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COVID-19 und Schweineviren – was können wir lernen?

Die Erkenntnisse, die zwei der wichtigsten Virologinnen der nordamerikanischen Schweineindustrie, Frau Dr. Torremorell und Frau Dr. Culhane, von anderen Coronavirus-Ausbrüchen gewonnen haben, die zu dessen weltweiter Ausbreitung in der Schweineindustrie führten.

Foto von Fusion Medical Animation auf Unsplash

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Viren sind Viren und sie sind alle gleich, stimmt das? Nein, das stimmt nicht. Es gibt viele verschiedene Arten von Viren auf der Welt – solche, die Menschen infizieren, diejenigen, die Tiere infizieren, und solche, die zum Beispiel Pflanzen infizieren. Weil es so viele von ihnen gibt, werden die Viren auf Grundlage eines Klassifikationssystems in verschiedene Arten oder Kategorien eingeteilt. Das Klassifikationssystem beinhaltet viele Ebenen, wie beispielsweise die Klasse, Ordnung, Familie, Gattung und die Arten. Dieses sogenannte Linnésche System wird verwendet, um alle Lebewesen auf der Welt, wie Tiere, Pflanzen, Bakterien und auch Viren einzuordnen. Wir erwähnen dies nicht, um Sie mit Details zu langweilen, sondern um darauf hinzuweisen, dass beispielsweise ein Apfel und eine Birne sehr unterschiedlich sind, obwohl die beiden Früchte zur Klasse Magnoliopsida gehören. Daher dieser häufige Satz „Es ist wie Äpfel mit Birnen miteinander zu vergleichen“, der oft gesagt wird, wenn jemand versucht, zwei Dinge zu vergleichen, die so unterschiedlich sind, wie ein Apfel und eine Birne. Während es dagegen etwas leichter wäre, eine Orange mit einer Zitrone zu vergleichen, da beide Früchte zur Familie Rutaceae und zur Gattung der Zitruspflanzen gehören, kann sogar ein Kind erkennen, dass sich eine Orange sehr von einer Zitrone unterscheidet. Dementsprechend sind auch Coronaviren von Schweinen und von Menschen ganz unterschiedlich (Fehr & Perlman, 2015). Wir möchten an dieser Stelle die Geschichte von PEDv, einem Alphacoronavirus, erzählen um Ihnen aufzuzeigen, wie sich das andersartige Virus SARS-CoV-2, ein Betacoronavirus, das Auslöser der COVID-19-Pandemie ist, weltweit ausbreiten kann. Am wichtigsten ist, dass wir unsere Erkenntnisse weitergeben, damit alle davon lernen und die Gesundheit der Mensch- und Tierpopulationen weltweit verbessern können.

Es war im Jahr 2013, als ein Coronavirus die US-amerikanische Schweinepopulation befiel und die Schweineindustrie in den USA zu Grunde richtete. Bei diesem Virus handelte es sich um ein Alphacoronavirus namens PEDv (Virus der porzinen epidemischen Diarrhö), das erstmals im April nachgewiesen wurde. Innerhalb von neun Monaten hatte es sich auf die meisten Schweinebetriebe in den Vereinigten Staaten ausgebreitet (Alvarez et al., 2016). Ein sehr ähnlicher PEDv-Stamm verbreitete sich dann weltweit ziemlich schnell und trat innerhalb eines Jahres in vielen Schweine erzeugenden Ländern auf. Allein in den USA betraf PEDv mehr als 50 % der Zuchtbetriebe (MSHMP-Bericht), wodurch sich die Zahl der geschlachteten Schweine um mehr als 5 Millionen (3 %) reduzierte. Dennoch lagen die Nettoeinnahmen der Erzeuger paradoxerweise über dem, was vor dem Ausbruch erwartet worden war (Schulz et al., 2015). Noch wichtiger ist, dass es die Art und Weise veränderte, wie wir die Einschleppung neuer Krankheiten in die USA betrachteten. PEDv öffnete vielen die Augen für die Verwundbarkeiten von Importen und die Abhängigkeit von globalen Produktionsketten. Es war ein schmerzlicher Weckruf, der uns vor Augen führte, wie unvorbereitet wir auf die Einschleppung einer neuartigen Krankheit in unsere naive Schweinepopulation waren.

Wenn wir nun auf das Jahr 2020 schauen, können wir einige Parallelen zu dem neuen menschlichen Coronavirus ziehen, das 2019 aufkam und sich nun weltweit ausbreitet und zu einer Pandemie entwickelt, globale Vertriebsketten unterbricht und die Finanzmärkte alarmiert. In nur drei Monaten hat sich die COVID-19-Infektion, die durch SARS-CoV-2 verursacht wird, einem Betacoronavirus der von Wildtieren auf den Menschen übergegangen ist, in mehr als 147 Ländern ausgebreitet. Wenn es um die Übertragung geht, zeigt COVID-19 Parallelen zu einigen Coronaviren beim Schwein, die uns bekannt sind, und auch zu Influenzaviren, die wir alle nur allzu gut kennen.

