B. in Krankenhäusern oder bis zu einem gewissen Grad in der Tierhaltung. In diesen Umgebungen müssen sich die Bakterien weiterentwickeln um zu überleben, weshalb sie sich anpassen und Resistenzgene aus der Umgebung erwerben. Ein Beispiel aus der Tierhaltung hierfür sind Bakterien aus der Umgebung oder Bakterien, die im Mikrobiom der Tiere vorkommen, die möglicherweise erst vor Kurzem in die Betriebe eingeschleppt wurden.
Kommen Resistenzgene ubiquitär vor?
Daran besteht kein Zweifel. Da es sich um einen natürlichen Abwehrmechanismus gegen natürliche antimikrobielle Moleküle handelt, sind Resistenzgene in allen ökologischen Nischen zu finden. Abgesehen davon ist die Ausbreitung von Resistenzgenen ein weltweites Problem, da der Einsatz von Antibiotika oder ihr Auftreten in der Umgebung zu einer positiven Selektion der Bakterien mit diesen Genen geführt hat. In unserer heutigen Welt, in der Menschen, Tiere, Nahrungsmittel oder Materialien innerhalb weniger Stunden ganz einfach von einem Ort zu einem anderen Ort gelangen können, der Tausende Kilometer entfernt ist, ist es nicht abwegig davon auszugehen, dass sich Resistenzgene genauso leicht ausbreiten, was mittlerweile sogar nachgewiesen werden konnte. Andererseits ist auch wahr, dass der Resistenzgrad in einigen Ländern höher ist als in anderen, was man unter anderem auf die nationalen Pläne dieser Länder zur Bekämpfung der antimikrobiellen Resistenz zurückführen kann.
Kann die antimikrobielle Resistenz gemessen bzw. bewertet werden?
Der Grad der antimikrobiellen Resistenz kann mithilfe verschiedener Verfahren gemessen werden. Klassische Verfahren, wie z. B. Diffusionstests und die Mikrodilutionsmethode ermöglichen es uns nach der Isolation des verursachenden Krankheitserregers die Antibiotika festzustellen, gegen die er resistent oder sensitiv ist, und den Resistenzgrad zu ermitteln. Diese in der Humanmedizin häufig eingesetzten Verfahren sollten in größerem Umfang auch in der Veterinärmedizin eingesetzt werden, da ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis sehr gut ist.
Auf der anderen Seite versetzen uns die heutigen Verfahren der Molekularbiologie in die Lage, den Resistenzgrad in einem umfassenderen Rahmen zu kennen. Derzeit ist unser Labor Teil des bedeutendsten europäischen veterinärmedizinischen Projekts zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen in der Nahrungskette namens EFFORT (Ecology from Farm to Fork Of microbial drug Resistance and Transmission). Dieses Projekt wird einheitlich in 10 Ländern der Europäischen Union durchgeführt, in denen man auf allen Ebenen, von der Tierproduktion (Schweine, Hühner, Truthühner, Forellen und Rinder) bis hin zur Schlachtung und zum Einzelhandel, Proben nahm. Dank dieses Projekts werden wir in der Lage sein, den Grad der antimikrobiellen Resistenz in Europa vom Erzeuger bis zum Verbraucher zu kennen..