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Streptococcus suis: Die Suche nach einer Lösung

Warum gibt es keinen wirksamen kommerziellen Impfstoff gegen Streptococcus suis?

Schon seit langem kämpfen Schweineproduzenten, Tierärzte und Forscher weltweit gegen Streptococcus suis. S. suis ist ein wichtiger Krankheitserreger, der für Meningitis, Septikämie und andere invasive Krankheiten vor allem bei Ferkeln nach dem Absetzen verantwortlich ist. S. suis variiert in seiner genetischen Zusammensetzung auf der ganzen Welt, was seine diagnostische und epidemiologische Überwachung erschwert. S. suis ist auch ein wichtiger weltweit auftretender Erreger von Zoonosen für Arbeiter in der Schweineindustrie (Berufskrankheit). In einigen Regionen (insbesondere in bestimmten asiatischen Ländern) ist das Bakterium eine häufige Ursache für schwere Krankheitsausbrüche beim Menschen, die Kontakt mit erkrankten Tieren oder kontaminierten Schweinefleischprodukten hatten. Derzeit ist der Einsatz von Antibiotika auf der ganzen Welt begrenzt, was bedeutet, dass die Schweineproduzenten auf andere Präventionsmethoden als den prophylaktischen/metaphylatkischen Einsatz von Antibiotika angewiesen sind. Warum gibt es also keinen wirksamen kommerziellen Impfstoff gegen Streptococcus suis? (Segura M., 2015).

Alles über

Streptococcus suis

Streptococcus suis suis kommt natürlicherweise in den oberen Atemwegen von Schweinen sowie in den Verdauungs- und Genitaltrakten vor. Bis zu 100 % der Schweine in einem Betrieb sind Träger dieses Bakteriums, was bedeutet, dass sie sich ansiedeln, ohne klinische Anzeichen zu zeigen. Dennoch können diese Trägerschweine die Bakterien noch an andere Tiere weitergeben (Gottschalk M, Segura M., 2019).

Abbildung 1: Die wichtigsten Sequenztypen (STs) von Streptococcus suis Serotyp 2, bestimmt durch Multilokus-Sequenztypisierung (MLST). ST1-Serotyp-2-Stämme werden meist mit Krankheiten bei Schweinen (sofern Daten verfügbar sind) und Menschen in Europa, Asien, Afrika und Südamerika (Argentinien) in Verbindung gebracht. ST7, eine Einzellokus-Variante von ST1, ist auf dem chinesischen Festland endemisch. Anders verhält es sich in Nordamerika, wo nur wenige klinische ST1-Fälle von Infektionen bei Schweinen und nur 1 ST1-Fall beim Menschen beschrieben wurden. Tatsächlich gehören nordamerikanische Serotyp-2-Stämme hauptsächlich zu ST25 (Mensch und Schwein) und zu ST28 (nur Schweine). ST28 wird außerdem auch mit klinischen Fällen beim Schwein auf dem chinesischen Festland, in Australien, Japan und in Thailand in Verbindung gebracht. Interessanterweise sind Japan und Thailand die einzigen Länder, die auch ST28-Fälle beim Menschen meldeten. Neben Nordamerika wurde auch in Australien und Thailand von ST25-Fällen beim Menschen berichtet. Schließlich ist ST20 nur in Europa (meist in den Niederlanden) weit verbreitet. In dieser Abbildung stellen Zahlen (1, 20, 25, 28, 104) in den verschiedenen Wirten unterschiedliche STs (also ST1, ST20, ST25, ST28, ST104) dar und jeder ST-Typ wurde in einer anderen Farbe dargestellt. Modifizierte Abbildung nach: Segura M, Fittipaldi N, Calzas C, Gottschalk M. Critical Streptococcus suis virulence factors: Are they all really critical? Trends Microbiol. 2017; 25(7):585-599. doi: 10.1016/j.tim.2017.02.005, mit Abdruckgenehmigung

