Die Glässersche Krankheit tritt in Schweinemastbetrieben immer noch auf und die genaue Diagnose gewinnt heutzutage an Bedeutung, da man darauf aus ist, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren. Diese Krankheit wird durch das Bakterium Haemophilus parasuis verursacht, das nach einer systemischen Infektion seines einzigen bekannten Wirts, dem Schwein, zu einer fibrinösen Polyserositis führt. H. parasuis ist jedoch nicht das einzige Bakterium, das diese Art von Läsionen beim Schwein hervorrufen kann, weshalb man unbedingt eine Differentialdiagnose zur Identifizierung der genauen Ursache der Läsionen und der Krankheit durchführen sollte. Die Identifizierung des Krankheitserregers erlaubt die Durchführung vorbeugender Maßnahmen ohne den Einsatz von Antibiotika wie beispielsweise eines Impfprogramms. Falls erforderlich ermöglicht sie aber auch die Wahl eines Antibiotikums, das gegen den isolierten Stamm wirkt. Die Prävalenz der Glässerschen Krankheit ist höher bei Mastferkeln, da sie aufgrund des gerade erfolgten Absetzens und der Anpassung an das neue Futter, des Transports und der Vermischung mit anderen Tieren einer hohen Stressbelastung ausgesetzt sind.
Die typischen Läsionen von Polyserositis bei Mastferkeln können durch verschiedene Bakterien verursacht werden. Der Nachweis von Bakterien aus Läsionen stellt die beste Bestätigung der Krankheitsursache dar und ermöglicht zusätzliche Tests zur Charakterisierung des Stamms, wie beispielsweise die Bestimmung der Virulenz durch PCR (Olvera et al., 2012) oder die Empfindlichkeitstestung. Die Differentialdiagnose sollte hauptsächlich Streptococcus suis beinhalten, aber die Rolle von Mykoplasma hyorhinis wird heute auch in Frage gestellt. Wie sich herausstellte, werden einige von Tierärzten festgestellte Erkrankungen wie die Glässersche Krankheit durch Mykoplasma hyorhinis hervorgerufen (Abb. 1). Die falsche Bestimmung von H. parasuis als Krankheitserreger, die nur auf der Beobachtung klinischer Symptome und der Feststellung von Polyserositis-Läsionen beruht, kann zur Verordnung einer unwirksamen antimikrobiellen Therapie führen, die oft den Einsatz verschiedener Antimikrobiotika erforderlich macht. Ein Missbrauch dieser Präparate führt bei den Tieren zur Dysbiose, was diese wiederum anfälliger für sekundäre Krankheitserreger macht. Folglich kann der unsachgemäße Einsatz von Antibiotika nicht nur dazu führen, dass die Erwartungen an die Therapie enttäuscht werden, sondern kann ebenso ein Risiko für die Gesundheit der Tiere darstellen.
Die Impfung erfordert ebenso eine vollständige vorläufige Diagnose, bei welcher der Krankheitserreger richtig zu identifizieren und zu charakterisieren ist. Wenn auf Grundlage von Polyserositis-Läsionen die Glässersche Krankheit diagnostiziert wird, diese Läsionen aber tatsächlich auf andere Bakterien wie M. hyorhinis oder S. suis zurückzuführen sind, ist klar, dass die Impfung gegen H. parasuis nicht dazu beitragen wird, die Krankheit im Betrieb auszumerzen. Die Identifizierung des Krankheitserregers durch ein Labor sollte immer ein zwangsläufiger Schritt bei der Wahl der besten Therapie und der angemessensten Bekämpfung jeder Krankheit sein. Außerdem kann angesichts der Variabilität von Bakterien wie H. parasuis die Charakterisierung des Stamms, der die Krankheit im jeweiligen Fall hervorruft, von großer Bedeutung sein. Die jüngsten Entwicklungen bezüglich der PCR-Serotypisierung sind ein großer technologischer Schritt, der es jedem Diagnoselabor ermöglicht, den Serotyp des isolierten H.-parasuis-Stamms zu bestimmen (Abb. 2; Howell et al., 2015). Dieses Verfahren löst das Problem fehlender Laboratorien, die imstande sind, die Serotypisierung von H. parasuis mithilfe klassischer serologischer Verfahren durchzuführen. Darüber hinaus ist diese Methode ein unerlässliches Mittel zur Einführung der Impfung, da die existierenden handelsüblichen Impfstoffe einen serotypabhängigen Schutz bieten.
Krankheitserreger, die bei Mastferkeln oft zu Polyserositis führen, sind Erstbesiedler der oberen Atemwege der Ferkel. Muttertiere sind die Quelle dieser Infektionen und ihr Immun- und Ansteckungsstatus ist ausschlaggebend für den Fortbestand der Infektion im Betrieb. Im Fall von H. parasuis ist es offensichtlich, dass es nicht-virulente Stämme gibt, die bei gesunden Ferkeln isoliert werden können. Die Besiedlung durch diese Stämme kann sie vor anschließenden Infektionen mit virulenten Stämmen schützen (Brockmeier et al., 2013). Diese Daten unterstützen den Einsatz der künstlichen Besiedlung der Ferkel mit gut charakterisierten nicht-virulenten Stämmen zur Bekämpfung der Glässerschen Krankheit. Dies ist eine Strategie, die in weitergehenden Studien unbedingt untersucht werden sollte, da sie eine natürliche Alternative zu Antibiotika darstellen würde.
Schließlich hängen die klinischen Ergebnisse von H.-parasuis-Infektionen maßgeblich von der Virulenz der Stämme dieses Bakteriums, aber auch von im Betrieb vorhandenen anderen Krankheitserregern ab. Deshalb überrascht das Auftreten von Polyserositis in Verbindung mit Influenza oder PRRS-Infektionen nicht. In letzteren Fällen ist es ratsam, den primären Krankheitserreger, das Virus, zu bekämpfen, da die Infektion durch das Virus zur Immunsuppression führt, die wiederum Sekundärinfektionen durch Bakterien, in diesem Fall H. parasuis, begünstigt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass zur Bekämpfung der Glässerschen Krankheit eine vollständige und genaue Diagnose unerlässlich ist. Diese wird unterstützt durch neue technische Entwicklungen, mit deren Hilfe sich die Virulenz und die Serotypen von H.-parasuis-Stämmen leicht bestimmen lassen.