Einleitung
Escherichia coli-Infektionen sind bei Tieren allgegenwärtig. Es gibt verschiedene E.coli-Typen, einige sind natürliche Darmbewohner, andere Stämme führen zu einer Reihe von Erkrankungen, auf die in diesem Artikel näher eingegangen werden soll. Pathogene E.Coli-Stämme verfügen generell über Fimbrien (Pili), mit deren Hilfe Sie sich leichter an die Zielzelle anheften können. Weiterhin typisch ist die Fähigkeit zur Bildung von enterotoxischen Exotoxinen, Endotoxinen und die Kapselbildung. Es gibt verschiedene Klassifikationsmöglichkeiten für E.coli-Infektionen bei Schweinen. Dieser zweiteilige Artikel beschäftigt sich mit einer Reihe von klinischen Syndromen wie der neonatalen Colibazillose, den E.coli-assoziierten Erkrankungen der Absatzferkel (Diarrhoe und Ödemkrankheit) sowie der Coliseptikämie, der coliformen Mastitis und Harnwegsinfektionen.
Neonatale Colibazillose
Die Colibazillose der Saugferkel, die durch enterotoxische E.Coli-Stämme (ETEC ) verursacht wird, tritt häufig in der ersten Lebenswoche auf. Meist sind Würfe von Jungsauen betroffen, die Infektion erfolgt schon kurz nach der Geburt aufgrund von Kontaminationen der Umgebung und einem unzureichenden Antikörperspiegel der Ferkel. Daher sollte die Impfung von hochtragenden Jung- und Altsauen routinemäßig durchgeführt werden, um eine passive Immunität der Ferkel gegen ETEC sicherzustellen.
Escherichia coli- Diarrhoe der Absatzferkel
Enterotoxische E.Coli-Stämme (ETEC) verfügen über eine Kombination von Adhäsionsfaktoren und Enterotoxinen. Deren Zusammenspiel ist nötig, damit es zu einer klinischen Darminfektion kommt. Bei den Adhäsionsfaktoren von ETEC handelt es sich um spezialisierte Fimbrien oder Pili, die sich fest an die Glykoproteinrezeptoren der Intestinalzellen anheften (siehe Abbildung 1). Diese Rezeptoren werden nur über einen gewissen Zeitraum exprimiert- meist bis etwa sechs Wochen nach der Geburt. Die Adhäsionsfaktoren sind bekannt als Fimbrienantigene F4, F5, F6, F41 etc., obwohl häufiger auch die früheren Bezeichnungen K88, K99, 987P etc. verwendet werden. Durch die Adhäsion kann ETEC trotz Darmperistaltik den Darm besiedeln.
Abbildung 1. Die Adhäsionsfaktoren von ETEC sind spezialisierte Fimbrien- oder Pilusproteine, die sich an die Glykoproteinrezeptoren der intestinalen Zellen anheften.
In Abbildung zwei ist die Besiedlung einer Darmzotte durch E.Coli-Kolonien zu sehen. Die Bakterien produzieren und "injizieren" ihre Enterotoxine wie z.B. hitzelabile und hitzestabile Toxine (LT/ST). Diese Toxine verursachen eine hypersekretorischen Diarrhoe, ohne jedoch zu hochgradigen Zellläsionen zu führen.
Abbildung 2. E.Coli-Kolonien auf einer Darmzotte.
Klinische Symptome Es kommt vor allem bei Ferkeln, die seit circa zwei Wochen abgesetzt sind, zu klinischen Symptomen. Diese äußern sich in Form von gelb-weißlichem, cremig-wässrigem, projektilartigem Durchfall. Die Inkubationszeit beträgt lediglich 10 bis 30 Stunden, so dass sich die Erkankung innerhalb einer Partie schnell ausbreitet. Im Durchfall befinden sich kaum feste Nahrungsbestandteile, die Schweine zeigen schnell Anzeichen von Dehydratation und Konditionsverlust. Der Absatz von wässrigem Kot lässt sich häufig durch Druck auf das Abdomen auslösen. Innerhalb einer Partie können verschiedene Ausprägungen der Diarrhoe- von sehr wässrig bis pastös und in unterschiedlichen Farben (grau-weiß, gelb, grün) auftreten. Blut- sowie Schleimbeimengungen treten dahingegen nicht auf. Betroffene Tiere stammen häufig aus Jungsauenwürfen. Bei hochgradiger Diarrhoe kommt es zu Todesfällen, wobei eingesunkenen Augen und eine Zyanose der Extremitäten auffallen.
Ödemkrankheit
Bezüglich Epidemiologie und Pathogenese gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen den E.Coli-Stämmen, die für die Ödemkrankheit verantwortlich sind, und den ETEC-Stämmen (siehe Abbildung 2). Allerdings sind erstere normalerweise mit Fimbrien-Adhäsinen vom Typ F18 und spezifischen Verotoxinen oder Shiga-like-Toxinen wie z.B. Stx2e ausgestattet. Diese Toxine gelangen in den Blutkreislauf des Schweines und beschädigen Gefäße außerhalb des Darms. Dies führt zu neurologischen Ausfallerscheinungen und Ödemen am Kopf, den Augenlidern, dem Larynx, dem Magen und dem Mesokolon.
Abbildung 3. Ödem über dem Augenlid.
Klinische Symptome – Die Ferkel erkranken meist 2 Wochen nach dem Absetzen klinisch, es kommt zu perakuten Todesfällen. Die Leitsymptome in der betroffenen Partie sind Mattheit, Ataxie, Stupor, Festliegen und Torkeln. Beim Berühren können die Tiere mit ungewöhnlich schrillem Quietschen reagieren. Ödeme über den Augenlidern fallen bei vielen erkrankten Tieren auf (siehe Abbildung 3). Die betroffenen Tiere sehen aus wie "betrunkene, quietschende Welpen". Die Erkrankung dauert etwa zwei Wochen, bevor Sie abklingt.