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Rolle des Schweins bei der Entstehung neuer Influenza-Stämme

Schweine können als Quelle neuer Influenza-Stämme mit zoonotischem Potential agieren, aber die Zunahme der genetischen Vielfalt der Schweineinfluenzaviren ist hauptsächlich auf die Einschleppung von Influenza-Stämmen menschlicher Herkunft zurückzuführen. Aus diesem Grund wird dringend empfohlen, alle Mitarbeiter, die häufigen Kontakt mit Schweinen haben, gegen Influenza impfen zu lassen.

In der Vergangenheit galten Schweine als „Mischgefäß“ mit dem Potential, Influenzaviren von anderen Tierarten (z. B. Vögeln) an den Menschen anzupassen. Dies liegt zum Teil an dem Vorkommen von zwei Arten zellulärer Rezeptoren im Respirationstrakt des Schweins, dem α-2,6 und dem α-2,3. Während der erste Rezeptortyp (α-2,6) eine Bindung und Infektion durch humane Influenzaviren ermöglicht, erlaubt der zweite (α-2,3) eine Bindung und Infektion durch aviäre Influenzaviren. Heute wissen wir, dass Menschen direkt durch aviäre Influenza-Stämme infiziert werden können, da sie auch α-2,3-Rezeptoren haben. Dennoch sind Schweine eine Quelle zur Generierung neuer Stämme mit zoonotischem Potential. Ein gutes Beispiel ist das H1N1-Virus, das die Pandemie 2009 (H1N1pdm) auslöste. Dieses Virus entstand als Folge verschiedener genetischer Reassortments einschließlich aviärer, humaner und porziner Influenzaviren. Diese Reassortments ereigneten sich wahrscheinlich in den vergangenen 10-11 Jahren in US-amerikanischen Schweinebeständen. Mindestens vier Influenzaviren spielten bei der Entwicklung des H1N1pdm eine Rolle: ein aviäres Virus, das zur amerikanischen Linie gehört, ein humanes Virus (H3N2 saisonal) und schließlich zwei verschiedene Schweineviren, ein amerikanisches (klassisches Schweineinfluenzavirus H1N1, das von dem Virus stammt, das 1918 die Spanische Grippe auslöste) und ein europäisches („avian-like“ Schweineinfluenzavirus H1N1).

 

Herkunft des Stamms, der 2009 zur Pandemie H1N1pdm führte

Herkunft des H1N1pdm: Wie in der Abbildung zu sehen ist, ist der H1N1pdm-Stamm auf mindestens drei Reassortments zurückzuführen, die zu verschiedenen Zeitpunkten stattfanden. Das erste ereignete sich zwischen 1997 und 1998. Dieses Reassortment brachte das dreifach reassortierte H3N2 (trH3N2) hervor. Drei Viren waren bei diesem Vorgang beteiligt: ein porzines H1csN1 (klassisches Schweineinfluenzavirus H1N1), ein aviäres Virus, das zur amerikanischen Linie gehört, und schließlich ein saisonales humanes H3N2-Virus. Die verschiedenen Gene, die von jedem Parentalstamm kommen, werden in den jeweiligen Zeilen angegeben. Das zweite Reassortment erfolgte kurz danach. Zwischen 1999 und 2000 entwickelten sich durch ein neues Reassortment zwischen H1csN1 und trH3N2 zwei Viren, das dreifach reassortierte H1N1 (trH1N1) und das dreifach reassortierte H1N2 (trH1N2). Schließlich ereignete sich das letzte Reassortment 2009 zwischen einem eurasischen „avian-like” Schweineinfluenzavirus H1N1 (avH1N1) und dem trH1N2, wodurch das H1N1pdm enstand und die Pandemie ausbrach..

