Anamnese I. Beschreibung der Produktionsstruktur
Der heutige klinische Fall trat in einer 2000-er Mastanlage auf.Die Schweine kamen von einem Ferkelerzeuger mit 1.200 Sauen und eigener Ferkelaufzucht .Mit einem Durchschnittsgewicht von 20 kg wurden die Läufer an 8 verschiedenen Mäster mit insgesamt 11.800 Mastschweinen geliefert.Die Anlagen liegen in Aragon in der Region La Hoya de Huesca (Nordosten von Spanien).
Der Ferkelerzeuger produziert im Wochenrhythmus, kauft Jungsauen von einem externen Züchter und arbeitet mit konventionellen LWxLD Sauen und Pietrain Ebern.
Anamnese II. Gesundheitsstatus des Betriebes
Jungsauen | Bestandssauen | ||
Positiv | Negativ | Positiv | Negativ |
Enzootische Pneumonie | Rhinitis athropicans | Enzootische Pneumonie | Dysenterie |
PRRS | Dysenterie | PRRS (stabil*) | Aujeszky |
Räude | Rhinitis athropicans | ||
Aujeszky | Räude |
* Im Jahr des hier beschriebenen Falles und im gesamten Vorjahr wurden 30 drei Wochen alte Ferkel mittels PCR negativ auf PRRS getestet. Auch die 9 Wochen alten Ferkel waren PRRS- negativ.
Die zur Remontierung zugekauften Jungsauen kommen im Alter von 7 Monaten auf den Betrieb.Das dort durchgeführte Impfprogramm umfasst zunächst eine Grundimmunisierung und anschließend alle 10 Tage eine Wiederholungsimpfung gegen PRRS,Aujeszky,Rhinitis athrophicans und Parvorvirose/Rotlauf.
Für die restlichen Sauen wird folgendes Impfprogramm durchgeführt:
- Jungsauen:
- Grundimmunisierung und Wiederholungsimpfung an Tag 75 und 90 der Trächtigkeit.
- Rhinitis atrophicans am 75.ten Trächtigkeitstag.
- Alle anderen Sauen:
- E.coli und Clostridium am 90.ten Trächtigkeitstag
- Rhinitis atrophicans am 75.ten Trächtigkeitstag.
- Parvovirose/Rotlauf 10 Tage nach dem Abferkeln.
- Bestandsimpfung alle drei Monate mit einem MLV PRRS- Impfstoff.
Ferkel:
- Einmalige Impfung gegen M. hyopneumoniae am siebten Lebenstag.
- Impfung gegen PCV-2 mit 4 Wochen.
Anamnese III. Beschreibung der Gesundheitssituation in der Mastanlage vor Krankheitsbeginn
Der betroffene Mastbetrieb besteht aus zwei seperaten, erst kürzlich gebauten Einheiten mit jeweils 1.010 Masteinheiten.Es wird eigentlich ein striktes All-in-All-Out praktiziert, obwohl sich zwei Partien gelegentlich überschneiden können- in einem Gebäude befinden sich noch wenige Schweine, wenn im zweiten Gebäude schon neue Tiere aufgestallt werden.
Die beiden Gebäude sind 10 Meter voneinander entfernt,haben automatische Fenster und natürliche Belüftung.Das Wasser wird über die städtische Wasserversorgung bezogen und direkt in einen 50 m3 Tank geleitet.Dieser wird regelmäßig mit Peroxiden desinfiziert.Der Betrieb erfüllt alle notwendigen Voraussetzung bezüglich der Biosicherheit.
Fütterung: Vorratsfütterung mit Tränke im Futterautomaten plus Schalentränken.
- Aufstallungsdatum:
- Gebäude 1: 26.12.2012
- Gebäude 2:14.01.2013
- Gewicht bei Aufstallung:
- Gebäude 1: Gesamtzahl der aufgestallten Schweine:1.003;Gewicht=22,066kg (durchschnittlich 22 kg).
- Gebäude 2:Gesamtzahl der aufgestallten Schweine:1.020;Gewicht= 24,174 kg (durchschnittlich 23,7kg.
- eingesetzte Futtermittel:
- Futter Nr. 1: bis 10 kg/Starter mit 120 ppm Colistin und 300 ppm Amoxicillin.
- Futter N. 2:Vormast bis 40 kg KGW.
- Futter Nr. 3: Mittelmast bis 60 kg KGW.
- Futter 4: Endmast bis 100 kg KGW/Schlachtreife.
Die Mortalität betrug vor Beginn des hier beschriebenen Falles 0,7 %.Die Verluste konnten mit der Glässerschen Krankheit in Verbindung gebracht werden und traten drei Wochen nach Aufstallung in beiden Gebäuden auf.Zur Kontrolle der Erkrankung wurde Amoxicillin per Wasser verabreicht: 0,4g/10kg KGW/Tag über vier Tage.
