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Impfungen und PCV2-Evolution

Es zirkulieren verschiedene PCV2-Varianten in den Betrieben. Wie beeinflusst die impfinduzierte Immunität die PCV2-Evolution?

Für die Schweineindustrie ist das porzine Circovirus Typ 2 (PCV2) einer der ökonomisch bedeutsamsten Erreger. Es führt zu einer Reihe von Erkrankungen, die unter dem Begriff  "PCV2-assoziierte Erkrankungen" zusammengefasst werden. Die erste Impfung gegen PCV2 kam 2004 auf den Markt, heutzutage werden so gut wie alle Schweine gegen PCV2 geimpft. In Spanien, dem zweitgrößten Schweineproduzenten innerhalb der EU, werden beispielsweise bis zu 80% der 24 Millionen Schweine geimpft. In den USA ist die Impfrate sogar noch höher.

 

Ferkel

Unsere Forschungsgruppe hat sich in letzter Zeit damit beschäftigt, welchen Einfluss die durch die Impfung induzierte Immunität auf die PCV2-Evolution hat. In der Tat bestätigen kürzlich erschienene Publikationen, dass in den kommerziellen Schweinebeständen verschiedenen PCV2-Varianten zirkulieren (Kekarainen et al., 2014). Diese Variabilität wurde in unterschiedlicher Häufigkeit und genomischen Positionen bei PCV2 gefunden, sowohl in impfenden als auch nicht-impfenden Betrieben. Außerdem konnten zahlreiche Veränderungen an Aminosäuren in Epitopregionen festgestellt werden, welche zuvor in experimentellen Untersuchungen identifiziert wurden und für die Aktivierung des Immunsystems eine wichtige Rolle spielen. In dieser Studie kam das sogenannte Next Generation Sequencing (NGS) zum Einsatz, mit dessen Hilfe virale Low Frequency-Varianten identifiziert werden können. Mit herkömmlichen Sequenzierungsmethoden ist der Nachweis von Low Frequency-Varianten nicht möglich, diese können aber eine wichtige Rolle bei der Infektion, der Virusübertragung und vor allem bei der Virusevolution spielen. Mittels NGS können große Mengen an Daten gewonnen werden. Eine sich anschließende bioinformatische Untersuchung ermöglicht eine sehr genaue Analyse der Viruspopulation auf Genomebene. Diese Technologien wurden bereits eingesetzt, um die Virusevolution bezüglich der Immunantwort und Arzneimittelresistenzen besser zu verstehen (Grad et al., 2014; Ortega-Prieto et al., 2013; Tsibris et al., 2009).

Warum eignet sich das PCV2-Virus so gut als Studienobjekt zur Erforschung der impfinduzierten Virusevolution?

Die folgenden Eigenschaften zeigen auf, warum sich PCV2 für die Forschung auf diesem Gebiet eignet:

  1. Das PCV2-Virus erzielt genetische Diversität durch Punktmutationen und Rekombination. Die Mutationsrate ist bei PCV2 höher als es für ein DNA-Virus zu erwarten wäre (1.2x10−3 Nukleotid-Änderungen pro Nukleotid pro Jahr), und erinnert damit eher an die Mutationssrate eines RNA-Virus (Firth et al., 2009).
  2. Historische Daten zeigen, dass die Genotypdominanz von PCV2 sich verändert. Basierend auf der genetischen Variation seines Kapsidgens kann PCV2 in drei Genotypen unterteilt werden: a,b und c (Segalés et al., 2008). Ein weltweiter Shift der Genotypprävalenz von PCV2a zu PCV2b mit zeitgleichem Auftreten schwerer Krankheitsausbrüche ist in allen Teilen der Erde beschrieben worden (Carman et al., 2006; Cortey et al., 2011; Cheung et al., 2007). Auch wenn anhand dieser epidemiologischen Daten nicht bewiesen werden kann, dass PCV2b-Stämme für die Epidemie verantwortlich waren, sind die zeitgleiche Verlagerung des am häufigsten vorkommenden Genotyps und die hohe Zahl der Krankheitsausbrüche doch mehr als ein Zufall und können als Puzzleteil für das Verständnis der Krankheitsentstehung dienen (Segalés et al., 2013). Es ist nicht klar, warum es zum Shift kam, da es zwischen PCV2a und PCV2b keinen Unterschied in Bezug auf die Pathogenität gibt (Opriessnig et al., 2008).

PCV2_Virus_Partikel

Struktur eines PCV2 Viruspartikels. Die komplette Kapsidstruktur des PCV-2 Virus, entlang einer ikosaedrischen dreifachen Achse projiziert. Der dreieckige Abschnitt korrespondiert mit einem trimeren Kapsomer von Hüllproteinen (unten rechts), um den reellen biologischen Kontext des Virions zu illustrieren. Protein Data Bank ID: 3R0R.

  1. Kürzlich wurden neuartige PCV2-Varianten nachgewiesen. Dadurch steigt das Interesse, das mögliche Auftreten neuer Stämme engmaschig zu überwachen (Opriessnig et al., 2013). Tatsächlich wurde in China eine PCV2b-Variante nachgewiesen, welche für Schweine höher virulent ist (Guo et al., 2012). Allerdings ist es nicht klar, ob andere, bisher unbekannte Genotypen in der Schweinepopulation zirkulieren.
  2. In allen wichtigen schweineproduzierenden Ländern zählt die PCV2-Impfung zu den Routineimpfungen. Allerdings führt keiner der verfügbaren Impfstoffe zu einer sterilen Immunität. Somit sind die geimpften Tiere zwar vor einem klinischen Ausbruch der Erkrankung geschützt, infizieren sich jedoch in den meisten Betrieben weiterhin mit dem Virus. Die Art der Impfstoffe und die molekularen Eigenschaften von PCV2 führen zu einer günstigen Ausgangsituation für die Selektion neuer viraler Varianten in vivo. Im schlimmsten Fall können sich Mutationen ausbreiten und der durch die Impfung aktivierten Immunantwort entgehen.
  3. Unsere Ergebnisse zeigen auf, dass die PCV2-Stämme auf den Betrieben variieren. Diese Vielfalt der Viruspopulation unterscheidet sich in impfenden und nichtimpfenden Betrieben (Kekarainen et al., 2014).

Trotz der Tatsache, dass sich die PCV2-Impfstoffe als hocheffektiv und hochrentabel darstellen (Beach and Meng, 2012), sollte die Variabilität und die Evolution des Virus nicht vergessen werden, solange das Virus weiterhin in geimpften Schweinebeständen vorkommt.

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