 

Kurz nach dem Ausbruch der Pandemie H1N1pdm wurde das Virus in einem Schweinemastbetrieb in Kanada nachgewiesen. Dieses Ereignis gilt als die erste Wiederkehr des H1N1pdm bei Schweinen. Ausgelöst wurde sie wahrscheinlich durch einen infizierten Arbeiter. Die Folgen des Ausbruchs der Atemwegserkrankung in diesem Bestand entsprachen dem, was man beim Ausbruch einer Grippe bei Schweinen erwarten würde (geringe Letalität und selbstbeschränkend). Obwohl die Tiere jedoch kein Risiko für den Verzehr durch den Menschen darstellten, wollte kein Schlachthof die Schlachtung dieser Tiere durchführen. Infolgedessen musste der Landwirt die Tiere im Betrieb schlachten und sämtliche Kosten übernehmen. Im Verlauf der folgenden Jahren wurde das H1N1pdm-Virus bei Schweinen aus Ländern wie beispielsweise China, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und den USA nachgewiesen. Besondere Fälle sind Norwegen und Australien. In beiden Ländern, die bis 2009 Schweinegrippe-frei waren, kam es zu verschiedenen Ausbrüchen, die durch den H1N1pdm-Stamm in Schweinemastbetrieben ausgelöst wurden. Darüber hinaus war das H1N1pdm-Virus eine Quelle genetischer Reassortments mit anderen Schweineinfluenzaviren weltweit, wodurch neue Stämme entstanden sind.

Wie oft ereignen sich genetische Reassortments von Influenzaviren bei Schweinen? Sie kommen tatsächlich relativ häufig vor. Einer Studie zufolge, die 2012 veröffentlichte wurde (Lycett et al., 2012, J Gen Virol, 93:2326-36), geschehen Reassortments von Schweineinfluenzaviren alle 2-3 Jahre in Viren eurasischer Herkunft. Eine andere Studie aus Spanien (Martín-Valls et al., 2013, Vet Microbiol 170:266-77) kommt zu dem Schluss, dass 11 von 14 Schweineinfluenza-Stämmen mit einem vollständig entschlüsselten Genom Hinweise auf genetische Reassortments gaben. Obwohl in den meisten Fällen Reassortments unter porzinen Stämmen auftraten, war ein Isolat das Produkt des Reassortments zwischen humanen und porzinen Influenza-Stämmen.

Interessant ist, dass die meisten europäischen und nordamerikanischen Schweineinfluenza-Stämme einen Teil oder ganze Genome von humanen Influenzaviruen enthalten. Die Übertragung vom Schwein auf den Menschen wurde zwar in verschiedenen Ländern beschrieben und in einigen Fällen wie bei der Pandemie im Jahr 2009 hatte sie eine große Auswirkung, die Übertragung vom Menschen auf das Schwein tritt allerdings viel häufiger auf. Diese offensichtlich erhöhte Anfälligkeit von Schweinen gegenüber einer Infektion mit humanen Influenza-Stämmen ist auf einen einfachen Grund zurückzuführen: Produktionsabläufe bei Schweinen können kontinuierlich zu infektionsanfälligen Schweinen führen (junge Tiere, Wiederaufstockung der Bestände etc.). Wenn also eine mit einem humanen Influenzavirus infizierte Person einen Schweinemastbetrieb betritt, ist die Wahrscheinlichkeit die Tiere zu infizieren sehr hoch. Obwohl diese Tiere gegenüber diesen humanen Influenza-Stämmen Immunität entwickeln, sind nach relativ kurzer Zeit neue anfällige Tiere vorhanden. Deshalb wäre der Betrieb als Gruppe vor Infektionen mit demselben Stamm der humanen Influenza nicht vollständig geschützt. Umgekehrt würde ein Arbeiter eines Schweinemastbetriebs, der von einem Schweineinfluenza-Stamm infiziert wurde, einen Immunschutz erzeugen, der ihn künftig davor bewahren würde, vom gleichen Stamm erneut infiziert zu werden.

Schweine können also als Quelle neuer Influenza-Stämme mit zoonotischem Potential agieren, aber die Zunahme der genetischen Vielfalt der Schweineinfluenzaviren ist hauptsächlich auf die Einschleppung von Influenza-Stämmen menschlicher Herkunft zurückzuführen. Aus diesem Grund wird dringend empfohlen, dass alle Mitarbeiter, die häufigen Kontakt mit Schweinen haben (Veterinäre, Arbeiter in Schweinemastbetrieben, Schlachthofarbeiter etc.) gegen Influenza geimpft werden. Und falls sie sich möglicherweise mit dem humanen Influenzavirus angesteckt haben, ist der Kontakt mit Tieren natürlich zu vermeiden.

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