In den letzten 15 bis 20 Jahren hat sich das Auftreten und die Bedeutung der PCV2-Infektion und der daraus resultierenden Krankheitsbilder (PCV2-assoziierte Erkrankungen/ PCVAD, früher PMWS) erheblich gewandelt. Vor 2004 war die Prävalenz in den Schweinebeständen hoch, allerdings konnte eine sichere Diagnose durch den häufig asymtomatischen Verlauf nur schwer gestellt werden. Die Falldefinition und die diagnostischen Kriterien für die Diagnose von PMWS (heute PCVAD) wurden 2000 von Sorden zusammengefasst. Sie fanden im Veterinärbereich hohe Akzeptanz, da die Krankheit sich zeitgleich weltweit ausbreitete. Sordens Falldefinition und die diagnostische Abfolge umfassen die durch das PCV2-Virus ausgelösten klinische Symptome, typische Läsionen und den Virusnachweis als diagnostische Kriterien.
Die Diagnose bei einem Schwein oder einer Gruppe von Schweinen erfordert:
Abb. 1. PMWS: Falldefintion. Sorden, Swine Health Prod 8(3):133-136, 2000
Während der epidemischen Phase (2004-2007) wurden bei US-amerikanischen Aufzuchtferkeln und Mastschweinen PCVAD- assoziierte Verluste von bis zu 40% und ein Markteinbruch von fast 10% verzeichnet. Die Produzenten suchten Anfang 2006 verzweifelt nach effektiven Gegenmaßnahmen. Obwohl zahlreiche Forschungsgruppen seit den späten 1990ern an der Entwicklung einer kommerziellen Impfung gegen PCV2 arbeiteten, war in den USA bis 2006 kein Impfstoff erhältlich. Bis der Impfstoff der breiten Masse zugänglich war, dauerte es sogar bis 2007/2008. Die kommerziellen Impfstoffe zeigten sich äußerst erfolgreich sowohl bei der Senkung der Verlustrate durch Verenden und Kümmern als auch durch Verbesserung der Gesamtmastleistung und Reduzierung des sogenannten "Auseinanderwachsens" innerhalb einer Partie. Die auf dem Einsatz von Impfstoffen basierende, erfolgreiche Vermeidung von Verlusten und Kümmern dauert bis zum heutigen Tage an. Die Impfstoffe sind noch immer wirksam gegen PCVAD, in den USA werden so gut wie alle kommerziell erzeugten Tiere gegen PCV2 geimpft. Da das porzine Circovirus aber nach wie vor in der Schweinepopulation zirkuliert, gibt es auch weiterhin Fälle von PCVAD (Abbildung 2).
Abb. 2. Relative Nachweishäufigkeit von PCVAD (ISU VDL)
Diagnostik und biologische Variation von PCV2
Diagnostische Tests sind Werkzeuge, die von Personen mit Erfahrung und Routine in der Interpretation der Testergebnisse im jeweiligen klinischen Szenario sowie der makro- und mikropathologischen Befunde durchgeführt werden sollten. Alle Ergebnisse sollten akkurat und konsistent sein um gemeinsam zu einer validen Diagnose zu führen. Wenn Testergebnisse oder klinische Beobachtungen keinen Sinn ergeben, sollte der diagnostische Prozess unverzüglich neu bewertet und gegebenenfalls korrigiert werden (Abbildung 3). Dies klingt in der Theorie einfach, kann aber in der Praxis leicht in Vergessenheit geraten. Eine unbedachtes Vorgehen bei der Wahl der Diagnosemöglichkeiten, das Anstellen von Vermutungen und Bestätigungsfehler können zu falschen Schlussfolgerungen führen (und tun dies in der Praxis auch häufig).
Abb. 3. Diagnostische Übereinstimmung- alle Befunde sollten Sinn ergeben.
Essentielle Diagnosewerkzeuge für den Nachweis von PCVAD sind:
- Histopathologie und der Erregernachweis mit Hilfe von Gewebeschnitten (Immunhistochemie (IHC) und In-situ-Hybridisierung (ISH));
- Nachweis von Virusgenom (PCR) und Sequenzierung mittels molekularer Verfahren.
Die Immunhistochemie eignet sich hervorragend, um virales Antigen innerhalb der einzelnen histologischen Strukturen sichtbar zu machen. Für den endgültigen Virusnachweis ist die IHC allerdings nicht sensitiv genug, außerdem ist immer auch eine subjektive Interpretation möglich. Daher kann es zu Diskrepanzen bei den Auswertungsergebnissen kommen (und kommt es auch immer wieder). Deshalb sollte die IHC nur von erfahrenen Pathologen angewandt werden. Wenn es zu einer Diskrepanz mit Ergebnissen aus anderen diagnostischen Untersuchungen kommt, sollte die Fehlerfreiheit der immunhistochemischen Ergebnisse hinterfragt werden.
Positive (braune) Färbung von PCV2 in einer Schweinelunge mit hochgradigen interlobulären Ödemen und diffuser interstitieller Pneumonie (IHC).
Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist zweifelsohne die sensitivste Methode zum Nachweis der jeweiligen Zielgene. Eine positive PCR bedeutet allerdings NICHT, dass es einen Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und nachgewiesenem Antigen gibt- es wird lediglich die Frage beantwortet: "Ist PCV2-Antigen in der Probe vorhanden?" Um die Viruslast im Serum von Schweinen nachzuweisen, wird häufig die quantitative und semiquantitative PCR eingesetzt. Die Idee hinter dieser Methode, dass die Menge des im Serum oder Plasma enthaltenen Virus positiv mit der Schwere der Erkrankung korreliert ist, hat sich bestätigt. Schweine, die nach einer PCV2-Infektion keine klinischen Symptome zeigen, bilden virusneutralisierende Antikörper aus. Meist werden während der Virämie weniger als 107 Viruskopien je Milliliter nachgewiesen, und nach drei Wochen ist keine Virämie mehr vorhanden. Klinisch erkrankte Schweine dagegen haben meist höhere Werte über einen längeren Zeitraum. Die Ergebnisse variieren von Labor zu Labor, daher obliegt es dem bestandsbetreuenden Tierarzt, sich mit den Nachweismethoden und deren Interpretation durch das jeweilige Labor vertraut zu machen.
Eine Einschränkung der PCR besteht allerdings darin, dass die Primer und die Messsonden Varianten des Zielvirus nicht nachweisen können. Dies ergab die jüngste Untersuchung einer neuen Mutante des PCV2b (als mutiertes PCV2b, mPCV2b oder PCV2d bezeichnet). Diese wurde in einem Bestand mit "Impfversagen" isoliert. Die vom Diagnostiklabor der Iowa State University (ISU VDL) standardmäßig genutzte ORF2 PCV2a/b -PCR konnte das in klinischem Probenmaterial vorhandene PCV2 nicht nachweisen, zugleich war die PCR für ORF1 positiv. In diesem Fall war die IHC positiv für PVC2 (Opriessnig). Die Idee, dass die Sonden auf den neuesten Stand gebracht werden müssten, ist nicht neu und durchaus üblich bei Erregern wie dem PRRSV. Beobachtungen oder Testergebnisse, die nicht stimmig sind, sollten erneut überdacht werden. Ohne Feedback von den praktizierenden Tierärzten kann kein Labor auf dem neuesten Stand bleiben. Offen ist derzeit noch, welche Auswirkung die Variation zwischen den Stämmen auf die Performance der serologischen Nachweismethoden hat.
Der Nachweis von Antikörpern erfolgt normalerweise mittels ELISA oder Serumneutralisationstest. Durch die weite Verbreitung der Erkrankung hat die Serologie allerdings nur begrenzte Aussagekraft und die Ergebnisse sollten mit Vorsicht interpretiert werden. Die Erstellung eines Serumprofils kann beispielsweise hilfreich bei der Feststellung des Infektionszeitpunktes sein. Außerdem kann der Einfluss maternaler Antikörper auf die Impfung überprüft werden.In beiden Fällen kann so der optimale Impfzeitpunkt ermittelt werden.
Manchmal tritt bei PCVAD ein akutes pulmonales Ödem auf | dunkles/festes Lungengewebe (interstitelles Muster) bei einem Schwein mit PCV2-assoziierter Pneumonie |
Diagnose PCV2: Welche Auswirkung hat das auf die Herde?
Die Diagnose, welche Rolle PCV2 bei einem erkrankten Schwein spielt, wurde von Sorden bereits vor 14 Jahren beschrieben. In einem großen Schweinebestand das ein oder andere Tier mit PCVAD zu finden, ist nicht weiter ungewöhnlich, da die Vakzination selten einen 100%igen Impferfolg erzielt. Für jegliche Morbidität, Mortalität und Leistungsschwankungen der Herde, basierend auf der Beobachtung einer Gruppe von Schweinen, PCV2 verantwortlich zu machen, wäre fahrlässig. Es sollten immer auch andere endemische Pathogene (Bakterien, Viren, Parasiten) und andere potentiell leistungssenkende Faktoren (Ernährung, Betriebsführung, Haltungsbedingungen) überprüft werden. Die Frage „ Wie kann der Einfluss von PCVAD auf eine geimpfte Herde ermittelt werden?“ bleibt schwierig zu beantworten.
Für eine systematische Annäherung an eine valide Diagnose sind wohlüberlegte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum nötig. Oft ist das Monitoring, anderer Erreger (z.B. Mycoplasma, PRRSV, Schweineinfluenza, Actinobacillus, Haemophilus, Lawsonia, Brachyspira, Salmonella, Parasiten und andere) objektiver und erfolgversprechender, als sich ausschließlich auf den Nachweis von PCV2 zu konzentrieren. Die wohl aufschlussreichste diagnostische Methode ist die systematische Sektion aller verendeten Tiere vom Aufzuchtferkel bis zum Endmastschwein und Dokumentation der Ergebnisse. Gewebe kann in Formalin gelagert werden, falls bei fraglicher Diagnose PCV2 als Auslöser ausgeschlossen werden soll. Häufig werden Verluste von endemischen Pneumonien, Enterititiden ode Serositiden signifikant begünstigt Dies kann durch Routineuntersuchungen am Schlachthof gezeigt werden. Serologische Untersuchungen können helfen herauszufinden, in welcher Stufe bzw. welchem Alter welche Erreger übertragen werden. Die verschiedenen Einflussfaktoren können in eine Rangfolge gebracht werden. Eventuell kann sogar der Gesamtverlust in Bezug auf das maximale Produktionspotential, der durch diese Faktoren entstanden ist, bestimmt werden.
Leider gibt es mangels sorgfältig geplanter und kontrolliert durchgeführter Feldversuche keine nachweislich geeigneten Protokolle, um die Auswirkungen von PCVAD‘s oder subklinischen PCV2 Infektionen in Beständen auswerten zu können.