Krankheitsausbruch
Am 18. März 2013 wurden 5 Schweine aus Gebäude Nr. 2 in die Krankenbucht gebracht.Die Schweine gehörten zuletzt eingestallten Schweinen, sie waren circa 17 Wochen alt.Ein Tier verendete,die anderen waren unfähig, selbst aufzustehen.Außerdem fiel auch bei weiteren Schweinen im restlichen Gebäude eine schmierige Kotkonsistenz auf. Bei der Bestandsuntersuchung fielen folgende Symptome und Läsionen auf:
Symptome:
- 4 Tiere: akute Symptome
- Alter: 16-18 Wochen.
- Blässe,Anorexie.
- Futterverweigerung.
- Gelbliche Diarrhoe mit Fibrinauflagerungen.
- Ein Tier mit koaguliertem Blutt im Kot und Ikterus.
- die restliche Tiere: milde Symptomatik
- Festgestellt in 60% der Buchten.
- Klebriger,grünlicher Kot mit unverdautem Futter.
- Trotz hoher Krankheitsprävalenz waren die klinischen Symptome milde und die Schweine zeigten keine besonderen Symptome.
Läsionen der akut erkrankten Schweine (Sektion wurde nach Euthanasie mit Thiopental durchgeführt):
- Makroskopische Läsionen:
- Verdickung der Mukosa im distalen Dünndarm (terminales Ileum).Sie stellte sich unelastisch dar und war durch die seröse Haut sichtbar.
- Proliferative Ileitis im Bereich der Ileozäkalklappe.Mukosa feucht, verdickt und faltig.
- vergrößerte Mesenteriallymphknoten.
Diagnose
Differentialdiagnosen
- Proliferative Enteropathie.
- von Brachyspira spp. verursachte Colitis.
- Salmonella typhimurium.
- PCV2.
- Nutritive Diarrhoe.
Vermutete Diagnose
- Proliferative Enteropathie.
Labordiagnose
- Die folgenden Proben wurden untersucht:
- 15 Serumproben aus verschiedenen Buchten.
- Kotproben: Die Proben wurden direkt von 6 Tieren mit weichem Kot genommen (2 Sammelkotproben mit Kot von je 3 Tieren).
- Vom euthanisierten Tier wurde eine Gewebeprobe des terminalen Ileums gewonnen und in Formaldehyd konserviert.
- Angeforderte Analysen:
- Serologische Untersuchung auf Antikörper gegen Lawsonia intracellularis.
- PCR auf Lawsonia intracellularis im Kot.
- Histopathologie des Ileums nahe der Ileozäkalklappe.
Ergebnisse
- Serologie: eine Serokonversion (ELISA) wurde bei 35% der untersuchten Seren nachgewiesen. Der Infektionszeitpunkt konnte hier nicht bestimmt werden, klar ist aber, dass eine Infektion in einem Mastabschnitt stattgefunden haben muss.
- PCR: Positiv bei einer der drei Proben.
- Histopathologische Analyse:
- Atrophierte Darmzotten.Hyperplasie der Kryptenzellen (unreife Enterozyten).
- Schwund der caliciformen Zellen.
Endgültige Diagnose
Proliferative Enteropathie
Behandlung und Kontrollmaßnahmen
- Behandlung der Tiere mit Tylvalosin über das Wasser (über 5 Tage;4,25 mg/kg KGW/Tag).
- Injektion von Tiamulin (20%) in betroffenen Buchten an drei aufeinander folgenden Tagen.
- Tylosin über das Futter (100 ppm Tylosin über 14 Tage) nachdem die Trinkwassermedikation abgeschlossen war.
Ergebnis
Wie in jedem Fall ist es auch hier wichtig, die Produktionsparameter zu kennen.Es erlaubt uns, den Mastbetrieb mit anderen desselben Produktionssystems und verschiedene Partien innerhalb des Betriebs zu vergleichen. Auch die Nutzung dieser Kenntnisse in Bezug auf die Kontroll- und Behandlungsmaßnahmen ist wichtig.
frühere Mastdurchgänge | Mastdurchgang mit PE-Problematik | |
Mastdauer/Tagen | 126 | 116 |
Mortalität |
3,22 |
1,8 |
% untergewichtige Schweine | 2,16 | 0,73 |
Futterverwertung | 2,55 | 2,59 |
tägliche Zunahmen | 679 | 699 |
Behandlungskosten (€/Schwein) | 1,64 | 1,65 |
Erstaunlicherweise waren die Mastendgewichte besser als die aus vorangegangenen Partien. Daraus lässt dich zum einen schließen, dass die Behandlungsmaßnahmen effektiv waren, zum anderen lässt es die Hypothese zu, dass Lawsonia intracellularis auch in regulären Mastdurchgängen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen könnte.
