Publikation
Rebecca A. Ober, James B. Thissen, Crystal J. Jaing, Ada G. Cino-Ozuna, Raymond R.R. Rowland, Megan C. Niederwerder. Increased microbiome diversity at the time of infection is associated with improved growth rates of pigs after co-infection with porcine reproductive and respiratory syndrome virus (PRRSV) and porcine circovirus type 2 (PCV2). 2017. Veterinary Microbiology vol 208, pag 203 http://dx.doi.org/10.1016/j.vetmic.2017.06.023
Was wurde untersucht?
Ziel der Studie war es, den Einfluss des Mikrobioms auf die klinischen Resultate und die Produktionsergebnisse nach viralen Doppelinfektionen beim Schwein zu untersuchen.
Wie wurde es gemacht?
Die Hypothese lautete, dass eine größere Vielfalt der Darmmikrobiome zu erhöhter Widerstandsfähigkeit gegenüber subklinischen respiratorischen Virusinfektionen beim Schwein führt. Bei der Studie untersuchte man 50 3 Wochen alte, PRRSV-negative Schweine aus einem PCV2-positiven Aufzuchtbetrieb. Zu Beginn der Untersuchung wurden Kotproben der Mikrobiome analysiert. Man bestimmte die Diversität der Mikrobiome durch Berechnung der Anzahl der Familien und Arten, die bei jedem Schwein erfasst wurden. Nach experimentell ausgelösten Infektionen mit PRRSV und PCV2 bei den 8 Wochen alten Ferkeln wurden die klinischen Ergebnisse, die Virämie und das Gewicht festgestellt. Um sicherzustellen, dass man nur subklinische Infektionen analysierte, wurden alle Schweine, die tierärztlich behandelt werden mussten, von der Untersuchung ausgeschlossen. 35 Tage nach der Infektion wurden die 40 übrigen Schweine gewogen und je nach hoher oder niedriger Wachstumsrate zwei Gruppen zugeordnet. Diese Klassifizierung erfolgte auf Grundlage der durchschnittlichen Gewichtszunahme pro Tag ab dem Kontakt mit dem Virus bis 35 Tage nach der Infektion. Am Tag 42 nach der Infektion wurden alle Schweine gewogen, eingeschläfert und einer eingehenden Sektion unterzogen. Es erfolgte eine makro- und mikroskopische Untersuchung von Lungenläsionen, deren Ergebnisse mit 0 bis 4 Punkten bewertet wurden. Die Ergebnisse der mikroskopischen Analyse der lymphoiden Depletion wurden mit 0 bis 3 Punkten bewertet. Je höher die Punktzahl, desto schwerwiegender war die Krankheit.
Was sind die Ergebnisse?
- Nach der Doppelinfektion gingen die Werte der Gruppe mit geringer durchschnittlicher Gewichtszunahme pro Tag (0,775 +0,075 kg) und die der Gruppe mit hoher durchschnittlicher Gewichtszunahme pro Tag (0,903 +0,043 kg) auseinander. Von den 50 mit PRRS und PCV2 infizierten Schweinen mussten 10 behandelt werden (20% Morbidität). Das Endgewicht war statistisch gesehen in beiden Gruppen unterschiedlich (52,5 + 5,3kg im Vergleich zu 57,1 + 2,9kg, p=0,028).
- Die Gruppe mit hoher Wachstumsrate zeigte eine statistisch signifikante reduzierte PRRSV-Replikation, die im 42-Tages-Bereich unterhalb der Kurve gemessen wurde. Die PCV2-Daten zeigten starke Abweichungen, deuteten aber auf eine Tendenz zu reduzierter Virämie in der Gruppe mit hohen Wachstumsraten hin.
- Die Schweine mit hohen Wachstumsraten hatten weniger schwere Lungenläsionen.
- Insgesamt wurden 29 Mikrobenfamilien und 112 Mikrobenarten nachgewiesen. Das Mikrobiom der Schweine mit hohen Wachstumsraten wies eine erhöhte Diversität, eine höhere Firmicutes/Bacteriodetes-Ratio, mehr Rumincoccaciae, Streptococcaceae und weniger Methanobacteriaceae auf.
