Einführung
Magen-Darm-Erkrankungen bei Schweinen sind äußerst üblich und hängen vor allem bei Absetzferkeln oft von vielen Faktoren ab. Nach den Erfahrungen des Autors tritt Diarrhö bei Absetzferkeln in über 50% der Schweinemastbetriebe irgendwann einmal auf. Es ist deshalb klinisch gesehen von Bedeutung, eine möglichst genaue Diagnose der konkreten Ursachen anzustreben, um geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der Krankheit ergreifen zu können. Dazu könnten Änderungen der Ernährung und des Managements, Impfungen, antimikrobielle Behandlungen und andere unterstützende Maßnahmen zählen. Eine richtige Diagnose mag manchmal aufgrund des häufigen Auftretens von Mischinfektionen, den vielfältigen Auswirkungen von Umwelt und Ernährung sowie der Schwierigkeit, alle möglichen dabei beteiligten Krankheitserreger zu isolieren und zu identifizieren, schwer sein.
An Diarrhö erkrankte abgesetzte Ferkel, die unterschiedlich starke Gewichtsverluste und Dehydratation aufweisen.
Differentialdiagnose von Darmerkrankungen bei Schweinen
Vorhandene Darmerkrankungen im Betrieb sind normalerweise unverkennbar. Bei der Bestimmung der Ursachen ist es wichtig, das vollständige Krankheitsbild zu beurteilen und dabei alle Faktoren, die maßgeblich sein könnten, zu berücksichtigen. Dazu zählen Details von kürzlich erfolgten Schweinetransporten in den Betrieb und Betriebsprotokolle zur biologischen Sicherheit, da verschiedene enterische Krankheitserreger wie z. B. Salmonellen, Rotaviren und das Porzine Epidemische-Diarrhö-Virus durch Trägerschweine eingeschleppt werden können. Die klinischen Merkmale eines Ausbruchs machen den Kliniker normalerweise auf die wahrscheinlichste Ursache oder Ursachen aufmerksam, die bei Bedarf im Diagnoselabor bestätigt werden können. Zu untersuchende Proben könnten frischen Kot, Darm- oder rektale Abstriche und abgebundene Darmschlingen für bakteriologische, virologische und parasitologische Analysen, frisch fixierte Gewebeschnitte für histopathologische Analysen und Blutproben zur serologischen Untersuchung umfassen. Weitere Proben könnten Futter und Trinkwasser für Bakterienkulturen und Assays zum Nachweis zahlreicher Substanzen einschließlich Mykotoxinen, Antimikrobiotika, Schwermetallen etc. beinhalten. Stuhlproben von Ratten, Mäusen und Vögeln können dazu beitragen Krankheitsüberträger zu identifizieren. Abstriche von verschiedenen Stellen in Gebäuden und Fahrzeugen können dabei helfen herauszufinden, wie sich eine Infektion ausbreitet und wo sie sich festsetzen konnte. Wenn die pathogene Belastung der Umgebung beurteilt werden soll, sind korrekte Probenahmeprotokolle und viele Proben erforderlich.
Die Fleischuntersuchung einer repräsentativen Stichprobe an Schweinen, die im Betrieb starben, kann ebenfalls wertvolle Diagnoseinformationen liefern. Die schwerwiegenden pathologischen Läsionen vieler Darmerkrankungen von Schweinen sind auf eine bestimmte Region begrenzt und optisch sehr auffällig. Tabelle 1 zeigt die wichtigsten Differentialdiagnosen.
Tabelle 1: Richtlinien für die Differentialdiagnose der Hauptursachen der Diarrhö bei Absetzferkeln
Art des Durchfalls |
Makroskopisch sichtbare Symptome und Lokalisation der Läsionen |
Krankheitsbild |
Mögliche Ursachen |
Weitere Tests |
Wässrig, alkalisch, grau-braun | - Ileum: Dünnwandig, aufgebläht, ausgeweitet - Peyer-Plaques - Vergrößerte mesenterische Lymphknoten, eventuell hämorrhagisch |
- Sich innerhalb der Kontaktgruppe ausbreitende Infektion - Steigende Mortalität - Gewichtsverlust - Dehydratation |
- E. coli - Rotavirus |
- Kultur - Hämolyse - Nachweis der Fimbrien-Antigene F4 und F18 |
- Ödem des Magens, Mesenteriums und im periorbitalen Bereich. | - Akut, hohe Mortalität bei betroffenen Schweinen, Stimmveränderungen. | - E. coli Ödemkrankheit | ||
Wässrig, Flecken aus nekrotischem Material, gelbbraun | - Verstopftes Ileum - Hämorrhagische Lymphknoten - Polyserositis - Katarrhalische Enteritis - Diphtherische Membran - Auffällige Peyer-Plaques |
- Sich innerhalb der Kontaktgruppe ausbreitende Infektion - Fieber |
- E. coli - Salmonellen |
- Kultur und Serotypisierung. |
Cremig, graubraun, möglicherweise etwas Blut | - Verstopftes Ileum - Aufsteigendes Kolon verstopft und hart - Hämorrhagische mesenterische Lymphknoten |
- Begrenzte Anzahl innerhalb der Gruppen - „Plötzliche” Todesfälle ohne Diarrhö |
- C. perfringens Typ A - Brachyspira spp. |
- Kultur - Profil der Enterotoxine |
Stark, wässrig, gelbgrün |
Ileum dünnwandig und aufgebläht |
- Breitet sich in den Gruppen schnell aus - Steigende Mortalität |
- TGE-Virus - PED-Virus lität |
- Virusisolierung. |
