Inzwischen haben Sie sich wahrscheinlich schon von der China-Euphorie anstecken lassen. China ist der weltweit größte Verbraucher und Produzent von Schweinefleisch. Wenn die Chinesen also stolpern, ergibt sich die große Gelegenheit, mögen viele denken. Aber manche Anzeichen dieser vermeintlich bevorstehenden Gelegenheit könnten sich bald als bloßes Gerede erweisen. Bevor Sie die Bagger und Betonmischer anfordern, mit denen Ihr Betrieb ausgebaut werden soll um die Produktion zu steigern, lesen Sie bitte diesen Artikel.
Die meisten Menschen wären schockiert darüber, wie wenig zusätzliches Schweinefleisch in der Lieferkette eines großen Schweinefleisch produzierenden und exportierenden Landes zur Verfügung steht, das in den Export umgeleitet werden kann, selbst wenn die Preisanreize groß sind. In den USA wird etwa 25 % der Gesamtproduktion exportiert und dieser Anteil entspricht nicht dem Verhältnis, das bei Schlachtkörpern besteht. Das heißt, bestimmte Teilstücke werden in größeren Mengen exportiert als andere. Wenn man nun damit beginnt, ganze Schlachtkörper nach China zu verkaufen (was die chinesischen Käufer derzeit fordern), bringt man die Versorgung der heimischen Großabnehmer (Supermarktketten, Militär und Restaurants/ Gastronomie) weiter aus dem Gleichgewicht.
Glaubt jemand ernsthaft, dass es beispielsweise den Supermärkten in der EU, den USA und Kanada an Schweinefleisch, Schinken oder Schulterstücken etc. fehlen wird, weil die Verarbeitungsbetriebe sie alle nach China exportiert haben? Denn laut Berichten ist davon auszugehen, dass durch die Afrikanische Schweinepest in China inzwischen mehr Schweine vernichtet wurden, als in den USA und der EU insgesamt gehalten werden.
Wenn man von dem Verzehr von Schweinefleisch in China vor dem Auftreten von ASP ausgeht und die Anzahl der Tiere abzieht, die aufgrund von ASP getötet wurden, um den neuen Importbedarf Chinas zu ermitteln, wird man enttäuscht werden. Schweinefleisch (von ASPv-infizierten Mastschweinen), das auf dem Schwarzmarkt verkauft wurde, hat ungeachtet der Unbedenklichkeit des ASP-Virus für den Menschen eine sehr dämpfende Wirkung auf die Verbrauchernachfrage. Die Chinesen sind sehr geübt darin, ihre Proteinquellen schnell zu wechseln, was sie beispielsweise unter Beweis stellten, als der Konsum von Geflügel durch den damaligen Ausbruch der Vogelgrippe drastisch einbrach und durch den Verzehr von Schweinefleisch ersetzt wurde. Verbraucher schützen zuerst ihre Gesundheit. Die Tierkrankheit ist für sie nur eine akademische Theorie.
Die saisonalen Muster des Schweinefleischverzehrs in China zeigen einen Anstieg im Herbst und Winter und vor allem kurz vor dem chinesischen Neujahrsfest im Februar. Diese ganze zusätzliche saisonbedingte Nachfrage liegt nun schon einige Monate zurück. Darüber hinaus hat sich die chinesische Wirtschaft verlangsamt, was geringere Einkommen, Arbeitsplatzverluste, Fabrikschließungen, eine Verringerung der Exporte und Hypotheken zur Folge hat, deren Wert über dem Wert der Immobilien liegt. All dies dämpft die Nachfrage selbst nach Grundbedürfnissen wie Nahrungsmitteln, weshalb günstigere Alternativen zu tierischem Eiweiß und Ersatzprodukte bereitwillig angenommen werden.
China verfügt außerdem über strategische Reserven an tiefgekühltem Schweinefleisch, um genau diese Art von Engpässen entschärfen zu können, die zu unliebsamen, hohen Preisen beim Schweinefleisch führen. Die strategischen Reserven für die Kühllagerung von Schweinefleisch steigen seit 2008 jedes Jahr als Reaktion auf den verheerenden PRRS-Ausbruch im Jahr zuvor. Möglicherweise ist dies nicht genug, aber es wird auf jeden Fall Versorgungsengpässe abpuffern und es den Chinesen ermöglichen, das benötigte Schweinefleisch strategischer einzukaufen.
Natürlich gibt es an dieser Stelle nicht genug Platz, um auch nur annähernd einen kurzen Einblick in die chinesische Geschichte der letzten 3.000 Jahre zu geben, aber in ein oder zwei Sätzen sei gesagt, dass sie sich gegenüber den Konkurrenten nicht als anfällig zeigen. Dies ist auf eine lange Geschichte der Invasion, Unterdrückung und Herrschaft durch andere Nationen zurückzuführen, was einen unauslöschlichen Wunsch hinterlassen hat, nie wieder beherrscht oder ausgenutzt zu werden. China fordert seit einiger Zeit bereits einen niedrigeren Fleischkonsum, um die Fähigkeit rivalisierender Nationen Lebensmittel als Waffe zu verwenden im Falle einer Störung der heimischen Produktion zu entschärfen. Erwarten Sie nicht, dass sich die Chinesen an den Verhandlungstisch setzen und zu jedem Preis kaufen werden.
Es scheint wahrscheinlich, dass China der russischen Strategie folgen wird, die Familienbetriebe drastisch zu reduzieren, die mittlerweile als Quelle von ASP und zukünftiger Katastrophen betrachtet werden. Würden Sie glauben, dass der Verbrauch von Schweinefleisch durch Familien, die zuvor ihre eigenen Schweine hielten (immer noch 50 % oder mehr der gesamten Produktion und rund 40 % der chinesischen Nachfrage) vollständig durch Supermärkte oder Frischmärkte (falls diese Märkte überleben werden) gedeckt werden wird?
Chinas Urbanisierungsgrad liegt immer noch bei rund 58 % (Weltbank, 2017) und damit deutlich unter der in Industrieländern üblichen Rate. Die Größe und das Ausmaß des ASP-Problems in China und die Nachwirkungen, insbesondere die Art und Weise, wie es in Zukunft letztendlich gelöst und vermieden werden wird, könnten zu einer permanenten Verschiebung der Konsummuster der chinesischen Bevölkerung beim Verzehr von Proteinen führen. Die klaren Gewinner wären möglicherweise Geflügel und Rindfleisch.
Die verstärkte Nachfrage nach der Kühllagerung von Speck in den USA, die Vorratshaltung von Schinken für die Verarbeitung an Ostern und nun die steigende Nachfrage der Grillsaison nach Schweinerippchen im April haben den saisonalen Aufschwung bereits angekurbelt, was sich auf der Angebotsseite etwas später deutlich verstärken wird, wenn weniger Tiere mit leichterem Gewicht auf den Markt kommen werden.
Während Sie diese Informationen auswerten, beachten Sie Folgendes: In den USA wurde in den ersten Märztagen die letzte der angekündigten großen Schweineverarbeitungsanlagen eröffnet. Die Schweine, die für diese Anlagen (anfangs mit einer Kapazität von bis zu 10.000 Tieren, später 12.000 Tiere pro Tag) produziert wurden, standen mehr als bereit und belasteten den Markt. Einen Monat später ist die Anlage immer noch voll ausgelastet, aber bis zum Hochsommer wird die volle Wirkung der zusätzlichen Kapazität dazu beitragen, die Sommersaison anzustoßen.
Was wir heute mit Sicherheit wissen: Die Chinesen werden in Zukunft viel weniger Schweinefleisch essen.