Welche Schlussfolgerung kann aus der Publikation gezogen werden?
Die Diversität und die Zusammensetzung des Mikrobioms können die klinischen Resultate und die Produktionsergebnisse nach Infektionen mit PRRSV und PCV2 beim Schwein beeinflussen.
Die Studie bestätigt den Einfluss von PRRS- und PCV2-Doppelinfektionen auf das Wachstum, selbst wenn die Schweine keine offenkundigen klinischen Symptome zeigten.
Aus der Sicht der Praxis von Enric Marco Es ist beeindruckend, die Fortschritte der Wissenschaft mit eigenen Augen zu beobachten. Wir haben immer angnommen, dass die Aufrechterhaltung der Darmgesundheit von Vorteil ist, aber wir hätten niemals geglaubt, wie wichtig sie tatsächlich sein kann. Mit den molekularbiologischen Verfahren, über die wir heutzutage verfügen, ist es möglich, das Mikrobiom eingehender zu untersuchen und somit Zusammenhänge zu finden, die früher nicht feststellbar waren. Die ersten Studien, die Veränderungen im Mikrobiom mit anderen Gesundheitsproblemen als Darmbeschwerden in Verbindung brachten, erschienen in der Humanmedizin, insbesondere bei der Untersuchung einiger der Probleme, die bei HIV-infizierten Patienten auftraten. Bei diesen Patienten stellte man einen Zusammenhang zwischen bestimmten Mikrobiomprofilen und der Entwicklung eines Phänomens fest, das als vorzeitiges Altern bekannt ist. In der Veterinärmedizin gab es bereits einige Veröffentlichungen, in denen ein Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom weniger Tage alter Ferkel und ihrer Prädisposition hergestellt wurde, nach dem Absetzen an Durchfallerkrankungen zu leiden oder nicht. Aber der vorliegende Artikel stellt einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Mikrobiomprofilen und unterschiedlich stark ausgeprägtem Schweregrad bei klinischen Symptomen, Läsionen und Viruslasten bei Doppelinfektionen mit PRRS- und PCV2-Viren her, wodurch sich ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Insbesondere in der heutigen Zeit, in der die Reduzierung des Einsatzes von Antimikrobiotika nicht mehr nur eine Laune einiger Erzeuger ist, sondern mittlerweile eine Notwendigkeit darstellt, könnte die mögliche Manipulation des Darmmikrobioms ein sehr nützliches Mittel zur Kontrolle der Schweinegesundheit sein. Wir wissen jedoch leider immer noch nicht, wie man das Darmmikrobiom so manipulieren kann, dass es zu einem bestimmten Profil wird. Ich wüsste viele Methoden, die man testen könnte: Könnten Verfahren zur Stuhltransplantation, wie sie beim Menschen zum Einsatz kommen, auch bei Schweinen Anwendung finden? Sollten wir die Kontaktsuppe anders einsetzen, als wir dies heute tun, d. h. sollten wir Stuhl von gesunden anstatt von kranken Tieren verwenden? Könnten wir das Mikrobiom von Ferkeln durch Änderung des Mikrobioms der Muttertiere manipulieren? Ich erinnere mich an einen Vortrag von Hr. Dr. Fernando Fariñas, in dem er die Bedeutung des Darmimmunsystems hervorhob. Ich glaube, er sagte, dass sich 70% der Zellen des Immunsystems im Darm befinden. Angesichts der Ergebnisse der vorliegenden Studie scheint die Immunantwort je nach individuell vorliegendem Mikrobiomprofil beim Vorliegen bestimmter Vorgänge begünstigt zu werden oder nicht. In der Zukunft werden wir wahrscheinlich wissen, ob diese Mikrobiomprofile anders sein müssen, damit sich die Antwort auf verschiedene Vorgänge verbessert, oder ob sich die Immunantwort durch Erzielung eines bestimmten Profils in allen Fällen verbessern würde. Ich habe keinen Zweifel daran, dass diese Art von Studie eine Vielzahl neuer Möglichkeiten eröffnet, deren Realisierung wir wahrscheinlich in den kommenden Jahren sehen werden. |