Was waren unsere Ziele?
In den Niederlanden haben sich Schweinehalter, Unternehmen, Einkaufsverbände und öffentliche Einrichtungen in der Koalition für ein vitale Schweinehaltung (CoViVa) zusammengeschlossen. Eines der Hauptziele dieser Koalition ist die Erzeugung von Ferkeln, die frei vom Wildtypvirus (WTV) des Porzinen Reproduktiven und Respiratorischen Syndroms (PRRS) sind, und letztendlich die landesweite Tilgung von PRRS.
Die Veterinärmediziner verfügen über ausreichende Kenntnisse, um das PRRS-Virus aus einzelnen Betrieben und Regionen zu eliminieren. Die Herausforderung besteht darin, die Landwirte zu überzeugen.
Unser Ziel war es, anhand des ADKAR-Change-Management-Modells ein Profil der Landwirte zu erstellen, das ihre Einstellung und Bereitschaft zur Tilgung des PRRS-Virus berücksichtigt.
Wie sind wir vorgegangen?
Unsere Forschungsmethode umfasst eine umfangreiche Datenerhebung und -erfassung in mehreren Betrieben. Anschließend werden die gesammelten Daten mit statistischen Methoden analysiert, um aussagekräftige Erkenntnisse zu gewinnen.
Das ADKAR-Modell, ein bekanntes Rahmenwerk für Veränderungsmanagement, wurde von Prosci (The Prosci ADKAR® Model | Prosci) entwickelt, um Einzelpersonen und Organisationen dabei zu helfen, Veränderungen effektiv umzusetzen. Das Akronym ADKAR steht für:
- Awareness: das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Veränderungen
- Desire: der Wunsch, sich an den Veränderungen zu beteiligen und sie zu unterstützen
- Knowledge: das Wissen, wie die Veränderungen umgesetzt werden können
- Ability: die Fähigkeit, die gewünschten Neuerungen und Verhaltensweisen umzusetzen
- Reinforcement: die Verstärkung der Veränderungen, um sie nachhaltig zu verankern
Dieses Modell unterstreicht, dass der organisatorische Wandel nur dann erfolgreich sein kann, wenn sich der Einzelne ändert. Es bietet einen strukturierten Ansatz, um Menschen durch den Veränderungsprozess zu führen, potenzielle Hindernisse zu beseitigen und sicherzustellen, dass jeder Schritt effektiv gehandhabt wird.
Durch die Kombination des ADKAR-Modells mit PRRS-Tilgungsstrategien kann ein strukturierter und effektiver Ansatz zur Bewältigung dieser großen Herausforderung in der Schweineproduktion geschaffen werden.
Als Erstes erstellten wir eine spezifische PRRS-ADKAR-Scoring-Tabelle, in der die einzelnen Elemente klar definiert wurden (Tabelle 1). Zwei als Coaches geschulte Tierärzte führten Interviews mit jedem Landwirt durch und bestimmten die Punktzahl für jede Kategorie des Modells.