COVID-19 breitet sich unter den Menschen schnell und, ähnlich der Grippe, meist über die Atemwege aus. In geringerem Maße kann SARS-CoV-2 auch über den Kot ausgeschieden werden, obwohl unklar ist, wie stark dieser Übertragungsweg zur Ausbreitung von COVID-19 beiträgt. Direkter enger Kontakt, Aerosole, die durch Tröpfchen und kontaminierte Infektionsträger verbreitet werden, gelten als Hauptübertragungswege. Es wird geschätzt, dass eine infektiöse Person zwei oder mehr anfällige Personen infizieren wird, was meistens zu größeren Ausbrüchen führt. Bislang gibt es keine dokumentierten Fälle von COVID-19, das die Schweine infizierte.

Es bestehen auch Ähnlichkeiten mit Influenza. Influenza ist eine Zoonose, die durch direkten Kontakt mit Atemsekreten, Aerosolen und Infektionsträgern übertragen wird. Die Übertragung erfolgt in anfälligen Populationen schnell. Die mediane Reproduktionszahl für die H1N1-Grippepandemie 2009 betrug 1,46 (Biggerstaff et al., 2014), was bedeutet, dass zwischen 1 und 2 anfällige Menschen infiziert werden, wenn sie mit einer infizierten Person in Kontakt kommen. Als 2009 das H1N1-Influenzavirus auftrat, wurde in weniger als einem Monat eine Pandemie gemeldet, womit wir die erste Pandemie des 21. Jahrhunderts verzeichnen. Die pandemische Grippe breitete sich im Sommer 2009 aufgrund der fehlenden Immunität in der Bevölkerung rasch aus. In jedem zweiten Jahr des 21. Jahrhunderts einschließlich 2020 breitet sich die Grippe üblicherweise und saisonbedingt aus, mit vermehrtem Auftreten während der kühleren Jahreszeiten. Die Influenza bei Schweinen ist auch saisonal, wobei es in den Vereinigten Staaten in den kühleren Jahreszeiten Winter und Frühling Infektionsspitzen gibt, obwohl bei den Schweinen vieler Betriebe die Grippe das ganze Jahr über endemisch auftritt. In ähnlicher Weise gelten Coronaviren beim Schwein wie PEDv und TGEv (Transmissible-Gastroenteritis-Virus) als saisonal, wobei sie in den Vereinigten Staaten verstärkt im Herbst und Winter auftreten, obwohl sie in immunen Populationen auch das ganze Jahr über endemisch bleiben können (denken Sie an TGE im 20. Jahrhundert)

Im Allgemeinen sind Influenza- und Coronaviren anfällig für heiße Temperaturen und übertragen sich im Sommer nicht so gut. Es werden massive Maßnahmen ergriffen, wie die Einschränkung der Reise- und Bewegungsfreiheit der Bevölkerung, um die Übertragungskurve von COVID-19 beim Menschen abzuflachen. Man weiß noch nicht, ob oder wann diese Maßnahmen in der Lage sein werden, das Virus einzudämmen oder zu eliminieren. Es gibt viele Beispiele für die erfolgreiche Eliminierung von Coronaviren beim Schwein, aber das erfordert Disziplin, harte Arbeit, die Verhinderung von Bewegungen und das Unterbinden der Aufnahme empfänglicher Individuen in infizierten Populationen. Dies ist leichter gesagt als getan, wenn es um Menschen geht. Unsere tierärztlichen Erfahrungen und unsere öffentlich-privaten Partnerschaften, zu denen beispielsweise unsere Experten von One Health aus aller Welt zählen, können uns sicherlich dabei helfen, Eindämmungs- und Präventionspläne durchzuspielen. Wenn COVID-19 der Influenza in ihrer Fähigkeit ähnelt, saisonbedingt jedes Jahr immer wieder Infektionen zu verursachen, wird es zu einem weiteren endemischen Coronavirus beim Menschen werden, ebenso wie dies bei der Erkältung der Fall ist. Hoffentlich wird dies bei COVID-19 nicht der Fall sein, aber wenn unsere Kenntnisse über die endemischen Coronaviren beim Schwein und über die Grippe hier zutreffen, erinnert es uns daran, dass die Viren nicht leicht verschwinden und im Herbst wiederkommen können.

Auch wenn COVID-19 derzeit eine menschliche Erkrankung ist und unser Fokus weiterhin auf dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit unserer Familie, unserer Freunde und Mitarbeiter liegt, ruft uns diese Krankheit in Erinnerung, wie wichtig es ist, strenge Biosicherheitsmaßnahmen beizubehalten und, dass wir auch weiterhin auf jede neue Krankheitsbedrohung vorbereitet sein müssen. Wenn wir etwas aus der PEDv-Einschleppung in die Vereinigten Staaten im Jahr 2013 gelernt haben, dann war es die Erkenntnis, dass die Industrie unvorbereitet und nicht fähig war, mit einer verheerenden neuen Krankheit fertig zu werden. Seitdem wurden glücklicherweise erhebliche Anstrengungen unternommen, um unsere Industrie darauf vorzubereiten, die Einschleppung von Krankheiten wie der Afrikanischen Schweinepest zu verhindern, aber es muss noch mehr getan werden. Es scheint, dass für COVID-19 ähnliche Lehren gezogen werden, und denjenigen von uns, die in der Schweineindustrie arbeiten, wird es als Erinnerung daran dienen, wie wichtig die Bewegungen von Menschen und Schweinen sind, wenn es darum geht, die Ausbreitung von Krankheiten zu kontrollieren.

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