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Nährstoffwahrnehmung im Maul und Verdauungstrakt regulieren Futteraufnahme bei Schweinen

Die Harmonisierung der kurz- und langfristigen Kontrolle der Futteraufnahme erfordert ein fein abgestimmtes chemosensorisches System, das in der Lage ist, mit dem Gehirn zu kommunizieren.

Die kurzfristige Kontrolle der Futteraufnahme bei Schweinen beruht auf den Signalen aus dem oberen Verdauungstrakt (Maul und Magen), während die langfristige Kontrolle der Futteraufnahme nach der Integration postgastrischer Signale (des Dünn- oder Dickdarms) an das Gehirn erfolgt. Die Harmonisierung der beiden Mechanismen erfordert ein fein abgestimmtes chemosensorisches System, das in der Lage ist, mit dem Gehirn zu kommunizieren.

Das chemosensorische System im Darm

Die Hauptfunktion des Verdauungssystems ist es, alle Nährstoffe zu erhalten, die für die Erhaltung der physiologischen Homöostase notwendig sind. Dies erfordert ein Netzwerk aus Organen und Geweben, das aus hochdifferenzierten Zelltypen mit komplementären Funktionen besteht, die unter anderem von enzymatischer Sekretion oder Darmmotilität bis hin zur Immunität reichen. Insbesondere das Epithel des Verdauungstrakts hat sich als komplexes Zellsystem herausgebildet, das aus einer Vielzahl funktioneller Zelltypen epithelialer Herkunft besteht, einschließlich Enterozyten (zur Nährstoffaufnahme) und verschiedenen Zelltypen, die auf die Wahrnehmung von Nährstoffen (Sinneszellen), die Schleimsekretion (Becherzellen) und die Abwehr von Mikroben bzw. Parasiten (Paneth- bzw. Büschelzellen) spezialisiert sind. All diese Zelltypen sind auf chemosensorische Rezeptoren angewiesen (einige ursprünglich als Geschmacksrezeptoren bezeichnet), um ihre Funktion systematisch bzw. synchronisiert an die übrigen Funktionen anzupassen. Die Rolle der Synchronisierung der Verdauungs- und Nährstoffaufnahmefunktionen im Verdauungstrakt beruht auf den enteroendokrinen Zellen. Die enteroendokrinen Zellen entsprechen nur etwa 1 % der Verdauungsepithelzellen. Die enteroendokrinen Zellen geben jedoch intestinale Peptide frei, um ihre Signale auf lokaler (parakrin) oder systemischer (endokrin) Ebene zu verstärken, was die Steuerung in Verdauungsfunktionen erleichtert und die Signale und das Feedback des Gehirns (Darm-Hirn-Achse) einbezieht. Das strukturierte Netzwerk von Magen-Darm-Zellen (einschließlich der enteroendokrinen Zellen) und afferenten und efferenten Nerven und ihre synchronisierte Funktion wurde als chemosensorisches Darmsystem bezeichnet.

Kurz gesagt funktioniert das chemosensorische System durch die Überwachung von Nährstoffen und potenziellen Giftstoffen, die im Maul-, Magen- und Darminhalt (hauptsächlich aus der aufgenommenen Nahrung) enthalten sind. Es ermöglicht Schweinen, zwischen Nährstoffquellen in der Umwelt zu unterscheiden und eingehende Signale aus dem Gehirn zu integrieren, die für den Ernährungszustand (Appetit) oder andere Sinne (z. B. Geruchssinn, Gehör, Sehsinn) relevant sind. Kohlenhydrate und Fette (Energie) sowie Aminosäuren werden von Geschmackssinneszellen im Maul wahrgenommen, die zur hedonischen Wahrnehmung der Nahrung führen, und von enteroendokrinen Zellen im Darm, die mit der Darmpeptidsekretion reagieren (Tab. 1).

Tabelle 1: Die wichtigsten chemosensorischen Zellen, Nährstoffaffinität und Darmhormone, die bei Schweinen freigesetzt werden
(nach Roura and Navarro 2018; Fothergill and Furness 2018; Steenles and Depoortere, 2018)

Organ des Verdauungs-trakts Zelltyp Hormone Beschriebene Nahrungsliganden Beschriebene Haupteffekte für die Futteraufnahme
Maul (Geschmacks-papillen) Sensorzellen Typ I oder III 5-HT Salz (Typ I) oder Säuren (Typ III) Kurzfristige appetithemmende Funktion (↓Appetit); stimuliert den gustatorischen Cortex; bestimmt die Futterverweigerung.
Maul (Geschmacks-papillen) Sensorische Zellen Typ II (Subtyp 1) 5-HT Zucker, Süßstoffe, Aminosäuren und Fettsäuren Kurzfristige appetitanregende Funktion (↑Appetit); stimuliert gustatorischen Cortex; ↑Insulinsekretion (Höchstwert im Gehirn) bestimmt die Futterpräferenz.
Maul (Geschmacks-papillen) Sensorische Zellen Typ II (Subtyp 2) 5-HT Bitterstoffe Kurzfristige appetithemmende Funktion (↓Appetit); stimuliert den gustatorischen Cortex. Erkennung von Giftstoffen, was zur Futterverweigerung führt.
Magen

