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Überlegungen zur Selektion von Schweinegrippe-Impfstoffen

Inaktivierte Impfstoffe können wirksam sein, wenn sie in Verbindung mit anderen Praktiken wie beispielsweise der kontrollierten Bewegung der Tiere und Menschen und mit einer genauen Analyse zum Einsatz kommen, ob das Impfstoff-Antigen mit dem Antigen des zirkulierenden Stamms übereinstimmt.

30 Mai 2016
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Trotz der Verfügbarkeit und dem weit verbreiteten Einsatz von Impfstoffen gegen das Influenza-A-Virus (IAV) bei Schweinen ist diese Krankheit weiterhin eine enorme wirtschaftliche Belastung für die Schweineindustrie. Impfstoffe, die bei Schweinen zum Einsatz kommen, bestehen normalerweise aus inaktivierten Vollviren, die eine Öl-in-Wasser-Emulsion als Hilfsmittel beinhalten und intramuskulär verabreicht werden. Es wurden andere Verfahren untersucht und in den Vereinigten Staaten gibt es einen Subunit-Impfstoff, der ein nicht-replizierendes RNA-Partikel des Alphavirus enthält, das für das HA-Gen kodiert. Darüber hinaus können die Betriebe ihre eigenen Impfstoffe entwickeln. Normalerweise wird die Impfung bei den Sauen durchgeführt, um maternale Antikörper zu bilden, die mit der Aufnahme der Kolostralmilch auf die Würfe übertragen werden, wenngleich gelegentlich auch die Mastschweine geimpft werden. Obwohl verschiedene zugelassene Impfstoffe zur Verfügung stehen, werden sie nicht so schnell aktualisiert, wie das Virus sich antigenisch weiterentwickelt, was zu einem suboptimalen Schutz gegenüber antigenetisch unterschiedlichen Viren-Stämmen führen kann.

Für die Zulassung eines Impfstoffs muss dessen Sicherheit und Effektivität nachgewiesen werden. Um die Kriterien der Wirksamkeit zu erfüllen, müssen die Hersteller die Immunogenität des Impfstoffs durch Hämagglutinationshemmung (HAH) und/oder Reduzierung der Virustiter in der Lunge geimpfter Schweine nachweisen, die im Tierversuch einem Stamm ausgesetzt wurden, der mit dem Vakzinevirus übereinstimmt. Die Zeit, die benötigt wird, um einen schon zugelassenen Impfstoff zu ändern, kann je nach Vorschriften des Landes variieren, was die so dringend benötigten Aktualisierungen des Impfstoffs zur Anpassung an das sich schnell entwickelnde Virus erschwert. Durch die jüngsten gesetzlichen Änderungen, die vom Zentrum für Veterinärbiologie des US-Landwirtschaftsministeriums veranlasst wurden, könnte sich diese Zeitspanne in Zukunft verringern.

Innerhalb eines praxisbezogenen Rahmens sollten bezüglich der Wirksamkeit von Impfstoffen jeder Betrieb individuell und das gewünschte Resultat berücksichtigt werden. Der HAH-Test als Standardtest zur antigenischen Charakterisierung korreliert normalerweise mit den Neutralisationstitern des Virus und wird deshalb benutzt um Rückschlüsse über den Schutz zu ziehen. Ein reziproker Titer von 40 oder mehr gilt normalerweise als Schutz, obwohl die HAH-Serumtiter nicht immer gut mit der Wirksamkeit und dem Schutz des Impfstoffs korrelieren. Wenn bei Verabreichung des Impfstoffs bestimmte Faktoren auftreten, ist in manchen Fällen nicht einmal der Schutz gegenüber den gleichen Virusstämmen geboten.

