Der Porcine Respiratory Disease Complex (PRDC) ist eine chronische Atemwegserkrankung, die vor allem Aufzucht- und Mastschweine befällt und weltweit erhebliche wirtschaftliche Verluste in der Schweinehaltung verursacht. Die Prävalenz von Atemwegserkrankungen bei Schweinen liegt in der Regel zwischen 19 % und 74 % eines Bestands. Trotz aller Bemühungen, die wirtschaftlichen Verluste durch diese Läsionen zu verringern, gehören die kranioventrale Lungenkonsolidierung (CVPC) und die dorsokaudale Pleuritis (DCP) zu den häufigsten Lungenpathologien, die bei der Fleischuntersuchung von Schweinen am Schlachthof festgestellt werden.
Die Schlachthofuntersuchung bietet eine gute Möglichkeit, die Gesundheit und das Wohlbefinden von Schweinen zu überwachen, da subklinische Pathologien makroskopisch identifiziert werden können, die auf dem Herkunftsbetrieb durch reine Beobachtung nicht feststellbar sind. Darüber hinaus können Lungenscorings durchgeführt werden, die dem Landwirt und dem Bestandstierarzt wertvolle Informationen liefern. Für die Beurteilung von Lungenläsionen bei Schweinen im Schlachthof gibt es zahlreiche Scoring-Methoden, die auf manueller und visueller Bewertung basieren. Die Untersuchung von Lungenläsionen im Schlachthof ist ein wertvolles Mittel, um die Prävalenz und Schwere von Atemwegserkrankungen in Schweinebeständen abzuschätzen, subklinische Infektionen zu erkennen, Hinweise auf bestehende Atemwegsprobleme zu erhalten sowie Risikofaktoren und die Wirksamkeit von Impfungen auf Betriebsebene zu bewerten. Ferner sind Lungenscorings auch für die Fleischindustrie von Bedeutung, da sie dazu dienen können, den Einfluss von Atemwegserkrankungen auf die Schlachtkörper- und Fleischqualität zu beurteilen [Kinger et al., 2021, Pessoa et al., 2021]. In einigen Ländern sind Lungenläsionen eine der Hauptursachen für die Verwerfung von Lungen und die Verringerung der Schlachtbandgeschwindigkeit, da mehr Schlachtkörper getrimmt werden müssen. Es wurde berichtet, dass CVPC für etwa 50 % der Lungenverwerfungen verantwortlich ist.
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Abb. 1: Fleischuntersuchung am Schlachtband
Bislang haben nur wenige Studien den Zusammenhang zwischen Atemwegserkrankungen und der Qualität von Schweinefleisch untersucht. Es wurde festgestellt, dass bei Schlachtkörpern mit schweren Lungenläsionen das Risiko für Fleischqualitätsmängel (Tendenz zu DFD- und PSE-Fleisch) deutlich höher war als bei Schlachtkörpern ohne Läsionen. Zudem gab es starke Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von Läsionen und Unterschieden in der sensorischen Bewertung der Fleischfarbe sowie pH-abhängigen Parametern wie Wasserbindevermögen, Tropf-, Auftau- und Garverlusten [Permetier et al., 2015, Karabasil et al., 2017]. Die Studien, die den Zusammenhang zwischen der Atemwegsgesundheit von Schlachtschweinen und deren Schlachtkörperqualität untersuchen, verwenden meist statistische Modelle, um die Auswirkungen der üblicherweise bei der Schlachthofuntersuchung festgestellten Läsionen auf das Gewicht und die Fleischigkeit des Schlachtkörpers zu bestimmen.
Im Schlachthof werden makroskopische Lungen- und Pleura-Läsionen hauptsächlich mit herkömmlichen manuellen Methoden bewertet. Einige wenige kommerzielle Unternehmen bieten digitale Softwarelösungen für diese Beurteilung an. Diese Software integriert in der Regel konventionelle Methoden wie die von Madec und Kobisch, Christensen [Christensen et al., 1999] sowie SPES und ermöglicht eine schnelle, zuverlässige und effektive Lungenbewertung. Die digitalen Ergebnisse erleichtern die anschließende statistische Analyse der Daten (Abb. 2 und 3). Mithilfe dieser Scorings kann eine detaillierte Analyse der Auswirkungen von Läsionen auf das Gewicht und die Fleischigkeit von Schlachtkörpern durchgeführt werden. Es gibt zudem Tools für die postmortale Lungenbewertung, die den Bewertungsprozess und die anschließende Datenanalyse erleichtern.
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Abb. 2: Digitale Bewertungssoftware. Die auf einer Punkteskala bewerteten Lungenbereiche umfassten den linken Spitzenlappen, den linken Herzlappen, den linken Zwerchfelllappen, den Zwischenlappen, den rechten Zwerchfelllappen, den rechten Herzlappen, den rechten Spitzenlappen sowie Bereiche, die von kranialer Pleuritis, dorsokaudaler Pleuritis und Narben betroffen waren.
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Abb. 3: Die Ergebnisse der Lungenuntersuchung wurden in einem Diagramm dargestellt.
Die in Polen durchgeführte Studie umfasste Daten aus Schlachthofuntersuchungen von Schweinepartien, die einer gemischten Modellanalyse unterzogen wurden, wobei der Herkunftsbetrieb als feste Variable berücksichtigt wurde.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Läsionen einen signifikanten Einfluss auf das Gewicht und die Fleischigkeit des Schlachtkörpers haben.
Das statistische Modell der Analyse zeigte eine signifikante Abnahme des Schlachtkörpergewichts aufgrund von CVPC und DCP, mit Verlusten von 2,77 kg (p=0,01) bzw. 2,29 kg (p<0,001). Zudem bestand eine Korrelation zwischen dem Muskelfleischanteil und der Schwere der Lungenläsionen (r= -0,25, p=0,00).
Pro ein Prozent geschädigtes Lungenvolumen verringerte sich der Muskelfleischanteil um 0,24 %.
Diese Studie belegt die negativen Auswirkungen von Atemwegsläsionen auf das Gewicht und die Fleischigkeit von Schweineschlachtkörpern, wobei festgestellt wurde, dass Lungenläsionen und dorsokaudale Pleuritis zu einer deutlichen Verringerung führten. Die Ergebnisse legen nahe, dass verbesserte Protokolle zur Krankheitsbekämpfung erforderlich sind, da die deutlich geringere Fleischigkeit auf mögliche Mängel in den aktuellen Praktiken hindeutet. Die Nutzung von Schlachthofdaten könnte gezieltere Gesundheitsstrategien für Bestände ermöglichen, indem die für Läsionen besonders anfälligen Lungenbereiche ermittelt werden. Die gemischte Modellanalyse unterstreicht die Bedeutung betriebsspezifischer Faktoren und spricht für individuelle Ansätze zur Krankheitsbekämpfung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschungsergebnisse zu einer Neubewertung des Gesundheitsmanagements in der Schweinehaltung anregen und zu gemeinsamen Anstrengungen zur Verbesserung des Tierwohls aufrufen, was wiederum das wirtschaftliche Ergebnis der Schweineproduktion verbessern dürfte. Der dringende Bedarf an konkreten Maßnahmen ist offensichtlich – die Studie plädiert für gezielte Änderungen im Gesundheitsmanagement, um dem Verlust an Schlachtkörperqualität entgegenzuwirken.