Abbildung 1: Die wichtigsten Sequenztypen (STs) von Streptococcus suis Serotyp 2, bestimmt durch Multilokus-Sequenztypisierung (MLST). ST1-Serotyp-2-Stämme werden meist mit Krankheiten bei Schweinen (sofern Daten verfügbar sind) und Menschen in Europa, Asien, Afrika und Südamerika (Argentinien) in Verbindung gebracht. ST7, eine Einzellokus-Variante von ST1, ist auf dem chinesischen Festland endemisch. Anders verhält es sich in Nordamerika, wo nur wenige klinische ST1-Fälle von Infektionen bei Schweinen und nur 1 ST1-Fall beim Menschen beschrieben wurden. Tatsächlich gehören nordamerikanische Serotyp-2-Stämme hauptsächlich zu ST25 (Mensch und Schwein) und zu ST28 (nur Schweine). ST28 wird außerdem auch mit klinischen Fällen beim Schwein auf dem chinesischen Festland, in Australien, Japan und in Thailand in Verbindung gebracht. Interessanterweise sind Japan und Thailand die einzigen Länder, die auch ST28-Fälle beim Menschen meldeten. Neben Nordamerika wurde auch in Australien und Thailand von ST25-Fällen beim Menschen berichtet. Schließlich ist ST20 nur in Europa (meist in den Niederlanden) weit verbreitet. In dieser Abbildung stellen Zahlen (1, 20, 25, 28, 104) in den verschiedenen Wirten unterschiedliche STs (also ST1, ST20, ST25, ST28, ST104) dar und jeder ST-Typ wurde in einer anderen Farbe dargestellt. Modifizierte Abbildung nach: Segura M, Fittipaldi N, Calzas C, Gottschalk M. Critical Streptococcus suis virulence factors: Are they all really critical? Trends Microbiol. 2017; 25(7):585-599. doi: 10.1016/j.tim.2017.02.005, mit Abdruckgenehmigung

S. suis existiert weltweit und ist von Region zu Region sehr unterschiedlich (Abb. 1). Das Bakterium wurde ursprünglich in 35 Serotypen eingeteilt, die durch die Zucker definiert sind, die in der Polysaccharidkapsel zu finden sind, die das Bakterium umgibt (bei einigen dieser Serotypen diskutiert man nun darüber, ob sie zur Spezies S. suis gehören oder nicht). Die häufigsten Serotypen, die in klinischen Fällen bei Schweinen gefunden wurden, sind jedoch Serotyp 2 (weltweit), Serotyp 9 (in bestimmten europäischen Ländern) sowie die Serotypen 3, 1/2 und 7 (hauptsächlich Nordamerika und Asien auch im Fall von Serotyp 3). S. suis wird auch in „Sequenztypen“ eingeteilt, die auf dem genetischen Fingerabdruck des Bakteriums beruhen (Goyette Desjardins, et al. 2014). Jeder Serotyp von S. suis enthält daher zahlreiche Sequenztypen (Abb. 1). Diese Vielfalt bedeutet, dass einzelne S. suis-Infektionen einzigartige Eigenschaften bezüglich des Serotyps, Sequenztyps, des Zoonosepotenzials und der klinischen Ergebnisse haben. Mit dieser enormen Menge an Variationen lässt sich erklären, warum es so schwierig ist, einen „universellen“ Impfstoff zu entwickeln, der Schutz gegenüber allen S. suis-Infektionen bei Schweinen weltweit bietet (Goyette Desjardins, et al. 2014).

Arten von Impfstoffen

Es gibt zahlreiche Arten von Impfstoffen, die alle ihre jeweiligen Vor- und Nachteile haben. Tiere können geschützt werden, indem sie entweder mit einer Komponente (Untereinheit) des Bakteriums, lebenden, abgeschwächten Bakterien oder abgetöteten (inaktivierten) Bakterien geimpft werden. Experimentelle S. suis-Untereinheitenimpfstoffe scheinen vielversprechend zu sein, erfordern aber starke Hilfsstoffe (Lösungen zur Verstärkung der Reaktion des Immunsystems). Da außerdem S. suis so vielfältig ist, bleibt es eine Herausforderung, eine bestimmte Komponente (z. B. ein Protein) zu finden, die in der Lage ist, Schutz gegenüber allen S. suis-Stämmen zu bieten. Die Kombination verschiedener S. suis-Proteine (Antigene) in einem Untereinheitenimpfstoff würde wahrscheinlich die größten Chancen auf einen „universelleren“ und wirksameren Schutz bieten. Auf der anderen Seite bieten attenuierte Lebendimpfstoffe zwar den hypothetischen Nutzen, keine Auffrischungsimpfungen oder Hilfsstoffe zu benötigen, stellen aber ein Risiko für die öffentliche Gesundheit dar, da S. suis zoonotisch ist und der injizierte Stamm wieder virulent werden könnte. Der zweite Nachteil von attenuierten Lebendimpfstoffen gegen S. suis ist, dass natürlich oder experimentell infizierte Tiere niedrige Antikörpermengen produzieren, weshalb es schwer vorstellbar ist, dass ein abgeschwächter Stamm (der vom Wirt leicht eliminiert werden kann) in der Lage sein wird, eine schützende Reaktion auszulösen, wenn ein virulenter Stamm dazu nicht in der Lage ist. Tatsächlich könnte diese Tatsache erklären, warum in den meisten Studien zu attenuierten Lebendimpfstoffen mehrfach injiziert wurde (Segura M., 2015).

