Beschreibung des Betriebs
Es handelt sich um einen Betrieb im Nordwesten Spaniens, der von anderen Betrieben relativ weit entfernt liegt.
Der Betrieb ist auf 1.000 Sauen ausgelegt. Phase 1 und 2 erfolgen am gleichen Ort und Teil der Phase 3 (5000 Plätze für Mastschweine) 1 km entfernt. Der Rest ist auslagert und weit von Phase 1 und 2 entfernt.
Gesundheitsstatus: Der Betrieb ist positiv bezüglich PRRS, Mykoplasmen, APP, Influenza, Räude und Ileitis und negativ bezüglich Rhinitis und der Aujeszky-Krankheit.
Geimpft wird gegen PCV2, Mykoplasmen, PRRS (geimpft werden nur die Remontetiere, mit anschließender Auffrischungsimpfung mit einem Lebendimpfstoff), Influenza, Coli-Clostridium, Parvovirus-Erysipel (Erstimpfung am 6. Monat und Auffrischungsimpfung der Remontetiere; die Altsauen erhalten eine Impfung am 7. Tag der Laktation).
Remontierung: Die Erneuerung des Bestands erfolgte bis Ende 2013 üblicherweise mit 100 kg schweren Jungsauen (45% jährlich). Anfang 2014 wurde beschlossen, Zuchtsauen zu kaufen, weswegen man während des Jahres 2014 weiterhin 100 kg schwere Jungsauen in den Betrieb aufnahm, bis man Anfang 2015 schließlich über eigene Remontetiere verfügte.
Ausbruch der Krankheit
Im März 2014 rief uns der besorgte Viehzüchter um Hilfe, da in seinem Betrieb die folgenden Symptome aufgetreten waren: Aborte im letzten Drittel der Tragezeit, lebensschwache oder totgeborene Ferkel, mumifizierte Föten, Agalaktie, Sauen mit Fieber und Würfe mit einer geringen Anzahl lebend geborener Ferkel.
Foto 1: Abort im Sauenstall
Foto 2: Verhalten von Ferkeln, deren Mutter Milchmangel und Fieber aufweist
Foto 3: Abort am Tag 30 der Tragezeit wegen Fieber
Besuch des Betriebs
Wir besuchten den Betrieb unverzüglich, da aufgrund der Schwere der Krankheitssymptome Eile geboten war.
Wir stellten eine stark erhöhte Anzahl von Aborten fest, die in 4 wöchentlich aufeinander folgenden Partien bei ca. 30% lag. Bei den Altsauen wurde schwere Agalaktie und eine erhöhte Zahl lebensschwacher und totgeborener Ferkel, mumifizierter Föten und nicht lebensfähiger Ferkel beobachtet, was einem Rückgang der abgesetzten Ferkel/ Sau von 11,5 auf 3,2 entsprach. Diese Situation blieb mit rückläufiger Schwere einen Monat lang bestehen. Der Grad der Erkrankung schien bei erstgebärenden Sauen und Altsauen ähnlich zu sein. Bezüglich der Analyse des Krankheitsbildes nach den einzelnen Zyklen zeigte sich ein Unterschied, der meines Erachtens ziemlich aufschlussreich war.
Foto 4: Wurf mit nicht lebensfähigen Ferkeln aufgrund von PRRS
Bei den erstgebärenden Sauen wurden Geburten mit wenigen lebendgeborenen Ferkeln, einzelne lebensschwache Ferkel und mumifizierte Föten verschiedener Größe beobachtet. Es zeigten sich keine ungewöhnlichen Symptome von Agalaktie, während sich bei den Altsauen ein Krankheitsbild zeigte, das sehr gut zu PRRS passte. Typisch bei ihnen waren totgeborene und lebensschwache Ferkel, große mumifizierte Föten gleichen Alters, Agalaktie, Sauen mit Fieber und eine hohe Sterblichkeit bei den Ferkeln.
Foto 5: Verhalten von hungrigen Ferkeln aufgrund von Milchmangel der Mutter
Diagnose
Entsprechend unserem Verdacht wurde durch Analyse Parvovirus und PRRS festgestellt, wovon nicht nur die Altsauen, sondern auch die erstgebärenden Sauen betroffen waren.
Durchschnittliche Ergebnisse bei erstgebärenden Sauen
- Titration Parvovirus: 1: 20.000
- Titration PRRS: 1: 60
- Analysierte mumifizierte Föten:
- Parvovirus +
- PRRS PCR -
- Parvovirus +
Durchschnittliche Ergebnisse bei Altauen
- Titration Parvovirus: 1:300
- Titration PRRS: variabel, aber PCR +
- Analysierte Ferkel:
- Parvovirus -
- PRRS PCR +
- Parvovirus -
Im Prinzip erschien es einleuchtend, dass die erstgebärenden Sauen aufgrund einer erneuten Zirkulation des Parvovirus mumifizierte Föten gebären, während sie gegenüber PRRS geschützt sind. Trotzdem war bei den Altsauen, die an PRRS erkrankten und gegenüber dem Parvovirus geschützt waren, das genaue Gegenteil der Fall.
Worauf war diese Situation zurückzuführen?
Die Situation der Altsauen lässt sich sehr gut mit einer erneuten Zirkulation von PRRS erklären, da die Altsauen nicht geimpft worden waren, aber aufgrund der regelmäßigen Impfung gegenüber dem Parvovirus geschützt waren.
