Obwohl die physikalischen Barrieren (Haut, Schleimhautepithel) bis zu einem gewissen Grad in der Lage sind, angreifende Mikroorganismen abzuwehren, basiert die Fähigkeit des Körpers zur Abwehr von Krankheitserregern doch auf der Aktivierung der angeborenen Immunantwort.
Die angeborene Immunantwort ist nicht nur an der allerersten Eliminierung von Pathogenen beteiligt, sondern auch an der Differenzierung und Aktivierung der dendritischen Zellen (DC) zur effizienten Antigenpräsentation für die Lymphozyten der spezifischen Immunabwehr.
Die angeborene Immunabwehr setzt ein mit der durch PRRs (Pattern Recognition Receptors/Mustererkennungsrezeptoren) vermittelten natürlichen Pathogenerkennung, gefolgt von der zellulären Aktivierung und frühen, effizienten Produktion von proinflammatorischen Zytokinen. Die PRRs-vermittelte gegenseitige Aktivierung von Zellen verschiedener Gewebe, Epithel- und Endothelzellen sowie Sentinel-Zellen, residenten Makrophagen, dendritischen Zellen und Mastzellen löst die Entzündungsreaktion aus und es kommt zur Produktion der "klassischen" proinflammatorischen Zytokine und Chemokine (IL-1, TNF-α, IL-8, IL-6, MCP-1), die für die Rekrutierung und Aktivierung der Effektorzellen des angeborenen Immunsystems notwendig sind.
Die Effektorsysteme (Tabelle 1) der angeborenen Immunantwort sind: Typ-I-Interferone und proinflammatorische Zytokine, Komplement, Akute-Phase-Proteine, antimikrobielle Proteine und Entzündungszellen/Immunzellen wie Phagozyten, natürliche Killerzellen und γ/δ-T-Lymphozyten.
Tabelle 1: Komponenten der angeborenen Immunabwehr.
Physikalische Barrieren |
- Epithelintegrität (Haut, Atemwege, Gastrointestinaltrakt) - Selbstreinigung: Mukusfluss, Husten, Erbrechen, Durchfall - pH-Wert von Pepsin und Magensäure - Konkurrenz durch kommensale Flora |
Innnere Abwehrmechanismen (angeborenes Immunsystem) |
Zellen |
- Neutrophile - Monozyten/Makrophagen - Mastzellen - Natürliche Killerzellen - Dendritische Zellen - γ/δ-T-Lymphozyten |
Humorale Komponenten |
- Komplement (alternativer Weg und Lektin-Pfad) - Typ-I-Interferone (IFN-α/β) - Akute-Phase-Proteine: C-reaktives Protein (CRP), Mannose-bindendes Lektin (MBL) - Defensin - Inflammatorische Zytokine (IL-1, TNF-α, IL-8, IL-6, IL-12 IL-18, IL-15, IFN-γ) |
Bei viralen Infektionen ist die TLRs-vermittelte Produktion von Typ-I-Interferonen entscheidend für die Aufrechterhaltung einer effizienten Abwehrreaktion gegen das Virus (direkte antivirale Aktivität und Rekrutierung von Entzündungszellen) und die nachfolgende Aktivierung der erworbenen Immunabwehr (Reifung der dendritischen Zellen). Auf die Rekrutierung von peripheren Monozyten des Blutes folgt deren Differenzierung zu inflammatorischen Makrophagen und danach zu aktivierten inflammatorischen Makrophagen mittels einer Kaskade an im Mikromilieu produzierten Zytokinen (IFN-α/β, IL-1, TNF-α, IL-12 und schließlich IFN-γ). Die aktivierten Makrophagen fungieren als sogenannte professionelle, gegen opsonisierte Pathogene/infizierte Zellen gerichtete Phagozyten sowie als antigenpräsentierende Zellen in entzündetem Gewebe und als Effektorzellen für die zellvermittelte Immunität. Zudem produzieren sie Zytokine und Wachstumsfaktoren, die die angeborenen Immun- und Entzündungsmechanismen regulieren und modulieren: M1-Makrophagen verteidigen den Organismus gegen das Eindringen von Mikroorganismen und produzieren proinflammatorische Zytokine; M2-Makrophagen haben eine genau entgegengesetzte Wirkung, da sie die Entzündung reduzieren und Zytokine produzieren, die die Immunantwort supprimieren. Bei Virusinfektionen ist die Rekrutierung und Aktivierung von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) aus dem Blut und aus dem Lymphgewebe hin zum Infektionsort von entscheidender Bedeutung; sie werden am Ort der Infektion von TNF-α und IL-12 aktiviert, die ihrerseits von inflammatorischen aktivierten Makrophagen produziert werden.
