Fortschritte bei der Entwicklung von Impfstoffen und den Systemen zu ihrer Verabreichung, welche die Wirksamkeit des Impfstoffs, die Sicherheit oder Komplianz erhöhen und die Stressbelastung der Tiere minimieren, sind in der Schweineindustrie unbedingt erforderlich. Dieser Artikel ist eine Aktualisierung unseres Berichts von 2008 in der Zeitschrift Swine Health and Production über die nadelfreie Technologie und ihren Einsatz bei der Bekämpfung von Krankheiten beim Schwein. Injektionsspritzen mit Nadel stellten die vorherrschende Methode bei der Verabreichung von Impfstoffen und Medikamenten bei Schweinen dar. Obwohl Spritzen mit Nadel kostengünstig sind und sich den unterschiedlichen Situationen leicht anpassen lassen, bietet die nadelfreie Technologie im Vergleich zu konventionellen Verfahren zur Verabreichung von Impfstoffen Vorteile. Diese betreffen beispielsweise das Vermeiden gebrochener Nadeln, die gleichmäßige Verabreichung des Impfstoffs, die geringere Impfstoffmenge und eine höhere Antigenverteilung, die Vermeidung versehentlicher Nadelstichverletzungen des Personals, den Wegfall der Entsorgung der Nadeln sowie weniger Schmerzen und Stress (Tabelle 1). Das Vermeiden gebrochener Nadeln und versehentlicher Nadelstichverletzungen spielen beim US-amerikanischen Qualitätssicherungsprogramm für Schweinefleisch (PQA) eine große Rolle. Nadelfreie Injektionsgeräte (englische Abkürzung: NFID) führen zu einem Hochdruckstrom, der die Epidermis und Dermis und teilweise auch das subkutane Gewebe durchdringt (Abb. 1, Tabelle A). Durch nadelfreie Injektionsgeräte verabreichte Schweineimpfstoffe kommen aufgrund der höheren Antigenverteilung und des Kontakts mit den antigenpräsentierenden Zellen, die in der Haut zu finden sind, mit der Hälfte bis zu einem Zehntel der Dosis aus, die bei intramuskulären Impfstoffen erforderlich ist (Abb. 2). Die Zahl der Nadelstichverletzungen bei den Arbeitern der Schweinemastbetriebe ist nicht bekannt, aber Nadelstichverletzungen stellten bei 580 von 794 (73%) befragten Veterinärmedizinern, die sich verletzten, den höchsten Anteil an Körperverletzungen dar. 36 Prozent dieser Verletzungen führten zu Beeinträchtigungen (Schmerzen, lokale Schwellungen, Hämatome, Infektionen, oberflächliche Abszesse und Entzündung des Zellgewebes). Es hat sich herausgestellt, dass die neue Generation nadelfreier Geräte den Schmerz und Stress bei der Impfung von Menschen im Vergleich zu Injektionsspritzen mit Nadel verringert, obwohl es auch einige Klagen über Schmerzen nach der Impfung gab.
Tabelle 1: Vor- und Nachteile nadelfreier Injektionsgeräte
Vorteile |
Nachteile |
Vermeiden gebrochener Nadeln Gleichmäßige Verabreichung des Impfstoffs Geringere Impfstoffmenge Höhere Antigenverteilung Vermeidung von Nadelstichverletzungen des Personals Wegfall der Entsorgung der Nadeln Weniger Schmerzen und Stress |
Höhere Anlaufkosten Infrastruktur für die Gassysteme Höhere Anforderungen an Schulung und Wartung Keine Einheitsgröße der nadelfreien Injektionsgeräte Vertrauen des Personals in nadelfreie Injektionsgeräte |
Abbildung 1: Immunisierung durch die Haut: A) Durch die nadelfreie Injektion flüssiger Substanzen gelangt der Impfstoff je nach Parameter der Injektion in den Muskel oder in subkutane oder dermale Bereiche. B) Die epidermale Impfung durch Pulverinjektion bringt pulverförmige Impfstoffe bis in die oberen Hautschichten (d. h. die Epidermis und die oberen Schichten der Dermis), wo sie von den Langerhans-Zellen erkannt werden. C) Durch die topische Applikation der Impfstoffe gelangen die Impfstoffe in die Epidermis, wo sie von den Langerhans-Zellen erkannt und verarbeitet werden. Die Immunisierung