Epidemiologie der Colidiarrhoe der Absatzferkel und Ödemkrankheit
Diese Erkrankungen kommen häufig und weltweit in der kommerziellen Schweinehaltung vor- die entsprechenden E.Coli-Stämme sind in den meisten Betrieben nachweisbar, so dass die Elimination der Erreger derzeit keine Option darstellt. Die Sauenimpfung mit ETEC-Impfstoffen hat keine Wirkung bei der Colidiarrhoe der Absatzferkel. Die betroffenen Ferkel stammen häufig aus Jungsauenwürfen, der Wechsel der Ernährung von Sauenmilch zu Ferkelfutter und damit dem Verlust schützender IgA- Antikörper führt zu einer Proliferation der Colibakterien.
Betriebsbedingte Risikofaktoren für das Auftreten der E.Coli-assoziierter Erkrankungen sind:
- Einstallung der Ferkel in die Flatdecks bei zu kalten Temperaturen (weniger als 15ºC) und Zugluft. Die Ausbildung einer suffizienten Thermoregulation dauert bis zur zehnten Lebenswoche.
- Schlechte Hygiene mit unzureichender Reinigung der Flatdecks-damit sich die Erkrankung klinisch manifestieren kann, ist ein hoher Infektionsdruck nötig. Die Flatdecks, in denen es zu Problemen mit E.Coli kommt, sind meist schon jahrelang in Gebrauch.
- Proteinreiche Ernährung und Rotavirusinfektionen machen den Darm empfänglich für eine E.Coli-Kolonisierung.
Außerdem besteht bei eine genetische Disposition für die Ausbildung spezifischer Enterozytenrezeptoren, die es den E.Coli-Bakterien ermöglichen, sich mittels Ihrer Fimbrien an den Darm anzuheften. Einige moderne Zuchtlinien scheinen empfänglicher für E.Coli- assoziierte Erkrankungen, wie z.B die Ödemkrankheit, zu sein.
Beide Erkrankungen haben ein Comeback in Europa erlebt, da es zunehmend Bemühungen gab, den Gebrauch von Zinkoxid im Schweinefutter zu reduzieren. Zinkoxid hat sich als hocheffektiv bei der Eindämmung und Kontrolle der Erkrankung erwiesen, daher kommt es häufig nach Absetzen dieses Zusatzes zu Krankheitsausbrüchen.
Abbildung 1. E.Coli-Kolonien, an Darmzotte angeheftet (IFA)
Diagnose von Colidiarrhoe und Ödemkrankheit
Hierfür ist die pathologische Untersuchung erst kürzlich verendeter/euthanasierter Schweine nötig. Die Sektion von an ETEC erkrankten Schweinen zeigt für gewöhnlich dilatierte, stark gefüllte Dünndarmschlingen, die mit wässrigem, gelblichem Kot gefüllt sind (siehe Abbildung 2). Außerdem fällt eine Dehydratation und reduziertes Körperfett am Tierkörper auf. Histologische Läsionen dagegen sind minimal. Allerdings finden sich zahlreiche coliforme Bakterien an den Darmzotten, wie auf Abbildung 1 zu sehen ist. Für die Untersuchung von Gewebeproben ist es unerlässlich, die Proben spätestens 30 Minuten nach dem Verenden/Euthanasieren zu entnehmen und in formalingepufferte Lösung zu verbringen. Die Auswertung von Gewebeproben von Tieren, die länger als eine Stunde tot sind, ist hochproblematisch.
Abbildung 2. Sektion eines an ETEC erkrankten Schweins: aufgeblähte, stark gefüllte Dünndarmschlingen, mit wässrigem, gelblichen Kot gefüllt.
Ödematisierte Augenlider, Larynx, Magen und Colon sind Symptome der Ödemkrankheit. Entlang der großen Kurvatur des Magens erscheint die Submukosa durch klare, gelatinöse Flüssigkeit aufgetrieben. Diese Schwellung fällt ebenfalls im Mesocolon der Colonspirale auf. In diesen Organen sowie dem Hirn kann bei der histologischen Untersuchung eine Arteriopathie nachgewiesen werden.
Mit Hilfe einer Bakterienkultur kann das massenhafte Vorkommen von E.Coli bestätigt werden, die Stämme sollten auf Hämolyse, Toxine und Antibiotikasensititvität getestet werden. Im Gegensatz zu Salmonella spp. sind die hunderte verschiedenen E.Coli-Serotypen nummeriert. Der bei Durchfallerkrankungen am häufigsten nachgewiesene Stamm ist K88, der das Fimbrienantigen F4 ausbildet und den gesamten Dünndarm besiedelt. F18 ist der bei der Ödemkrankheit am häufigsten nachgewiesene Stamm. Zum Nachweis der beteiligten Anheftungsproteine stehen spezifische Agglutinationsreagenten oder die PCR zur Verfügung.
Management und Kontrolle von Ödemkrankheit und Colidiarrhoe
Hierbei ist es wichtig, die Geschichte der Krankheit auf dem betroffenen Betrieb und die Antibiotikasensitivität der beteiligten E.Coli-Stämme zu kennen. Erkrankte Schweine sollten individuell behandelt werden, die Teilbestandsbehandlung erfolgt über eine Trinkwassermedikation. Falls die Tiere dehydriert erscheinen, sollte separat eine Elektrolytlösung zur Verfügung gestellt werden. Häufig eingesetzte Antibiotika sind: Apramycin, Neomycin, Tiamulin und Sulfonamide. Zur Vermeidung weiterer Ausbrüche kann eine Wiedereinführung von 2500 ppm Zinkoxid/ t Futter für mindestens 2-3 Wochen nach dem Absetzen nötig sein. Da, wie bereits erwähnt, 15ºC Stalltemperatur für drei Wochen alte Ferkel nicht ausreichen, müssen die Temperatur sowie die Luftdurchgangsrate altersgemäß eingestellt werden. Außerdem ist auf eine ausreichende Hygiene zu achten. Ställe mit hoher Belegdichte müssen häufiger gereinigt werden. Besonders verschmutzte Fütterungseinrichtungen, wie sie in einigen Betrieben zu sehen sind, müssen vermieden werden. Einige Schweinelinien verfügen nicht über F4 und F18-Rezeptoren- da es allerdings Schwierigkeiten bei der Assimilation auf konventionellen Schweinebetrieben gab, sind diese nicht weit verbreitet.
Die Impfung gegen E.Coli-assoiierte Erkrankungen gewinnt in den letzten Jahren wieder zunehmend an Bedeutung. Zur Ausbildung eines wirksamen Schutzes zum Zeitpunkt des Absetzens müssen die Ferkel schon in den ersten Lebenstagen geimpft werden. Die Impfung gegen die Ödemkrankheit beispielsweise muss am vierten Lebenstag vorgenommen werden, damit bis zum Absetzen protektive Antikörper gegen das Shigatoxin Stx2e gebildet wurden.