Die letzte Art von Impfstoffen, die üblicherweise für die S. suis-Prävention untersucht werden, sind abgetötete (inaktivierte) Bakterien oder Bestandteile von Bakterien, was zwar das Risiko für die öffentliche Gesundheit begrenzt, aber auch ihre Fähigkeit, das Immunsystem zu stimulieren, und somit zu kontroversen Ergebnissen führt (Segura M., 2015). Tatsächlich stellen autogene Bestandteile von Bakterien die einzige verfügbare Option in der Praxis dar. Diese bakteriellen Impfstoffe werden für einen bestimmten Betrieb durch Probenahme von Tieren aus der betroffenen Herde hergestellt. Trotz der großen Unterschiede bei S. suis-Infektionen nach Regionen sind geimpfte Tiere gegenüber dem Stamm oder den Stämmen geschützt, die innerhalb der betroffenen Herde zu klinischen Problemen führten. Die Diagnose von S. suis als primäre Krankheitsursache kann jedoch die Wahl des Stamms oder der Stämme, die in den autogenen Impfstoff aufgenommen werden sollen, erschweren. Dennoch sind weitere Untersuchungen aller Arten von Impfstoffen erforderlich, bevor Schlussfolgerungen gezogen werden können, die die endgültige Lösung darstellen. Bis 2019 wurden beim Großteil der Veröffentlichungen über S. suis-Impfungen Untereinheitenimpfstoffe, dann Bestandteile von Bakterien und schließlich attenuierte Lebendimpfstoffe untersucht (Abb. 2).

Abbildung 2: Anzahl der Untersuchungen pro Typ des Streptococcus suis-Impfstoffs seit 1990 (unter Verwendung von Informationen aus Segura M., 2015 und der PubMed-Datenbank). In einigen Veröffentlichungen waren Impfstoffe mit Bestandteilen von Bakterien nicht der primäre Impfstofftyp, der untersucht wurde, sondern sie wurden im Rahmen einer Kontrolle untersucht. 2*: Nur zwei veröffentlichte Feldstudien wurden mit autogenen Bestandteilen von Bakterien durchgeführt, die lizenzierte Unternehmen präpariert hatten.
Abbildung 2: Anzahl der Untersuchungen pro Typ des Streptococcus suis-Impfstoffs seit 1990 (unter Verwendung von Informationen aus Segura M., 2015 und der PubMed-Datenbank). In einigen Veröffentlichungen waren Impfstoffe mit Bestandteilen von Bakterien nicht der primäre Impfstofftyp, der untersucht wurde, sondern sie wurden im Rahmen einer Kontrolle untersucht. 2*: Nur zwei veröffentlichte Feldstudien wurden mit autogenen Bestandteilen von Bakterien durchgeführt, die lizenzierte Unternehmen präpariert hatten.