Dunkelgrau, graubraun, eventuell explosionsartig | - Unspezifisch, leichte Verstopfung des Dünn- und Dickdarms - Übelriechend - Möglicherweise Magengeschwür |
- Weitverbreiteter, plötzlicher Ausbruch (ernährungsbedingt), ansonsten allmähliche Ausbreitung - Niedrige Mortalität - Gewichtsverlust - Eventuell katarrhalische oder hämorrhagische Entzündung des terminalen Ileums |
- Ernährungsbedingt |
- Ausschluss infektiöser Ursachen - Kultur und PCR - Serologische Untersuchung auf Lawsonia |
Dunkelgrau, graubraun, möglicherweise Blut |
- Dickdarm nekrotisch, hämorrhagisch - Darminhalt kann violettstichiges Blut enhalten |
- Langsame Ausbreitung innerhalb der Gruppen und dann zwischen ihnen - Chronischer Gewichtsverlust - Steigende Mortalität |
- Brachyspira spp., insbesondere B. hyodysenteriae. | - Kultur und PCR |
Infektiöse Ursachen von Diarrhö bei Mastschweinen
Nach den Erfahrungen des Autors sind die häufigsten ansteckenden Ursachen von Diarrhö kurz nach dem Absetzen Salmonella enterica (S. typhimurium) und E. coli, insbesondere Arten, die die Fimbrien-Antigene F4 (K88) und F18 besitzen. Lawsonia intracellularis, Clostridium perfringens und Brachyspira pilosicoli und gelegentlich Brachyspira hyodysenteriae können auch eine Rolle spielen. Rotaviren sind nicht ungewöhnlich und mitunter tritt nach dem Absetzen anhaltende Diarrhö als Folge der Schädigung des Darms aufgrund von Kokzidiose auf, an der die Tiere vor dem Absetzen erkranken. In Großbritannien ist die porzine epidemische Diarrhö derzeit glücklicherweise kein Problem.
Nicht-infektiöse Ursachen von Diarrhö bei Mastschweinen
Jede plötzliche Futterumstellung kann zu Verdauungsproblemen führen, aber die Auswirkungen sind normalerweise von kurzer Dauer. Schweine in den frühen Wachstumsphasen mit einem Lebendgewicht bis zu ca. 25 kg sind tendenziell weniger tolerant gegenüber schwer verdaulichen Futtermittelbestandteilen und daher ist die Futterbeschreibung in dieser Altersgruppe von größerer Bedeutung. Als Folge des abrupten Absetzens treten tiefgreifende physiologische Veränderungen auf, insbesondere ein Wechsel von hohen zu niedrigen pH-Werten im Magen, eine Änderung des Profils der Verdauungsenzyme, die v. a. am Abbau der Stärke beteiligt sind, und eine Verlagerung des Wassers vom vorderen Abschnitt des Dünndarms zum Enddarm. Dabei reduziert die Verkümmerung der Darmzotten die Absorptionsfähigkeit im Ileum. Diese Veränderungen machen den Darm durch Änderungen der entsprechenden Nährböden auf kurze Sicht anfälliger für Krankheitserreger, was zu abnormalen Gärungsverläufen führen kann.
Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen einem bestehenden Magengeschwür und fein gemahlenem Futter. Die Gabe von 550 µm Futter scheint die Anomalien des Speiseröhrenepithels zu erhalten oder leicht zu verschlimmern, während 750 µm Futter eine Heilung möglich macht. Der Einsatz von Strukturmühlen im Gegensatz zu Hammermühlen garantiert sowohl gleichförmigeres Mahlgut bezüglich der Partikelgröße als auch größere Partikel und Erfahrungen in diesem Bereich lehren, dass eine Änderung weg vom Mahlen mit Hammermühlen das Auftreten von Magengeschwüren und Diarrhö deutlich reduziert. Magengeschwüre treten nach dem Absetzen ebenso bei unregelmäßiger Futteraufnahme der Ferkel auf oder, wenn diese in den ersten 24-48 Stunden nach dem Absetzen überhaupt nichts fressen. Dies kann außerdem zu Störungen der normalen Darmflora führen.
Der übermäßige Einsatz von Antibiotika unter den verschiedensten Bedingungen kann ebenso schwerwiegende Störungen der Darmflora hervorrufen und in manchen Fällen zu einem fast sterilen Darm führen, was die Entwicklung einer abnormalen Darmflora wie z. B. Hefepilze ermöglicht. Dies führt zu einer anhaltenden Diarrhö, die in dem vergeblichen Versuch eine Situation zu bekämpfen, die durch eine Antibiotika-Behandlung überhaupt erst herbeigeführt wurde, durch die Verabreichung weiterer Antibiotikagaben häufig verschärft wird. Der anhaltende Einsatz von Sulfonamiden zur Bekämpfung von Strep. suis oder Haemophilus parasuis kann resistente Stämme von E. coli und Salmonellen selektieren, was dann zu Darmerkrankungen führen kann, die schwieriger unter Kontrolle zu bringen sind.
Schlechte Lager- und Hygienebedingungen können zur Oxidation von Fetten, der Entwicklung von Mykotoxinen und der unbeabsichtigten Kontaminierung mit viele Stoffen führen, die alle zu einer Diarrhö führen oder sie verschlimmern können.
Zu den antinutritiven Faktoren in Rohstoffen, die eine episodische Diarrhö hervorrufen können, zählen Saponine, Phytate, Lektine und Trypsininhibitoren; die entsprechenden Mechanismen sind allerdings noch nicht ausreichend erforscht.