Bei einem ASP-Ausbruch muss rasch eine epidemiologische Untersuchung erfolgen, um die mögliche Quelle der Viruseinschleppung zu ermitteln und den Hochrisikozeitraum, d. h. die wahrscheinliche Zeitspanne, in der die Afrikanische Schweinepest im Betrieb präsent war, abzuschätzen. Es ist sehr wichtig, infizierte Betriebe so früh wie möglich nach der Einschleppung des Virus ausfindig zu machen, um:
- die weitere Ausbreitung zu verhindern
- die Verluste im Schweinesektor zu minimieren und
- die mit der Seuchentilgung verbundenen staatlichen Kosten zu senken.
Eine einigermaßen genaue Abschätzung des Hochrisikozeitraums ermöglicht es den Veterinärbehörden, Sekundärausbrüche oder die Ausbreitung des Virus über Tierverbringungen, kontaminierte Erzeugnisse, Fahrzeuge, Menschen und andere Mittel effizient zu verfolgen.
Stellen Sie sich die folgenden zwei Szenarien vor: Ein Kleinbauer mit zwei Schweinen findet eines seiner Tiere tot auf, als er morgens seinen Stall betritt. Die Sterblichkeitsrate liegt in diesem Fall bei 50 % und es ist unmöglich, dies zu übersehen. In einem großen Betrieb mit Tausenden von Schweinen sterben zwei Schweine an ASP. Die Sterblichkeitsrate ist noch nicht alarmierend hoch und der Vorfall würde möglicherweise ohne weitere Beachtung ignoriert werden.
In Hinterhofhaltungen lässt sich ASP aufgrund der kleinen Betriebsgröße und der geringen Anzahl von Tieren im Allgemeinen früh erkennen, da kranke und verendete Tiere während eines Ausbruchs in der Regel relativ früh entdeckt werden. In landwirtschaftlichen Großbetrieben kann das ASP-Virus mehrere Wochen lang zirkulieren, bevor die Sterblichkeitsrate signifikant ansteigt und die Krankheit vermutet und gemeldet wird.
In Großbetrieben können die ersten Tiere, die an ASP erkranken und sterben, übersehen werden, es sei denn, es gibt ein geeignetes passives Überwachungssystem, das verendete und erkrankte Tiere erfasst.
Tierversuche und Feldbeobachtungen haben gezeigt, dass eine geringe bis mäßige Übertragbarkeit des ASP-Virus zwischen Schweinen innerhalb eines Betriebs insbesondere in den frühen Stadien des Ausbruchs zu einer langsamen Ausbreitung der Krankheit führt. Die langsame Ausbreitung hängt hauptsächlich mit der relativ geringen Infektiosität des ASP-Virus zusammen. Unter ungünstigen Bedingungen kann der Hochrisikozeitraum mehrere Wochen oder sogar Monate betragen, in denen sich das Virus unbemerkt in verschiedenen Ställen oder in andere Betriebe ausbreiten kann.
Das wichtigste strategische Ziel der ASP-Überwachung bei Hausschweinen, insbesondere in Risikogebieten z. B. aufgrund von ASP in Wildschweinpopulationen, ist es, den Hochrisikozeitraum dadurch so kurz wie möglich zu halten, dass man infizierte Betriebe frühzeitig entdeckt. Um eine frühzeitige Erkennung zu gewährleisten, sind regelmäßige Probenahmen und Untersuchungen kranker und verendeter Schweine unumgänglich. In jedem Betrieb sollten jede Woche mindestens die ersten beiden verendeten Schweine, einschließlich der Ferkel nach dem Absetzen oder der Schweine, die älter als zwei Monate sind, auf das ASP-Virus untersucht werden (z. B. mithilfe eines PCR-Tests). Dieser Ansatz der verstärkten passiven Überwachung beruht auf der Annahme, dass aufgrund der hohen Sterblichkeitsrate der ASP (>90 %) fast alle infizierten Schweine erkranken und verenden werden. Daher wäre jedes kranke oder tote Tier ein guter Kandidat für einen ASP-Test. Eine wirksam durchgeführte verstärkte passive Überwachung als Früherkennungsmaßnahme kann zu einer erheblichen Verkürzung des Hochrisikozeitraums führen.
Wenn aufgrund eines PCR-Tests positive Schweine diagnostiziert werden, ist es sinnvoll, auch auf Antikörper gegen ASP zu testen. Werden auch ASP-Antikörper nachgewiesen, ist dies ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Virus länger als zehn Tage im Betrieb gewesen sein muss. In der Regel werden die im ELISA-Test nachweisbaren Antikörper bei Tieren gefunden, die nicht innerhalb der ersten 10 Tage nach der Infektion sterben.
Neben den Laborergebnissen sind auch Sterblichkeits- und Morbiditätsdaten nützliche Indikatoren für die Abschätzung des Hochrisikozeitraums. So können beispielsweise Mortalitätskurven einen Hinweis darauf geben, wann die ersten Tiere aufgrund der ASP gestorben sind. Unter Feldbedingungen ist die Abschätzung des Hochrisikozeitraums allerdings recht schwierig und aufgrund unzureichender oder fragwürdiger Daten oft nicht zufriedenstellend. Die Krankengeschichte auf der Grundlage klinischer Symptome und Aufzeichnungen zur Morbidität ist möglicherweise nicht immer belastbar oder es fehlen relevante Laboruntersuchungen.
Bei frühzeitiger Erkennung der Krankheit und damit eines kurzen Hochrisikozeitraums kann davon ausgegangen werden, dass große Teile des Betriebs noch nicht von der ASP betroffen sind. Unter der Annahme einer langsamen Ausbreitung des Virus könnten nicht infizierte Betriebseinheiten von der Keulung ausgenommen werden, wenn es ein zuverlässiges Biosicherheits- und Überwachungsmanagement gibt und die Rechtslage dies zulässt. Ein gutes Betriebsmanagement und strenge interne Biosicherheitsmaßnahmen sowie ein intelligentes Überwachungssystem sollten vorhanden sein, um die Infektionsfreiheit in den nicht infizierten Ställen des verbleibenden Schweinebetriebs zu bewahren und nachzuweisen.