P/D1-Zellen (X/A bei Mäusen)

Ghrelin Stimuliert durch Peptone, L-Trp, L-Phe, L-Ala, L-Glu, Zucker, LCFA; gehemmt durch Acetat oder Propionat Kurzfristige Auswirkungen auf den Hunger. Initiiert die Futteraufnahme und bestimmt die Fresszeiten. Reduziert die Empfindlichkeit gastrisch-vagaler Afferenzen und Magendistension; ↑ Insulin.
Magen G-Zellen Gastrin Stimuliert durch Peptone, L-Trp, L-Phe, L-Ala; SCFA (C1-C5) Sekretion verdauungsfördernder Stoffe (Magensäure, Hormone); ↑Plasma CCK
Magen und Dünndarm D-Zellen Somatostatin Stimuliert durch Peptone, L-Trp, L-Phe, L-Ala; LCFA (C14-C22) Initiiert den proteininduzierten Sättigungsweg maßgeblicher auf Darmebene; ↓Gastrinsekretion
Proximaler Dünndarm I-Zellen CCK Stimuliert durch L-Trp, L-Phe, L-Glu und L-Lys (1); SCFA, MCFA und LCFA; Bitterstoffe Kurz- und langfristige Hemmung der Futteraufnahme (↑Sättigung) als Teil der proteininduzierten und der fermentationsgesteuerten Sättigung; ↓Gastrinsekretion und Entleerung; ↑Sekretion von Bauchspeicheldrüsenenzymen
Proximaler Dünndarm K-Zellen GIP Glucose Langfristige Hemmung der Futteraufnahme; ↑Insulinsekretion (postcephalisch) und Sättigung; ↑Glucoseaufnahme und -speicherung und Fettsäureaufnahme in Adipozyten.
Distaler Dünn- und Dickdarm L-Zellen GLP-1 / PYY Stimuliert durch L-Ala und L-Glu; Zucker; SCFA, MCFA und LCFA; Gallensäuren; Bitterstoffe Langfristige Hemmung der Futteraufnahme mit ↓gastrointestinaler Motilität; Teil des proteininduzierten Sättigungswegs; ↑Insulinfreisetzung (GLP-1) und Sättigung; ↑Glucoseaufnahme und -speicherung

Abkürzungen: VT = Verdauungstrakt; LCFA/MCFA/SCFA = langkettige (L), mittelkettige (M) oder kurzkettige (S) Fettsäuren; 5-HT = Serotonin; G-Zellen = Gastrin-produzierende Zellen; P/D1-Zellen = Pankreas-D1-ähnliche Zellen; D-Zellen = Pankreas-D-ähnliche Zellen; I- oder L-Zellen beziehen sich auf die Größe der intrazellulären Vesikel (klein (S), mittel (I) bzw. lang (L)); K-Zellen = Zellen mit großen Vesikeln, aber anders als L-Zellen; M-Zellen = Motilin-produzierende Zellen; N-Zellen = Neurotensin-produzierende Zellen; CCK = Cholecystokinin; GIP = glucoseabhängiges insulinotropes Polypeptid; GLP-1 = Glucagon-like Peptid-1; PYY = Peptid YY. (1) Roura et al (unveröffentlichte Daten).

Orogastrische und intestinale Sensormechanismen bei der Kontrolle der Futteraufnahme bei Schweinen

Die Kontrolle des Appetits und der Futteraufnahme ist komplex. Kurz gesagt umfasst sie mindestens zwei Mechanismen, die sich auf die kurzfristige (innerhalb einer Mahlzeit) oder langfristige (zwischen den Mahlzeiten) Kontrolle des Appetits beziehen (Tab. 1).

