Das Porzine Circovirus (PCV) wurde in den frühen 70er Jahren entdeckt. Das Virus wurde später als PCV Typ 1 bezeichnet und es wurde nachgewiesen, dass es trotz der Fähigkeit, Schweine zu infizieren, apathogen war. Eine weiterer Genotyp des Porzinen Circovirus, PCV Typ 2 (PCV2), wurde in den späten 90er Jahren erstmalig beschrieben. Heute ist bekannt, dass es Ursache für eine Reihe von Krankheitsbildern ist, die gemeinhin unter dem Begriff Porzine Circovirus assoziierte Erkrankungen (PCVAD) zusammengefasst werden. In jüngster Zeit konzentriert sich die Forschung insbesondere auf Reproduktionsstörungen im Rahmen des PCVAD-Komplexes besonders bei Jungsauen und Sauen mit geringer Wurfanzahl.
Klinische Symptome für PCV2 sind zum Beispiel: Umrauschen, Aborte und kleinere Würfe mit einem erhöhten Anteil toter und mumifizierter Feten. Um die Diagnose PCV2-bedingte Reproduktionsstörungen eindeutig stellen zu können, ist eine pathologische Untersuchung und der Nachweis von PCV2 in fetalem Gewebe (z. B Herz) unabdingbar.
In den führenden schweineerzeugenden Ländern werden üblicherweise die meisten Jung- als auch Altsauen künstlich besamt (KB).
Bei einem 11 Monate alten Eber, der aus einer Besamungsstation mit Krankheits- und Infertilitätsproblemen stammte, wurde PCV2 -Antigen aus den Hoden und den akzessorischen Geschlechtsdrüsen nachgewiesen.
In einer groß angelegten Studie wurde Sperma von insgesamt 472 Ebern aus 5 Besamungsstationen in Deutschland und Österreich sowie von 30 österreichischen Betrieben, die Eber zur Eigenbestandsbesamung halten, gesammelt. 18,2 % der Proben wurden positiv auf PCV2 im Ebersperma getestet. Von den spermatologisch positiv getesteten Ebern waren 57,5% auch serologisch positiv auf PCV2 -spezifische IgG. Dies deutet auf eine zurückliegende Infektion hin, da keiner der beprobten Eber PCV2-spezifische positive IgM-Titer hatte, die bei einer akuten Infektion nachweisbar sind. Aufgrund der weiten Verbreitung von PCV2 bei Ebern, die in der KB eingesetzt werden, kann vermutet werden, dass Sperma von solchen Ebern eine mögliche Infektionsquelle für die damit besamten Jung- und Altsauen darstellt.
In Abbildung 1 ist die Verbreitung von PCV2-kontaminiertem Ebersperma von einer Besamungsstation auf sauenhaltende Betriebe dargestellt. Obwohl die Besamungsstation relativ klein ist (100 Tiere), beliefert sie wöchentlich 12 Sauenhalter mit jeweils 1500 Zuchtsauen. Daher kann PCV2 in Produktionssystemen, die KB durchführen, schnell weiterverbreitet werden.
Abbildung 1: Beispiel für die Weiterverbreitung von PCV2 durch eine Besamungsstation auf sauenhaltende Betriebe. Besamungsstation mit 100 Ebern ⇒20 Sperma-Portionen/Eber/Woche⇒2000 Spermaportionen/Woche ⇒1500er Sauenbetrieb⇒3 Wochen Säugezeit⇒75 besamte Sauen/Woche⇒2,2 Spermaportionen/Besamungszyklus⇒165 benötigte Spermaportionen /Woche
Etliche Forschungsprojekte bestätigen die Annahme, dass PCV2 mittels Sperma vom Eber auf die Sau übertragen wird. Jungsauen konnten mittels experimenteller intraperitonealer Applikation von nativem Sperma von PCV2-positiven Ebern infiziert werden. Allerdings führte die in diesem Versuch intraperitoneal verabreichte infektiöse PCV2-Dosis nicht zu einer Infektion, wenn sie im Rahmen einer KB appliziert wurde. In anderen Versuchen hingegen bildeten Sauen nach KB mit PCV2-inokuliertem Sperma Antikörper gegen PCV2. Außerdem wurden Reproduktionsstörungen inklusive verminderter Konzeptionsraten, vermehrte Totgeburten und mumifizierte Feten beobachtet.
Theoretisch könnten bestimmte Reproduktionsstörungen von Jung- und Altsauen, die mit PCV2-positivem Sperma besamt wurden, Folge der Effekte von PCV2 auf die Spermaeigenschaften sein. Forschungsergebnisse bestätigen diesen Ansatz allerdings nicht. In einer Studie, in der die Spermaeigenschaften von PCV2-positiven Ebern, deren Sperma auch PCV2-positiv war und seropositiven Ebern, deren Sperma PCV2-negtiv war, verglichen wurde, konnte kein Unterschied bezüglich der Spermienvitalität und -morphologie zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden.
Gleichfalls hatte eine Inokulation von Sperma mit PCV2 keine Effekte auf die Spermienmotilität und den Anteil lebensfähiger Spermien.
In unserem Labor an der Virginia Tech wurde ein Experiment mit Sperma von PCV2-positiven Ebern (ungeimpft oder mit kommerzieller inaktivierter Vakzine geimpft) mittels Computer-assistierter Spermienanalyse (CASA) durchgeführt. Die Messung der Spermienmotilität als Parameter zur Beurteilung der männlichen Fertilität ist bei verschiedenen Spezies wichtig. Die Geschwindigkeit und Strecke über den gesamten Weg, den das Spermium zurückgelegt hat (curvolinear velocity/VCL) wird beispielsweise in der Humanmedizin als aussagekräftiger Wert für die Fertilität angesehen. Bei Schweinen korrelieren die VCL und die mittlere Bahngeschwindigkeit und die mittlere Strecke auf einer geglätteten Bahn (average path velocity/VAP) positiv mit der Wurfgröße. Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Impfung gegen PCV2 bei PCV2-positiven Ebern keinen Effekt auf die Spermienmotilität inklusive (mittels CASA ermittelter) VCL und VAP hat.(Abbildung 2). Überdies hatte die Impfung keinen Effekt auf das Ejakulatvolumen, die Spermienkonzentration, die Gesamtspermienzahl oder morphologische Eigenschaften der Spermien(Abbildung 3)
Abbildung 2: Effekt der PCV2-Impfung auf die Spermienmotilität bei PCV2 -positiven Ebern
Abbildung 3: Effekt der PCV2-Impfung auf die Spermienmorphologie bei PCV2 -positiven Ebern
Zusammengefasst weisen die Forschungsergebnisse darauf hin, dass PCV2 über Sperma von infizierten Ebern übertragen werden kann und Reproduktionsstörungen bei besamten Sauen verursacht. Es gibt keinen Hinweis auf einen Effekt von PCV2 auf die Spermaeigenschaften. Überdies beeinflusst die Impfung gegen PCV2 nicht die Spermaqualität von PCV2-positiven Ebern.