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Schwanzbeißen: Wie wird dieses Problem weltweit wahrgenommen? Sind wir bereit, das Kupieren zu unterbinden?

Die Autoren berichten über ihre Erfahrungen beim Erkennen der Risikofaktoren für das Schwanzbeißen und bei der Produktion nicht kupierter Schweine.

Schwanzbeißen ist ein weit verbreitetes Problem der Schweinehaltung, das zu wirtschaftlichen Verlusten und verringertem Tierschutz führt. Das Kupieren ist die am häufigsten eingesetzte Präventionsmaßnahme. Die Belange des Tierschutzes, die mit dem Verfahren des Kupierens verbunden sind, sind jedoch für Verbraucher und Tierschützer ein großes Anliegen und wirken sich weder direkt auf die tieferen Ursachen aus, die für das Auftreten des Schwanzbeißens verantwortlich sind, noch beseitigen sie sie. Trotz dieser Tatsachen sind weiterhin zwischen 90-100 % der Schweine in der EU kupiert (EFSA, 2007). Für Europa wird in der europäischen Richtlinie über den Tierschutz 2008/120/EG festgestellt, dass das Kupieren nicht routinemäßig durchgeführt werden kann, ohne dass andere Präventivmaßnahmen des Betriebsmanagements wie Änderungen der Umgebung und die Zurverfügungstellung von Beschäftigungsmaterial berücksichtigt werden. Sind Produzenten und Tierärzte aus verschiedenen Teilen der Welt besorgt wegen des Schwanzbeißens? Sind europäische Erzeuger bereit, das Kupieren zu unterbinden? Fühlen wir uns als Tierärzte bereit, Risikofaktoren zu identifizieren, um das Schwanzbeißen zu verhindern? Was sind unsere Strategien angesichts eines Ausbruchs von Schwanzbeißen? Wir haben eine Reihe mit zwei Artikeln vorbereitet, in denen wir ausgehend von der Meinung von vier Tierärzten für Schweine aus Deutschland, Nordamerika, China und Spanien die Unterschiede in der Wahrnehmung des Schwanzbeißens sowie Strategien in den wichtigsten Regionen der Schweineproduktion beschreiben werden.

Nachdem wir das Thema unseren Tierärzten dargelegt hatten, fragten wir sie nach ihren Erfahrungen mit nicht kupierten Schweinen und mit Beschäftigungsmaterialien (Bild 1). Nur Vidal aus Spanien und Böhne aus Deutschland haben unter ihren Kunden Erzeuger, die unter diesen Bedingungen Schweine aufziehen. Die Erfahrung von Vidal basiert auf einem Betrieb, in dem Schweine 2m2 Platz haben, über Stroh als Einstreumaterial und freien Zugang zu einem Außengehege verfügen. Er erklärte, dass diese Bedingungen für nicht kupierte Schweine funktionieren, das Schwanzbeißen dadurch aber nicht zu 100 % verhindert wird. Auf der anderen Seite verfügt Böhne über große Erfahrung mit diversen Beschäftigungsmaterialien in Standardbetrieben, in denen nicht kupierte Schweine aufgezogen werden. Die meisten ihrer Tierhalter arbeiten mit Materialien, mit denen Tiere spielen und sich beschäftigen können, wie beispielsweise hängende, lange Baumwollseile oder Holzstücke, aber die Mehrheit verwendet außerdem auch Stroh oder Heu. Aufgrund ihrer Erfahrungen spielen die Tierhalter eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung dieses Problems, wenn sie die Schweine täglich genau beobachten. Abgesehen davon ist es am wichtigsten, dem Tier eine ausreichende Menge an Faserstoffen zur Verfügung zu stellen (Bild 2).