Die Verfahren für die Zulassung des Impfstoffes sind aufwändig und teuer und können viel Zeit in Anspruch nehmen. Im Idealfall könnten die Aktualisierungen der Schweineimpfstoffe gegen das Influenza-A-Virus einem ähnlichen Prozess folgen wie demjenigen der Auswahl geeigneter Stämme zur jährlichen Anpassung der saisonalen Humanimpfstoffe auf Grundlage der nationalen und regionalen Überwachung und Identifizierung neu aufgetretener, antigenetisch unterschiedlicher Virenstämme (Abb. 1). Die Herausforderung besteht weiterhin darin, dass die genetische und antigenische Evolution des Schweineinfluenzavirus viel dynamischer ist als die der humanen Viren, da bei ihnen beträchtliche Abweichungen zwischen verschiedenen geographischen Regionen auftreten und selbst in der gleichen Region viele verschiedene Stämme gleichzeitig zirkulieren können (Vincent et al., 2014).

Entscheidungen bezüglich der Impfstoffe beruhen auf der Überwachung und Kontrolle der zirkulierenden Stämme des Influenza-A-Virus (Abb. 1). Die Analyse der zur Verfügung stehenden Sequenzdaten der Viren, die bei Schweinen zirkulieren, und der bekannten antigenischen Positionen in der Aminosäuresequenz von HA sind die ersten Schritte zur Entwicklung eines dynamischeren und aktuelleren Programms zur Wahl des geeigneten Impfstoffs. Leider gibt die Sequenzverwandtschaft der Aminosäuren (geschweige denn die Ähnlichkeit der Nukleotidsequenzen) nicht immer Hinweise auf den Kreuzschutz. Bei porzinen H3-Viren erfolgen die wichtigsten antigenischen Veränderungen an 6 Aminosäurepositionen in der Nähe der Bindungsstelle von HA und selbst der Austausch einer einzigen Aminosäure hat großen Einfluss auf die Antigenität (Lewis et al., 2014). Porzine H1-Viren zeigen dagegen möglicherweise aufgrund der Evolution der klassischen Viren und der wiederholten Einschleppung humaner Viren bei Schweinen über einen längeren Zeitraum hinweg eine komplexere genetische Vielfalt. Folglich wurden die antigenischen Veränderungen nicht auf die Mutationen einer einzigen Aminosäure innerhalb des Hämagglutinins H1 zurückgeführt, obwohl der Austausch einer einzigen Aminosäure an der Bindungsstelle oder in dessen Nähe eine starke kumulative Wirkung auf die Antigenität hat. Daher ist die antigenische Charakterisierung ein entscheidender Schritt, der zusammen mit der Sequenzanalyse und epidemiologischen Daten berücksichtigt werden sollte, um über mehr Informationen zur Entscheidungsfindung zu verfügen (Abb. 1).

Systematischer Ansatz zur Überwachung des Influenza-A-Virus beim Schwein

Abbildung 1: Systematischer Ansatz zur Überwachung des Influenza-A-Virus beim Schwein (nach Ampofo et al., 2015).

Unter idealen Umständen reicht die Immunantwort, die durch die Impfung mit inaktivierten Viren hervorgerufen wurde, aus um die klinischen Symptome und die Virustiter in der Lunge nach der Infektion zu reduzieren, vorausgesetzt, dass das benutzte Virus antigenisch sehr ähnlich ist. Unter normalen Feldbedingungen verhindern inaktivierte Impfstoffe die Infektion jedoch oft nicht vollständig. Die durch die Impfung der Sauen gebildeten maternalen Antikörper können die Ferkel zwar vor klinischen Symptomen, aber nicht vor Infektionen schützen und sind bis zum Alter von 14 Wochen nachweisbar (Loeffen et al., 2003). Eine nachteilige Auswirkung dieser Antikörper besteht darin, dass sie die Wirksamkeit des Impfstoffs und die aktive Immunantwort der geimpften Ferkel beeinträchtigen können. Tatsächlich kann eine frühere Immunität, unabhängig davon, ob es sich um eine passive oder erworbene Immunität handelt, die Immunantwort auf Totimpfstoffe beeinträchtigen.

