Das Porzine Circovirus Typ 2 (PCV2) ist ein kleines, einsträngiges und zirkuläres DNA-Virus, das mit einer Vielzahl von Erkrankungen assoziiert ist. Diese werden unter dem Begriff "Porzine Circovirus Assoziierte Erkrankungen (Porcine Circovirus Associated Diseases, PCVAD)" zusammengefasst. Zu den wichtigsten ORFs zählen ORF1 und ORF2, welche für ein replikationsassoziiertes Protein bzw. für die Hauptkapsidproteine kodieren. Basierend auf der Sequenzidentität innerhalb von ORF2 kann PCV2 weiter in verschiedene Genotypen unterteilt werden, welche dem Zeitpunkt ihres Erstnachweises nach mit Kleinbuchstaben (a, b, c und e; Grafik 1) benannt wurden. PCV2a war in den globalen Schweinebeständen lange Zeit der vorherrschende Stamm und ist zudem die Basis aller kommerziell erhältlichen PCV2-Impfstoffe. Zwischen den Jahren 2000 und 2005 kam es zu einem Genotyp-Shift von PCV2a hin zu PCV2b, so dass heute PCV2b der beim Schwein am häufigsten nachgewiesene Stamm ist.
Grafik 1: Beziehung zwischen den Hauptgenotypen von PCV-2, basierend auf ORF-2-Sequenzvergleich
Im Jahr 2012 tauchten in den USA PCV-2-Varianten oder Mutationen (mPCV2) innerhalb des PCV2d-Clusters auf, welche häufig mit dem Auftreten der Porzinen Circovirus assoziierten Erkrankungen (PCVAD) in Verbindung gebracht wurden. Kennzeichnend für diese neuen Stämme war, dass diese im Vergleich zu den herkömmlichen Stämmen PCV2a und PCV2b eine zusätzliche Aminosäure im ORF2 (234 Aminosäuren anstatt 233) aufwiesen. Allerdings gibt es zwischen mPCV2, PCV2a und b innerhalb des ORF2 noch viele weitere Unterschiede hinsichtlich der Aminosäuren, deren Relevanz bis dato noch ungeklärt ist. Obwohl mPCV2 erst kürzlich (2012) erstmalig in Nordamerika nachgewiesen wurde, existieren in Asien und Europa schon lange ähnliche Virusstämme, so dass es sich nicht um einen neuartigen Genotyp handeln dürfte. In den letzten Jahren nimmt interessanterweise der Nachweis von mPCV2-Stämmen in Regionen, in denen die PCV-2 Sequenzierung regelmäßig durchgeführt wird, stetig zu. Dies lässt gegebenenfalls auf einen Selektionsvorteil dieser Virusgenomgruppe schliessen.
Die Kreuzprotektivität zwischen PCV2a und PCV2b ist ausreichend nachgewiesen und wird durch empirische Daten aus der Praxis gestützt, die die exzellente Kontrolle von PCVAD durch die Verwendung kommerzieller Vakzinen bestätigen. Mit dem Auftreten von mPCV2 berichten Landwirte und Tierärzte zunehmend von einem Wiederaufflammen von PCVAD in geimpften Beständen, was von Ihnen als "Impfversagen" empfunden wird. Es ist wohl bekannt, dass "Impfversagen" eine Reihe von Ursachen haben kann, unter anderem die Nichteinhaltung von empfohlenen Vorgehensweisen bei der Impfung, unsachgemäße Impfstofflagerung und Impfstoffverwendung sowie eine zu geringe Impfdosis oder aber andere Fehler im Zusammenhang mit der Impfung. Die Möglichkeit einer nicht ausreichenden Kreuzprotektivität von PCV2a- basierten Impfstoffen in Bezug auf mPCV2 führt derzeit zu großer Besorgnis. Um auf diese Befürchtungen zu reagieren, wurde eine kleine Pilotstudie zur Wirksamkeit von kommerziellen PCV2a-basierten Impfstoffen und einer zu Versuchszwecken hergestellten mPCV-2-Vakzine gegenüber einer Infektion mit mPCV2 durchgeführt. Dafür wurden per Kaiserschnitt entbundene Ferkel (ohne Kolostrumgabe) zweimal im 2-Wochen-Intervall geimpft und 2 Wochen nach der Boosterimpfung mit einem Gewebehomogenat in Kontakt gebracht, das mPCV2 und PRRS-Virus enthielt (Belastungsversuch). Eine Tiergruppe wurde nicht geimpft und diente in dieser Studie als positive Kontrollgruppe. Geimpfte und ungeimpfte Tiere wurden in denselben Buchten gehalten. Nach Exposition wurden bei einzelnen mit der kommerziellen Vakzine geimpften Schweinen geringe Mengen mPCV2 nachgewiesen, nicht aber bei den mit der mPCV2-Vakzine geimpften Tieren. In der ungeimpften Kontrollgruppe kam es zu einer stark ausgeprägten Virämie mit nachfolgender klinischer Ausprägung von PCVAD.
Die Ergebnisse dieser kleinen Pilotstudie ebenso wie vergleichbare Ergebnisse einer nachfolgenden Versuchsreihe mit konventionell gehaltenen Schweinen zeigen, dass die kommerziellen Impfstoffe geeignet sind gegen mPCV2 zu schützen und können der Schweineproduktion die Sicherheit geben, dass die derzeit verfügbaren Mittel im Kampf gegen PCVAD tatsächlich effektiv sind.