Kurzfristige Auswirkungen auf die Futteraufnahme

Die Fressdauer wurde mit Rückkopplungsmechanismen in Verbindung gebracht, die durch das obere Verdauungssystem (hauptsächlich Maulhöhle oder Magen) an das Gehirn vermittelt werden. Gemäß Präferenzmodellen sind Schweine imstande, Verbindungen zu schmecken, die von Menschen als süß, stärkehaltig, umami, fettig, salzig, sauer oder bitter beschrieben wurden. Die Geschmackswahrnehmung erfolgt im Maul, nachdem das Signal durch spezielle neuronale Fasern von Hirnnerven (VII, IX und X) in den gustatorischen Cortex des Gehirns übertragen wurde. Kurz gesagt hängen angenehme Geschmäcker (süß, stärkehaltig, umami und fettig) mit essentiellen Nährstoffen zusammen und stimulieren die Futteraufnahme, während unangenehme Geschmäcker mit potenziell toxischen Stoffen (bitter), einem zu hohen Salzgehalt (salzig) oder mit einer bakteriellen Fermentation (sauer) in Verbindung stehen und den Verzehr reduzieren (Tab. 1). Der Magen ist ein Entscheidungsorgan, das mit außergewöhnlichen Fähigkeiten der Wahrnehmung von Nährstoffen ausgestattet ist. Enteroendokrine Zellen wurden unter anderem mit der Freisetzung von Ghrelin, Gastrin oder Somatostatin (Tab. 1) als Reaktion auf Nährstoffe in Verbindung gebracht. Insbesondere Peptone, L-Trp, L-Phe, L-Ala, L-Glu, Zucker und langkettige Fettsäuren (LCFA) wirken durch P/D1- und D-Zellen positiv stimulierend auf den Appetit. Im Gegensatz dazu werden von G-Zellen als Reaktion auf kurzkettige Fettsäuren (SCFA) und andere Liganden appetithemmende Signale freigesetzt.

Langfristige Auswirkungen auf die Futteraufnahme

Das Intervall zwischen und nach den Mahlzeiten wird hauptsächlich durch eine Integration von Signalen bestimmt, die im Dünn- und/oder Dickdarm entstanden sind. Nährstoffsensoren (einschließlich Geschmacksrezeptoren) sind reichlich in den enteroendokrinen Zellen und anderen Darm-assoziierten Epithelzellen exprimiert. Diese Nährstoffsensoren werden in den enteroendokrinen Zellen mit Darmpeptiden (wie CCK, GLP-1 oder PYY) koexprimiert und sind mit ihrer Freisetzung assoziiert, die parakrinen (lokalen) oder endokrinen (systemischen) Funktionen dient, die für den Appetit relevant sind. Die Art der Koexpressionsmuster (Nährstoffrezeptor/Darmpeptid) und die Lage der Sinneszellen bestimmen, wie die Wahrnehmung eines Nährstoffs in einen komplexen Dialog zwischen Darm und Gehirn übersetzt wird, der das Futteraufnahmeverhalten bestimmt (Tab. 1). Jüngste Hinweise deuten auf drei funktionell unterschiedliche Bereiche hin: a) die intestinale präenzymatische Verdauung, die sich auf die Darmmotilität auswirkt, und die CCK-Freisetzung, die zur Sättigung führt; b) die intestinale postenzymatische Verdauung, die sich auf die Verdaulichkeit der Futtermittel bezieht und mit der Freisetzung von GLP-1, GIP und PYY mit insulinotropen Wirkungen verbunden ist; und c) die bakterielle Fermentation, die in Zusammenhang mit der Freisetzung von kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) steht, die wiederum den Dünndarm erreichen und eine CCK-Freisetzung auslösen können (Tab. 1).

Anwendung der chemosensorischen Prinzipien

Die Grundsätze, wie sich das chemosensorische System auf kurz- und langfristige Mechanismen bei der Futteraufnahme auswirkt, haben das Potenzial, die Praktiken der Fütterung und Futterzusammensetzung zu verbessern. Erstens können ansprechende Futtermittelbestandteile (einschließlich Aromen) die kurzfristige Futteraufnahme verbessern. Einige dieser Inhaltsstoffe haben viele einfache Moleküle (vielleicht als Folge von prähydrolysierten Substanzen wie hydrolysierten Proteinquellen), die den hedonischen Wert von Futtermitteln verbessern. Zweitens sollten, um einen Rückgang der Futteraufnahme zu vermeiden, die Futtermittel nicht nur so zusammengesetzt werden, dass sie den Bedarf an essentiellen Aminosäuren erfüllen, sondern dass auch ein übermäßig hoher Anteil synthetischer Aminosäuren vermieden wird, der zu einer starken CCK-Freisetzung aus dem oberen Dünndarm führen würde. Drittens werden die schwer verdaulichen Futtermittelbestandteile (resistente Stärke) die Magenentleerung und -durchgangsrate verlangsamen, die insulinotrope Reaktion (Hemmung der GLP-1-Freisetzung) verringern und die Fermentation im Enddarm und die SCFA-Produktion erhöhen, was alles zu einer verringerten Futteraufnahme führt

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