Die durch Impfung mit inaktivierten Viren stimulierten oder durch passive Übertragung erworbenen Antikörper bieten wahrscheinlich keinen vollständigen Kreuzschutz gegenüber einem anderen Virus, was zum Misserfolg des Impfstoffs und erhöhten Kosten für die Erzeuger führt. Der Misserfolg der Impfung kann sich noch komplizierter gestalten, wenn die Impfung die Bildung von kreuzreaktiven Antikörpern gegen ein Hämagglutinin (HA) des gleichen Subtyps induziert, wodurch eine spätere Infektion nicht neutralisiert wird (d. h. ohne Kreuzreaktion beim HI-Test), was zur Impfstoff-assoziierten Verschlimmerung der Atemwegserkrankung (VAERD - vaccine-associated enhanced respiratory disease) führen kann (Gauger et al., 2011). Voraussetzung für die Manifestierung der Impfstoff-assoziierten Verschlimmerung der Atemwegserkrankung ist, dass die HA und NA des Vakzinevirus und des infizierenden Virus nicht übereinstimmen. Die Impfstoff-assoziierte Verschlimmerung der Atemwegserkrankung wurde in vielen experimentellen Szenarien nachgewiesen und es gibt Hinweise darauf, dass dies auch in der Praxis geschieht.

Die Einschränkungen der inaktivierten Impfstoffe bei der Ausbildung eines Kreuzschutzes gegenüber antigenisch unterschiedlichen Viren heben die Notwendigkeit hervor, Impfstoffe zu entwickeln, die einen umfassenderen Kreuzschutz bieten. Es wurden verschiedene Impfstoffplattformen für das porzine Influenza-A-Virus bewertet, die alle ihre Vor- und Nachteile haben (Abb. 2). Es wurde wiederholt nachgewiesen, dass attenuierte Influenza-Lebendimpfstoffe (LAIV) unter experimentellen Bedingungen sicher und gegenüber antigenisch unterschiedlichen Viren wirkungsvoller sind (Abb. 2), da sie die Übertragung der Viren reduzieren und die Interferenz mit maternalen Antikörpern kein Problem mehr darstellt (Pena et al., 2011; Vincent et al., 2012). Es hat sich auch herausgestellt, dass die Subunit-Impfstoffe und RNA- oder DNA-Impfstoffe auf Grundlage von HA und NA vor der Infektion schützen, und einer der Vorteile dieses neuen Verfahrens ist die relative Leichtigkeit, mit der man die Zusammensetzung des Impfstoffs ändern kann, um die antigenische Diversität und das Auftreten neuer Viren zu berücksichtigen (Wesley et al., 2004). Man wird wohl weiterhin neue Impfstoffplattformen als Alternative für inaktivierte Impfstoffe untersuchen.

  Inaktivierte Vollviren
Inaktiviert
Vektorenimpfstoffe Attenuierte Influenza-Lebendimpfstoffe (LAIV)
Attenuiert
Verabreichung Intramuskulär Intramuskulär/ Intranasal Intranasal
HI-Reaktion +++ ++ +
Antikörper sekretierende Zellen ++ + +
B-Gedächtniszellen + + +
Nasales IgA -/+ -/+ +++
NA-Antikörper +++ -/+ ++
CD4 T-Zellen ++ ++ +++
CD8 T-Zellen - + +
Kreuzimmunität -/+ + ++
Impfstoff-assoziierte Verschlimmerung
der Atemwegserkrankung  (VAERD)
Ja -/+ Nein

Art des Schutzes

Abbildung 2: Vergleich der Wirksamkeit verschiedener Impfstoffplattformen gegenüber Infektionen mit dem Influenza-A-Virus beim Schwein
(nach Sridhar et al., 2015).

Die Impfstoffstrategie sollte nach den vorliegenden Bedingungen für jeden einzelnen Fall entwickelt werden. Inaktivierte Impfstoffe können wirksam sein, wenn sie in Verbindung mit anderen Praktiken wie beispielsweise der kontrollierten Bewegung der Tiere und Menschen und mit einer genauen Analyse zum Einsatz kommen, ob das Impfstoff-Antigen mit dem Antigen des zirkulierenden Stamms übereinstimmt. Außerdem muss man die Virenstämme kennen, die in jedem Betrieb zirkulieren. Schweineinfluenza ist eine dynamische Erkrankung, die sich ständig weiterentwickelt, weshalb effektive und anpassungsfähige Strategien zur Überwachung und Kontrolle notwendig sind, um Schritt halten zu können.

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