Herausforderungen bei der Entwicklung von S. suis-Impfstoffen

Derzeit gibt es keine internationale Vereinbarung darüber, wie die Wirksamkeit von Impfstoffen getestet werden sollte, was bedeutet, dass es sehr schwierig ist, die Ergebnisse verschiedener Formulierungen zu vergleichen. Es gibt nicht nur Unterschiede zwischen den Studien bezüglich der Impfstoffformulierung, der Auffrischungsimpfungen und der immunisierten Tiere (Sauen vs. Ferkel), sondern auch bezüglich der Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden, um festzustellen, ob ein Impfstoff die Tiere letztendlich doch schützt! Die Klassifizierung der Antikörper in ihre Isotypen (oder Unterklassen von Antikörpern) ist wichtig, um eine Vorhersage der Art der Immunantwort zu ermöglichen, die durch Immunisierung erzeugt wird: Die ideale Reaktion führt zur Vernichtung der Bakterien. Im Fall von S. suis kann dieser Effekt durch einen Test zur Bestimmung der bakteriziden Wirkung (Killing assay) gemessen werden, der sicherstellt, dass die aufgrund des Impfstoffs gebildeten Antikörper funktionsfähig sind. Die Funktionsfähigkeit hängt vom gebildeten Antikörperisotyp ab: Nicht alle von ihnen sind imstande die Eliminierung von S. suis zu induzieren. Derzeit gibt es jedoch keine standardisierten Protokolle zum Testen der Wirksamkeit von S. suis-Impfstoffen (z. B. Tiermodell, experimentelle Infizierung, Tests zur Bestimmung der bakteriziden Wirkung usw.), was zur Verwirrung bei der Interpretation der Ergebnisse von Impfstoffstudien beiträgt (Segura M., 2015). So wurde in den 17 Studien zu S. suis-Impfstoffen, die zwischen 2015 und 2019 veröffentlicht wurden, überwiegend auf das Vorhandensein von Antikörpern getestet und die Mortalität bei Mäusen beurteilt. Nicht einmal bei der Hälfte der oben genannten Studien wurden Tests zur Bestimmung der bakteriziden Wirkung durchgeführt (wobei die angewandte Methodik stark variierte) und/oder die Art oder Arten der gebildeten Antikörper analysiert. Noch seltener wurden die Morbidität/Mortalität bewertet oder Tests bei Schweinen durchgeführt! Bemerkenswert ist: Während die Impfung von Mäusen bei negativen Ergebnissen eine interessante Vorhersagekraft bietet, müssen vielversprechende Impfstoffkandidaten unbedingt an Schweinen unter kontrollierten Versuchsbedingungen getestet werden (Abb. 3). Doch die experimentelle S. suis-Infektion der üblichen Ferkel unter Laborbedingungen führt zu uneinheitlichen Ergebnissen, was einen weiteren Nachteil in der Impfstoffentwicklung bedeutet. Tatsächlich sind die meisten S. suis-Serotypen nicht in der Lage, unter experimentellen Bedingungen klinische Anzeichen hervorzurufen. Im Falle von autogenen Impfstoffen gibt es fast keine (in den letzten 30 Jahren nur 2 veröffentlichte Publikationen, Abb. 2) oder unvollständige Berichte und in den meisten Fällen fehlt eine (nicht geimpfte) Kontrollgruppe, um wissenschaftlich fundierte Schlussfolgerungen ziehen zu können (Segura M., 2015).

Abbildung 3: Schritte bei experimentellen Impfstoff-Wirksamkeitstests (nach Impfstofftyp)
Abbildung 3: Schritte bei experimentellen Impfstoff-Wirksamkeitstests (nach Impfstofftyp)

Leider sind Impfstofftests nicht der einzige Bereich, in dem uns Kenntnisse fehlen. Weitere Studien über Interferenzen mit maternalen Antikörpern sind notwendig, um eindeutig festzustellen, ob es sich empfiehlt Sauen oder Ferkel zu impfen und wann man dies tun sollte. Es ist wichtig, das optimale Fenster für die Impfung der Ferkel zu finden, nachdem die von der Sau weitergegebenen Antikörper verschwunden sind, aber bevor das Ferkel völlig ungeschützt (und damit anfällig für Infektionen) ist. Schließlich muss der gewählte Impfstoff auch für den großflächigen Einsatz praktikabel sein. Die Minimierung der Anzahl der notwendigen Auffrischungsimpfungen und das Priorisieren der Immunisierung von Sauen anstelle der Ferkel würden sich hinsichtlich der Senkung der Kosten und des Aufwands für die Produzenten als wertvoll erweisen. Diese Fragen erschweren die Entwicklung eines idealen Impfstoffs zusätzlich.

Was brauchen wir?

Angesichts der zunehmenden Beschränkungen für den Einsatz von Antibiotika auf der ganzen Welt sind weitere Studien zur Entwicklung und/oder Verbesserung von S. suis-Impfstoffen von entscheidender Bedeutung. Angesichts der großen Vielfalt unter den S. suis-Infektionen je nach Region sind autogene Impfstoffe wahrscheinlich die beste Option für den Schutz gegen dieses Bakterium, das ein Risiko für Schweine und die menschliche Gesundheit darstellt. Dennoch muss das Testprotokoll für diese Impfstoffe auf internationaler Ebene dringend standardisiert werden und sind weitere Studien erforderlich, um umgehend kohärente Schlussfolgerungen zu diesem Thema zu ziehen, bevor wir die Kontrolle über S. suis verlieren.

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