Tabelle 1. PRRS-ADKAR-Scoring-Tabelle
Bewusstsein | Steht für das Bewusstsein, dass PRRS in den Schweinehaltungsbetrieben (im Betrieb des Landwirts und letztendlich in den gesamten Niederlanden) ausgerottet werden muss, da PRRS ein Problem für den allgemeinen Gesundheitsstatus des Betriebs darstellt und ihre Tilgung technische und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. | 1 | Der Landwirt ist sich der Gesundheits- und Tierschutzprobleme, die PRRS in Schweinebeständen verursacht, nicht bewusst und hat keine Vorstellung von den Kosten im Falle einer PRRS-Infektion oder den Vorteilen einer feldvirusfreien Ferkelerzeugung. |
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2 | Der Landwirt ist sich der durch PRRS verursachten Probleme und der wirtschaftlichen Verluste bewusst, behauptet aber, dass eine Tilgung nicht notwendig ist. | ||
3 | Der Landwirt ist sich bewusst, dass etwas getan werden muss, um PRRS-Infektionen zu reduzieren, bestreitet aber, dass PRRS in seinem eigenen Bestand eine Rolle spielt. | ||
4 | Der Landwirt ist sich bewusst, dass die PRRS-Feldstämme in seinem Betrieb ausgerottet werden müssen, und akzeptiert, dass dies mit Aufwand und Kosten verbunden ist. | ||
5 | Der Landwirt ist sich bewusst, dass PRRS in den Niederlanden ausgerottet werden sollte und dass er in seinem Betrieb die Verantwortung dafür übernehmen muss, einschließlich des Aufwands und der Kosten. | ||
Wunsch | Die Verkörperung des Bewusstseins. Ist der Landwirt bereit, in seinem Betrieb mit der Tilgung von PRRS zu beginnen? | 1 | Der Landwirt will keine Tilgungsaktion starten und behauptet, es gäbe in seinem Bestand keine Probleme mit PRRS. |
2 | Der Landwirt möchte frei von PRRS-Feldstämmen sein und PRRS ausrotten, will aber letztlich den Aufwand und die Kosten nicht auf sich nehmen. | ||
3 | Der Landwirt möchte einen „PRRS-stabilen Betrieb“ haben, er will keine PRRS-Probleme, aber die Tilgung ist zu schwierig/kostenintensiv. Wenn er die Krankheit mit einer Impfung unter Kontrolle halten kann, ist das für ihn in Ordnung. | ||
4 | Der Landwirt möchte mit der Tilgung von PRRS in seinem Betrieb beginnen, steht aber den Ratschlägen und der Umsetzung der Maßnahmen kritisch gegenüber. Wenn sie zu teuer werden, will er sie nicht durchführen. | ||
5 | Der Landwirt möchte die vollständige Tilgung in seinem Betrieb. Er ist offen für alle Ratschläge und Maßnahmen und akzeptiert, dass sie mit erheblichen Kosten und Anstrengungen verbunden sein können. | ||
Wissen | Steht für das Wissen und die Fachkenntnisse des Landwirts im Hinblick auf die Einleitung einer PRRS-Tilgung in seinem Bestand. Das Wissen über die PRRS-Tilgung umfasst zwei Aspekte: (a) Status des Bestands, d. h. in welcher Produktionsphase beginnt mein Problem, und (b) Was muss ich tun, um dieses Problem zu lösen? | 1 | Der Landwirt hat weder eine Vorstellung von seinem Status noch davon, was er in seinem Betrieb tun muss, um feldvirusfreie Ferkel zu produzieren |
2 |
Der Landwirt hat eine ungefähre Vorstellung von der Situation in seinem Betrieb, weiß aber nicht, wo er anfangen soll. Er kennt den Status seines Bestands nicht, hat aber einige Ideen, was er im Management ändern muss. |
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3 |
Der Landwirt hat eine ziemlich klare Vorstellung vom Status, aber noch keine Ahnung, welche Änderungen er vornehmen soll. Der Landwirt hat keine Ahnung vom Status, aber er weiß, dass er einige Dinge in seinem Betrieb ändern muss |
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4 | Der Landwirt kennt seinen Status. Er weiß in groben Zügen, wo er Veränderungen im Management vornehmen muss. | ||
5 | Der Landwirt kennt seinen Status. Er weiß, was in seinem Betrieb getan werden muss, damit er feldvirusfreie Ferkel produzieren kann. | ||
Fähigkeit | Steht für die Umsetzungsphase der Veränderung. Ist der Landwirt bereit – oder bereits dabei –, Veränderungen vorzunehmen? (Bereiche für Veränderungen sind etwa die externe und interne Biosicherheit, einschließlich einer möglichen Renovierung des Gebäudes, die Jungsauen-Remontierung, Arbeitsmethoden …) | 1 | Der Landwirt sieht nur Hindernisse (die Kosten stehen in keinem Verhältnis zu den Vorteilen, wenn mein Nachbar PRRS hat, was nützt mir das ...) und führt deshalb keine Maßnahmen durch. |
2 | Der Landwirt möchte eine begrenzte Anzahl von Veränderungen vornehmen, die leicht zu bewerkstelligen sind. Er wählt die Veränderungen nicht nach der erwarteten Wirkung, sondern nach den Kosten aus. | ||
3 | Einige Veränderungen werden akzeptiert und umgesetzt, er wählt die Veränderungen aus, die der Tierarzt als die wichtigsten empfiehlt. | ||
4 | Der Landwirt möchte alle empfohlenen Veränderungen umsetzen, aber Geld-, Zeit- oder Personalprobleme erschweren einige Maßnahmen. | ||
5 | Der Landwirt investiert Zeit, Geld und Mühe und schult sein Personal, um alle Veränderungen umzusetzen, die empfohlen werden, um feldvirusfreie Ferkel zu erzeugen. |
Zwanzig Sauenbetriebe (durchschnittlich 1029 Sauen, Min: 320, Max: 4112) wurden nach dem Zufallsprinzip aus einer Tierarztpraxis ausgewählt. Alle Betriebe waren PRRSV-positiv und gegen PRRSV geimpft.