Das reziproke Zusammenspiel von Makrophagen, natürlichen Killerzellen (NK) und dendritischen Zellen (DC) stellt das entscheidende Element für die Induzierung einer optimalen Immunantwort dar, weil es deren Aktivierung aufrechterhält, damit diese Zellen die mit einem Virus infizierten Zellen abtöten und zerstören können und die unreifen DC-Zellen aktivieren, sodass diese zu antigenpräsentierenden Zellen werden. NK-Zellen aktivieren die DC-Reifung mithilfe von TNF-α und IFN-γ; danach sezernieren die myeloiden dendritischen Zellen (mDC) eine breite Palette an Zytokinen (IL-12, IL-23, IL-6, IL-21, IL-27 und TGF-β), welche die T-Zell-Immunantwort gegen Viren (TH1) und extrazelluläre Bakterien (TH17) kontrollieren und die Differenzierung von T-Helferzellen induzieren. So induziert IL-12 die Differenzierung von TH1, während TGF-α, IL-6, IL-21 und IL-23 die TH17-Differenzierung induzieren. IL-27 hingegen unterdrückt die TH1- und TH17-Immunantwort. Zudem fördern die von dendritischen Zellen produzierten Zytokine (IL-18, IL-12, IL-15 und IFN-γ) das Überleben, die Aktivierung und die Zytotoxizität von NK-Zellen.
Sogar γ/δ-T-Lymphozyten agieren als erste Verteidigungslinie gegen Infektionserreger und sind wichtige Produzenten von IFN-γ.
Die angeborene Immunantwort gegen extrazelluläre Bakterien ist gekennzeichnet durch die Sekretion von Substanzen mit antibiotischer Wirkung (Lysozyme und Defensine) sowie durch die opsonisierende Aktion humoraler Faktoren (Komplement, C-reaktives Protein, Mannose-bindendes Lektin, etc.) und die koordinierte Aktion sogenannter professioneller Phagozyten (Neutrophile und Makrophagen), die von Chemokinen (IL-8 und MCP-1) rekrutiert und von proinflammatorischen Zytokinen (IL-1, TNF-α) aktiviert werden.
Das Komplement-System spielt bei der angeborenen antimikrobiellen Immunabwehr eine wichtige Rolle, da es die PAMPs (Pathogen-Associated Molecular Patterns/Pathogen-assoziierte molekulare Muster) erkennt und über den Lektin-Pfad oder den alternativen Weg aktiviert wird. Dadurch wird die Komplementkaskade ausgelöst und es kommt zur Freisetzung von Komplementfragmenten (C3b) mit der Opsonisierung (Phagozytose) und dem Abtöten von Pathogenen, und zwar unabhängig von der Wirkung der Antikörper. Phagozyten verfügen über einen Rezeptor (CR1 oder CD35), der an den für das Auslösen der Phagozytose verantwortlichen Komplementfaktor C3b bindet.
Das C-reaktive Protein (CRP) zählt zur Familie der Pentraxine (pentamere Struktur) und bindet an Phosphocholin auf Bakterien, Protozoen und Pilzen. Es leitet den klassischen Weg der Komplementaktivierung ein (bindet an C1q) und steigert auch die Phagozytose durch Neutrophile (Opsonisierung). Mannose-bindendes Lektin (MBL) ist ein Collectin mit hoher Affinität für Mannose- und Fucosereste auf Bakterien und aktiviert durch die Bindung an diese den Komplementweg. Surfactant T und D sind Proteine, die die Oberfläche des alveolären Epithels der Lunge bedecken; sie binden an Pathogene und bewirken so die Phagozytose durch alveoläre Makrophagen.
Eine effiziente angeborene Immunantwort ist eine notwendige Voraussetzung für die Effizienz der erworbenen Immunabwehr. Die PRRs-vermittelte Pathogenerkennung mit der Produktion von inflammatorischen Zytokinen (IL-1, TNF-α, IFN-α/β, Chemokine) spielt eine wichtige Rolle im Zusammenspiel von angeborener und erworbener Immunantwort. Dies ermöglicht die Rekrutierung und Aktivierung von Entzündungszellen/Zellen der angeborenen Immunabwehr am Ort der Infektion sowie von Lymphozyten und dendritischen Zellen in dem Lymphgewebe und den Lymphknoten, in deren tributärem Gebiet der entzündete Bereich liegt. Außerdem induzieren die Zytokine der angeborenen Immunabwehr die Reifung von dendritischen Zellen für die Antigenpräsentation und treiben so die Differenzierung von T-Helferzellen sowie die Finalisierung der spezifischen Immunantwort an.