Was die erstgebärenden Sauen betrifft, war der Schutz vor PRRS auf die Impfung vor der Deckung zurückzuführen, aber es stellte sich die Frage, warum sie nicht gegenüber dem Parvovirus geschützt waren, wenn sie geimpft worden waren und vor der Deckung eine Auffrischungsimpfung erhalten hatten.
Auf diese Frage gab es eine eindeutige Antwort: Der Grund lag in Interferenzen mit maternalen Antikörpern.
Von den F1, die gerade angekommen waren, wurden unverzüglich Blutproben genommen, die unseren Verdacht tatsächlich bestätigten: Die Titer waren bis zum Alter von 7 Monaten sehr hoch und es gab Interferenzen mit der verabreichten Impfung.
Ergriffene Maßnahmen
- PRRS: Impfung und Auffrischungsimpfung aller Tiere im Alter von 21 Tagen mit einem Lebendimpfstoff und danach alle 90 Tage mit einem inaktivierten Impfstoff. Das Schema, das heute befolgt wird, ist die Impfung aller Tiere gegen PRRS mit einem Lebendimpfstoff zweimal pro Jahr und die Beibehaltung der Impfung mit einem inaktivierten Impfstoff am 90. Tag der Tragezeit. Die Jungsauen werden zweimal mit einem Lebendimpfstoff gegen PRRS geimpft und 50 Tage nach der letzten Impfung gedeckt.
- Parvovirus: Die Impfung erfolgt mit möglichst großem Abstand zur Remontierung durch 3 Dosen im Abstand von 21 Tagen vor der ersten Deckung. Die Jungsauen, die bereits trächtig waren, wurden erneut geimpft und erhielten eine Auffrischungsimpfung gegen das Parvovirus.
- Alle Vorschriften zur Biosicherheit wurden verschärft.
- Übertragungen in der Laktationszeit wurden minimiert.
- Obligatorisch wurde die Umstallung der Ferkel nur in ältere Gruppen eingeführt und es wurde klargestellt, dass die kleinen Ferkel nicht zurückbleiben dürfen, bis sie das gewünschte Gewicht erreichen, und folglich nicht zusammen mit jüngeren Tieren aufgezogen werden sollen.
Verlauf der Krankheit
Die ergriffenen Maßnahmen zeigten sehr gute Erfolge. Man kehrte langsam zur normalen Produktion zurück. Nichtsdestotrotz trat eine unvorhersehbare Situtation auf, die darin bestand, dass im Sommer 2014 20% der Altsauen anfingen, mumifizierte Föten verschiedenster Größe zu gebären und die Zahl der mumifizierten Föten von 1% auf 5% anstieg.
Foto 6: Mumifizierte Föten verschiedenster Größe aufgrund des Parvovirus und verfrühte Geburten aufgrund von PRRS im Sauenstall.
Nach dem Durchlauf der erkrankten Sauen durch den gesamten Produktionsprozess wurden bezüglich fast aller Parameter Übereinstimmungen mit den Sauen festgestellt, die Spätaborte hatten oder die aufgrund der erneuten Zirkulation von PRRS keine Ferkel absetzten oder wegen der Geburt einer geringen Anzahl an lebendgeborenen Ferkeln aufgrund des Parvovirus aus dem Sauenstall genommen wurden.
Was war passiert?
Die Tiere waren am 7. Tag der Laktation nicht gegen das Parvovirus geimpft worden, da sie nicht oder nicht so lange säugten, weswegen sie fast zwei Zyklen lang nicht geimpft worden waren und die Impftiter während dieser gesamten Zeit keinen Schutz boten. Die Impftiter können 4-5 Monate andauern und die maternalen Antikörper 6 Monate, während die Titer aufgrund einer Infektion durch das Feldvirus über zwei Jahre dauern und die maternalen Antikörper in diesem Fall bis 9 Monate dauern können. Nach diesem Ereignis kehrte alles zur Normalität zurück.
Was lernen wir aus diesem Fall?
- Wenn man erreicht hat, dass der Betrieb gegenüber PRRS sehr stabil ist und dieser auch ausreichend isoliert gelegen ist, damit diese Stabilität bestehen bleibt, dürfen wir nicht darin nachlassen, die Biosicherheitsvorschriften rigoros umzusetzen, denn in wenigen Tagen kann sich die Situation komplett ändern.
- Wenn PRRS erneut zirkuliert, ist es wahrscheinlich, dass nicht alle Probleme des Betriebs diesem Virus zuzuschreiben sind. Man muss die Situation eingehend analysieren und eine korrekte Differentialdiagnose stellen, die durch die Laborergebnisse zu bestätigen ist.
- Es ist wichtig, die maternalen Antikörper des Parvovirus bei Jungsauen zu analysieren, da sich ihre Wirkung wahrscheinlich mit den Impfschemata und der Wirkung der Impfung überlagert. In vielen Fällen sind Fehler auf falsche Annahmen zurückzuführen.
- Wir müssen daran denken, dass all jene Sauen gegenüber dem Parvovirus geimpft werden müssen, die vor dem Tag der regelmäßigen Impfung (in diesem Fall am 7. Tag der Laktation) aus dem Abferkelstall genommen wurden. Die Folgen verschlimmern sich, wenn die Anzahl der Sauen, die nicht geimpft wurden, hoch ist (20%), und dies umso mehr in Verbindung mit einem erneuten Zirkulieren von PRRS, wie dies bei diesem Betrieb der Fall war.