Aufgrund dieser Hypothese wurde beschlossen, den Infektionszeitpunkt zu bestimmen und einen Behandlungsplan um diesen Zeitpunkt herum zu etablieren. In diesen Produktionssystemen ist häufig eine Infektion um die 14.-17. Lebenswoche nachzuweisen (Broonsverum zu etaboort et l. 2001; Masterller et al. 2003). Nichtsdestotrotz wurde beschlossen eine Querschnitts-Serumprofil zu erstellen um die Infektionsdynamik von Lawsonia intracellularis in diesem Benstand zu ermitteln. In Zweiwochenintervallen wurden sechs Serumproben genommen (beginnend in der 12.ten Lebenswoche, endend in Lebenswoche 22).
Das ELISA-Ergebnis von 36 Seren war in 7 Fällen positiv, wobei alle Schweine älter als 16 Wochen waren.
Seroprävalenz
Damit liegt der Infektionszeitpunkt in der 14.Lebenswoche, was mit den Ergebnissen der o.g. Studie übereinstimmt.
Behandlung II
Das Medikament der Wahl war ein Makrolidantibiotikum (Tylosin, 100 ppm), das zweiphasig über das Futter verabreicht wurde.Die erste Behandlungsphase begann im Alter von 14 Wochen (Behandlungsdauer: zwei Wochen, verabreicht per Futter), zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Schweine seit circa zwei Wochen im Mastbetrieb.Die zweite Behandlungsphase begann 3 Wochen später.
Ergebnis II
Frühere Mastdurchgänge | Behandelte Partien | Restliche Mastbetriebe* | |
Mastdauer | 126 | 116 | 123 |
Mortalität | 3,22 | 1,8 | 2,65 |
% untergewichtiger Schweine | 2,16 | 0,73 | 1,47 |
Futterverwertung | 2,55 | 2,59 | 2,56 |
Tägliche Zunahmen | 679 | 699 | 683 |
Behandlungskosten(€/Schwein) | 1,64 | 1,65 | 1,76 |
* DIe Datenmenge ist nicht ausreichend, um einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen "Frühere Mastdurchgänge" und "Restliche Mastbetriebe" ermitteln zu können,die Resultate sind so zwar vielversprechend aber nicht beweiskräftig.
Fazit
Die proliferative Enteropathie (PE) oder Ileitis ist eine Erkrankung, deren Symptome seit den 1930er Jahren bekannt sind, aber erst 1974 endeckten Rowland & Lawson ein Bakterium mit einer ungewöhnlichen Proliferation innerhalb der Zelle.1993 wurde bewiesen,daß eine Infektion mit Lawsonia intracellularis zu PE führt, womit die Ätiologie endgültig geklärt wurde.Heute wissen wir, dass 96% aller Betriebe und 30% aller Schweine weltweit (sowohl Ferkelerzeugung als auch Mastbetriebe) betroffen sind.
Wie wir im oben geschilderten Fall sehen, kann PE in verschiedenen Formen auftreten, sogar innerhalb eines Betriebes.Häufig kommt die milde, subklinische Form gleichzeitig mit der akuten,schwerwiegenden Variante vor. Beide haben einen direkten negativen Einfluss auf die wichtigsten Produktionsparameter wie z.B die Futterverwertung und die tägliche Zunahme, was mit deutliche finanziellen Einbussen für den Mäster einhergeht.Die Mortalitätsrate muss dabei nicht notwendigerweise erhöht sein.
In diesem Fall haben wir verschiedene Möglichkeiten zur Kontrolle und der Behandlung von PE beschrieben.Zwei Makrolide (Tylvalosin undTylosin) sind die Antibiotika der Wahl, wobei sich auch die Behandlung mit Lincomycin und Tiamulin in verschiedenen Studien als ebenso wirksam erwiesen hat.
Der wichtigste Punkt beim Einsatz von Antibiotika zur Kontrolle von Ileitis ist die Bestimmung des optimalen Behandlungszeitpunktes.Dazu können die beschriebenen diagnostischen Mittel zur Bestimmung der Infektion genutzt werden.Die Serologie eignet sich hier sehr gut:Es können alle zwei Wochen Proben von Schweinen im Alter zwischen 8 und 22 Wochen genommmen werden.In Produktionssystemen wie dem hier beschriebenen bietet sich an, einen Querschnitts-Serumprofil zu erstellen.
Ein besonders früher oder ausgedehnter Behandlungszyklus verhindert die Ausbildung einer aktiven Immunität bei den Schweinen.Wenn allerdings die Behandlung zu spät begonnen wird, dann wird die Erkrankung bei einigen Schweinen schon ausgebrochen sein- intestinale Läsionen fallen dann schwerwiegender aus.
Weitverbreitet ist der Einsatz von oral verabreichten, attenuierten Impfstoffen.Diese eignen sich, wie in verschiedenen Artikeln beschrieben, ebenfalls zur Kontrolle der Ileitis, da die Schweine so über eine ausreichende Immunität verfügen um mit Lawsonia intracellularis unter Feldbedingungen zurechtzukommen.