Obwohl das Verfahren der postzervikalen künstlichen Besamung (PCAI) erst vor Kurzem eingeführt wurde, ist es bereits seit 1959 bekannt, als der Einsatz dieser Technik bei Schweinen erstmals von J.L. Hancock beschrieben wurde. Das Verfahren geriet in Vergessenheit, bis es vor wenigen Jahren auf betrieblicher Ebene eingeführt wurde. Obwohl sein Einsatz weltweit weitverbreitet ist und das Verfahren eine einfach einzusetzende Reproduktionstechnologie darstellt, dürfen einige entscheidende Punkte dabei nicht vernachlässigt werden um die Effizienz dieser Methode zu maximieren. Zuallererst sollten wir hervorheben, dass die Methode zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei denjenigen Sauen anzuwenden ist, die schon mindestens einmal geferkelt haben. Der Brunststatus dieser Sauen muss optimal sein (Abb. 1A) und um dies festzustellen, müssen wir die Reproduktionsphysiologie der Sau berücksichtigen, denn die maximale Erweiterung der Zervix erfolgt in der Brunstphase um den Zeitpunkt der Ovulation herum. In dieser Zeit kann die Innenkanüle mühelos durch die Zervix bis zum Gebärmutterkörper eingeführt werden.
Die Sucheber sind zwar zur Feststellung der Brunst anwesend (Abb. 1A), aber nicht bei der Besamung, wodurch die Kontraktionen der Zervix reduziert werden, was die Einführung der Innenkanüle erleichtert. Es wird empfohlen, zwischen der Feststellung der Brunst und der Besamung eine Wartezeit einzulegen.
Abbildung 1 A) Brunst: i) Die Identifizierung der Sauen, die sich in der Brunst befinden, erfolgt durch Beobachtung ihrer Reaktion auf Druck, den der Landwirt auf ihren Rücken ausübt, und (ii) ihrer Reaktion auf die anwesenden Sucheber. iii) Bei der Sau sind verschiedene Brunstsymptome wie z. B. der Stehreflex, gespitzte Ohren und eine ödematöse und gerötete Vulva zu beobachten.
Die Hygiene ist ein weiterer maßgeblicher Produktionsfaktor, der bei der postzervikalen künstlichen Besamung zu berücksichtigen ist (Abb. 1B). Angesichts der Tatsache, dass der Penis des Ebers und der Uterus der Sau darauf ausgelegt sind, die Samenablage in der Zervix zu unterstützen, was als Barriere dient, um das Eindringen von Mikroorganismen in den Uterus zu verhindern, findet die postzervikale künstliche Besamung an einem unphysiologischen Ort statt. Deshalb ist es ratsam, die Vulva gründlich zu reinigen, um zu vermeiden, dass bei der Einführung des Besamungsinstruments Schmutzpartikel und Mikroorganismen in den weiblichen Genitaltrakt gelangen.
Abbildung 1 B) Hygiene: i-ii) Die Vulva muss vor der Besamung sauber sein. Zu diesem Zweck wird die Verwendung von Reinigungstüchern empfohlen, wobei immer von innen nach außen zu wischen ist. iii) Durch das Beibehalten der Katheterverpackung kann eine Verschmutzung des Besamungsgeräts vermieden und die Hygiene so verbessert werden.
Sobald die Sau bereit ist, warten wir 1-2 Minuten, damit sich die Zervix entspannt. Die zervikale Innenkanüle kann daraufhin problemlos eingeführt werden. Bei Einführung der Kanüle ist zu gewährleisten, dass das Besamungsgerät richtig positioniert wird (Abb. 2A). Zu diesem Zweck drücken wir den Katheter mit der Kanüle in kraniale Richtung. Wenn die Kanüle bezüglich des Katheters nicht nachgibt, ist das Gerät richtig positioniert.
Abbildung 2 A) Besamungsgerät: i) Nach Einführung des ersten zervikalen Katheters muss man eine bestimmte Zeit abwarten, damit sich die Zervix entspannen kann. ii) Nach einigen Minuten kann die Innenkanüle vollständig und ohne Schwierigkeiten eingeführt werden. Sobald das Gerät mit Katheter und Kanüle an der richtigen Stelle positioniert ist, ist das Sperma sofort zu infundieren, um die korrekte Verteilung innerhalb des Uterus der Sau zu ermöglichen.
Abbildung 2 B) Rückfluss: i-ii) Rückfluss sollte während der postzervikalen künstlichen Besamung nicht oder fast nicht auftreten. Allerdings ist das Auslaufen von Sperma nach der Besamung aus der Vulva üblich. Dieser Rückfluss kann zu weiteren Analysezwecken mit Beuteln aufgefangen werden, die um die Vulva herum angebracht werden.
Abbildung 2 C) Ende der Besamung: i) Die Kanüle ist sofort zu entfernen. ii) Die Innenkanüle wird nach der Einführung durch die Zervix daraufhin untersucht, ob sie noch ihre charakteristische Krümmung aufweist (keinen Knick).