Was haben wir herausgefunden?
1) Bei den Parametern Bewusstsein, Wunsch, Wissen und Fähigkeit der Landwirte zur PRRSV-Tilgung wurden große Unterschiede zwischen den Betrieben festgestellt.
2) Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass nur sehr wenige Landwirte mental für die Tilgung des PRRSV bereit waren: nur zwei Betriebe zeigten eine entsprechende Einstellung (mit einer Punktzahl von >4 bei jedem Element). 10 Betriebe erreichten bei allen Elementen weniger als 4 Punkte.
3) Die Erkenntnis, dass PRRS ein Problem darstellt, fördert das Verständnis für andere Elemente. Betriebe, die beim Bewusstsein eine Punktzahl von >4 erreichten, schnitten bei den anderen Elementen im Durchschnitt besser ab (3,66, Bereich 2,66 - 4,66) als Betriebe mit einer Punktzahl von <4 (2,34, Bereich 1,66 - 3,5, p=0,004).
4) Das ADKA(R)-Modell hilft Tierärzten, ihre Beratung gezielter zu gestalten und sich auf die Elemente zu konzentrieren, die in einem bestimmten Betrieb entscheidend sind. Außerdem können so diejenigen Landwirte ermittelt werden, die am ehesten in der Lage sind, die erforderlichen Veränderungen erfolgreich umzusetzen.
Die Kombination des ADKAR-Modells mit Strategien zur PRRS-Tilgung kann sich bei der Umsetzung von Veränderungen in Schweinebetrieben als sehr effektiv erweisen. Im Folgenden wird erläutert, wie sich das ADKAR-Modell auf die PRRS-Tilgung anwenden lässt:
- Bewusstsein: Aufklärung des Betriebspersonals über die Bedeutung der Ausrottung von PRRS und die Auswirkungen auf die Gesundheit und Produktivität des Bestands. Dazu gehört das Verständnis des Virus, seiner Übertragung und des wirtschaftlichen Nutzens einer Ausrottung.
- Wunsch: Förderung des kollektiven Wunsches aller Beteiligten, die Bemühungen zur Ausrottung von PRRS zu unterstützen. Dies kann durch den Austausch von Erfolgsgeschichten und die Aufklärung über die potenziellen wirtschaftlichen Vorteile und den verbesserten Tierschutz erreicht werden.
- Wissen: Ausführliche Schulungen zu PRRS-Tilgungsprotokollen wie der LCE-Methode (Load-Close-Expose), Impfstrategien und Biosicherheitsmaßnahmen. Es sollte sichergestellt werden, dass jeder seine spezifischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten kennt.
- Fähigkeit: Ausstattung des Teams mit den notwendigen Instrumenten und Ressourcen zur Umsetzung der PRRS-Tilgungsstrategien. Dazu gehört der Zugang zu Impfstoffen, Diagnoseinstrumenten und geeigneten Einrichtungen für Isolierung und Biosicherheit.
- Verstärkung: Kontinuierliche Überwachung und Verstärkung der Praktiken, um sicherzustellen, dass die Bemühungen zur Tilgung von PRRS aufrechterhalten werden. Regelmäßige Bewertungen, Feedback-Sitzungen und Anpassungen der Protokolle auf Grundlage der Ergebnisse sind dabei von entscheidender Bedeutung.
Künftige Herausforderungen
Die Ergebnisse zeigen, dass zur Erreichung der CoViVa-Ziele noch einiges zu tun ist, um die Mentalität der niederländischen Landwirte zu ändern.