Bild 1: Nicht kupierte Schweine (Bild mit freundlicher Genehmigung von Inge Böhne)

Bild 1: Nicht kupierte Schweine (Bild mit freundlicher Genehmigung von Inge Böhne)

Bild 2: Den Schweinen zur Verfügung stehendes Beschäftigungsmaterial (Bild mit freundlicher Genehmigung von Inge Böhne)

Bild 2: Den Schweinen zur Verfügung stehendes Beschäftigungsmaterial (Bild mit freundlicher Genehmigung von Inge Böhne)

Mit Ausnahme von Wang waren sich alle interviewten Tierärzte einig, dass Schwanzbeißen in ihren Regionen tatsächlich ein Problem darstellt oder ein potentielles Problem sein könnte. Wang ist der Ansicht, dass dieses Problem Betriebe mit schlechter Gesundheit und unangemessener Bewirtschaftung betrifft. Pitkin aus Nordamerika ist der Ansicht, dass das Problem trotz der Umgebungsbedingungen (oder der Reizstoffe, die dieses Verhalten auslösen) am ehesten auf eine rasche, genetisch bedingte Verbesserung bezüglich des Wachstums in Verbindung mit den Herausforderungen einer adäquaten Ernährung zurückzuführen ist, um den neuen Bedürfnissen dieser Hochleistungstiere (z. B. in Bezug auf Energie/ Eiweiß) gerecht zu werden. Sie glaubt, dass diese Situation vom Tier als ständiger Hunger wahrgenommen werden könnte, was zum Beginn des Problems beitragen würde.

Vidal ist der Ansicht, dass das Schwanzbeißen aufgrund der aktuellen Praxis des Kupierens derzeit kein großes Problem darstellt. Wenn die Praxis des Kupierens jedoch nicht erlaubt wäre, könnte es aus seiner Sicht ein riesiges Problem sein, denn „wir sind weit davon entfernt, eine Lösung für das Schwanzbeißen zu haben”. Er ist der Ansicht, dass es auf die Art unserer Produktionssysteme, auf die Sauen, mit denen wir arbeiten, und außerdem auch auf die Art der Einrichtungen zurückzuführen ist, in denen die Schweine gehalten werden.

Innerhalb dieser Gruppe aus vier Tierärzten hat Böhne mit diesem Thema die meiste Erfahrung mit unabhängigen Produzenten. Aus ihrer Sicht zählen neben der Versorgung der Schweine mit genügend Platz an der Futterstelle, Wasser und angemessenen Umgebungsbedingungen die folgenden Punkte zu den wichtigsten Risikofaktoren für das Schwanzbeißen:

  • Mangelnde Buchtenorganisation (= Unbehagen)
  • Zu geringe „Struktur” im Futter (in diesem Fall wird eine gute Struktur von Böhne als das Verbleiben größerer Getreidekörner beim Zerkleinerungsprozess definiert, Bild 3)
  • Vorhandensein von Darmpathogenen und Mangel an verfügbaren Ballaststoffen: Krankheitserreger wie Lawsonia intracellularis und E. Coli führen zu Bauchschmerzen. Das Kauen von Faserstoffen (wie Heu oder Stroh) kann dieses Unbehagen möglicherweise dämpfen. Wenn kein faserreiches Futter zur Verfügung steht, suchen diese Tiere nach anderen Lösungen (z. B. Schwanzbeißen).
  • Übermäßige Helligkeit in der Bucht bzw. in den Ställen (= Unbehagen)

Im nächsten Artikel werden wir die unterschiedlichen Strategien im Falle eines Ausbruchs von Schwanzbeißen sowie die ständigen Präventivmaßnahmen behandeln, die diese Tierärzte in den Betrieben ergreifen, die sie beraten.

Bild 3: Nicht kupierte Schweine in einem Aufzuchtstall, in dem man Futter mit großkörnigen Getreidepartikeln verfüttert (Bild mit freundlicher Genehmigung von Inge Böhne)

Bild 3: Nicht kupierte Schweine in einem Aufzuchtstall, in dem man Futter mit großkörnigen Getreidepartikeln verfüttert (Bild mit freundlicher Genehmigung von Inge Böhne)

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