Sobald der Katheter mit Kanüle ordnungsgemäß positioniert ist, kann die Samendosis infundiert werden, wobei die folgenden Punkte zu berücksichtigen sind. Die Ergebnisse, die bei der postzervikalen künstlichen Besamung mit Samendosen mit Spermienkonzentration zwischen 1000 × 106 und 2000 × 106 in 26-60 ml erzielt werden, ähneln den Ergebnissen, die bei herkömmlicher zervikaler Besamung (3000 × 106 Samenzellen/ 80-100 ml) üblich sind. Der Einsatz von Dosen mit höherer oder gerringerer Spermienkonzentration bei der postzervikalen künstlichen Besamung hängt von vielen anderen Faktoren ab, die Gegenstand einer neuen Veröffentlichung sein könnten. Es ist allerdings wichtig, die Spermaqualität zu berücksichtigen, da Qualitätsminderungen beim Einsatz einer geringeren Anzahl an Samenzellen gravierende Folgen für die Fertilität haben können. Die Besamungsdosis sollte schnell infundiert werden, um ihre Verteilung in den Uterushörnern zu gewährleisten. Es sollte keinen Rückfluss während der postzervikalen künstlichen Besamung geben (obwohl dies in den ersten Minuten nach der Besamung üblich ist – Abb. 2B). Wenn ein Rückfluss durch die Vulva oder den Katheter bzw. die Kanüle auftritt, könnte dies ein Hinweis dafür sein, dass die Zervix nicht vollständig entspannt ist. In diesem Fall sollte man ein paar Minuten warten, um den Vorgang zu wiederholen. Ein weiterer möglicher Grund hierfür ist, dass die Besamung zu früh (zu Beginn der Brunst) oder zu spät (am Ende der Brunst) durchgeführt wurde, als die Zervix noch nicht vollständig offen war. Sobald die Samendosis deponiert wurde, ist die Kanüle umgehend zu entfernen, um die Verbindung des Uterus mit der äußeren Umgebung zu unterbrechen und so das Eindringen von Krankheitserregern zu vermeiden. Es wird empfohlen, nach Entfernung der Innenkanüle zu überprüfen, ob die Krümmung der Kanüle der anatomischen Form der Zervix entspricht, und sicherzustellen, dass sie nicht geknickt wurde (Abb. 2C). Dies würde darauf hindeuten, dass die Besamung korrekt durchgeführt wurde. Wenn ein gewisser Widerstand beim Einführen der Kanüle bemerkt wird, darf man die Penetration auf keinen Fall erzwingen, da dies die Gebärmutterschleimhaut verletzen und zu Blutungen führen könnte. Das Blut wäre beim Entfernen des Besamungsgeräts zu sehen. Obwohl die reproduktiven Parameter der Sauen, bei denen während der Besamung leichte oder keine Blutungen auftreten, sehr ähnlich sein können, sind solche Verletzungen natürlich nicht wünschenswert.
Somit können kleine Fehler bei den oben genannten Faktoren dazu führen, dass das Endergebnis der Anwendung dieser Methode nicht den Erwartungen entspricht, weshalb die einzelnen Risiken und kritischen Punkte jedes Faktors systematisch zu analysieren sind (Tab. 1).
Tabelle 1. Checkliste der Faktoren, die bei der postzervikalen Besamung zu berücksichtigen sind: entscheidende Kontrollpunkte.
Entscheidende Punkte | Beschreibung | Literaturhinweise | |||
1. Sauentyp | Mehrgebärend und erstgebärend. | Watson and Behan, 2002 Diehl et al. 2006 Hernández-Caravaca et al. 2012 Sbardella et al. 2014 |
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2. Brunst | Optimaler Brunststatus – Maximale Erweiterung der Zervix | Rigby, 1967 | |||
3. Sucheber | Brunstfeststellung und Uterusstimulation. Bei der postzervikalen Besamung nicht anwesend. |
Langendijk et al. 2005 | |||
4. Hygiene | Gründliche Vulvareinigung. | Araujo et al. 2009 García-Vázquez et al. 2015 Hernández-Caravaca et al. 2015 |
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5. Gerät | Richtige Positionierung des Katheters/ der Kanüle. | Watson and Behan, 2002 | |||
6. Samendosis | Konzentration und Menge, Spermaqualität. | García-Vázquez et al. 2015 Hernández-Caravaca et al. 2012 y 2015 |
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7. Rückfluss | Tritt bei der postzervikalen Besamung nicht (oder spärlich) auf. Häufig nach der Besamung. | Steverink et al. 1998 Dallanora et al. 2004 Mezalira et al. 2005 Hernández-Caravaca et al. 2012 |
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8. Blut | Einführung der Innenkanüle nicht forcieren, um Verletzungen zu vermeiden. | Serret et al. 2005 Sbardella et al. 2014 |