durch die topische Impfstoffapplikation ist durch unterschiedliche Verfahren möglich. Ca) Die DNA-Immunisierung kann durch Haarfollikel erfolgen. Cb) Durch Tape Stripping wird das Stratum corneum entfernt, was die Absorption des Impfstoffs erleichtert. Cc) Durch die thermale oder durch Radiowellen unterstützte Abtragung des Stratum corneum entstehen Mikroporen, die die Übertragung des Impfstoffs erhöhen. Cd) Kolloidale Träger wie z. B. Mikroemulsionen und Transfersome erhöhen die dermale Absorption topisch verabreichter Impfstoffe. Ce) Niederfrequenter Ultraschall ist ein Adjuvans für topisch verabreichte Impfstoffe und erhöht auch die Übertragung des Impfstoffs auf die Haut. Cf) Topisch verabreichte Adjuvanzien, wie z. B. Choleratoxin, können starke Immunreaktionen hervorrufen. Cg) Die Elektroporation des Stratum corneum erhöht die Abgabe der DNA-Impfstoffe an die Epidermis. Ch) In die Epidermis eindringende, extrem kurze Mikronadeln geben die Impfstoffe wirkungsvoll ab. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Macmillan Publishers Ltd..
Abbildung 2: Verteilung der dendritischen Zellen in der Epidermis, Dermis und im Unterhautgewebe des Schweins. Die dendritischen Zellen sind braun gefärbt. (Foto mit freundlicher Gnehmigung von Dr. Charles Nfon und Dr. William Golde, Plum Island Animal Diseases Center, Agricultural Reseach Service, Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten)
Abbildung 3: Versuchsanordnung zur Beurteilung der Möglichkeit, mit einem nadelfreien Injektionsgerät der hämatogenen Übertragung von PRRSV vorzubeugen.
Nadelfreie Geräte weisen auch Nachteile auf. Dazu zählen die Anlaufkosten für die Ausstattung, die Infrastruktur für die Gasspeicherung (für die Systeme, die komprimiertes Gas oder CO2-Gas benutzen), die erforderliche technische und operative Fachkompetenz (Schulung des Bedienungspersonals und Wartung der Geräte) und die Unmöglichkeit des vollständigen Ersatzes der Injektionsspritzen in der Schweineproduktion (Tab. 1). Die Kosten der Ausstattung richten sich nach der Art der nadelfreien Impfpistole für die Mastbuchten und es gibt zusätzliche Kosten, die in Verbindung mit der Wartung und der Infrastruktur stehen, insbesondere bei Geräten, die mit komprimiertem Gas arbeiten. Die nadelfreie Verabreichung erfordert ein konsequentes Anwendungsverfahren. Nadelfreie Geräte sind für die Verabreichung des Impfstoffs in senkrechtem Winkel (90º) zur Hautoberfläche geeicht. Impfungen, die in spitzerem und stumpferem Winkel durchgeführt werden, beeinträchtigen die Verteilung des Impfstoffs im Gewebe. Darüber hinaus ist aufgrund der beweglichen Elemente und des Gassystems eine regelmäßige Wartung erforderlich. Schließlich gibt es für die Anwendungen, die eine Injektion erforderlich machen, keine Einheitsgröße der nadelfreien Geräte. Unterschiede beim Alter der Schweine, den Behandlungsdosen und der Viskosität der zu injizierenden Substanzen machen unterschiedliche Injektionsmengen, unterschiedlichen Injektionsdruck und sogar verschiedene nadelfreie Injektionsgeräte erforderlich. Ein weiterer Grund für die Benutzung von transdermalen Systemen war die Überlegung, dass diese Geräte im Vergleich zum Einsatz von Nadeln die Ausbreitung von Tier zu Tier eindämmen würden. Die Impfung von PRRSV-positiven Tieren mit transdermalen Geräten übertragen PRRSV auf negative Tiere in 25% der Fälle im Vergleich zu 100% bei Tieren, die mit Nadeln geimpft wurden (Abb. 3). Obwohl die transdermalen Geräte die Ausbreitung der Krankheit sicherlich verringert haben, zeigt dies, dass Infektionen durch transdermale Geräte übertragen werden können und das Personal dennoch gute hygienische Praktiken zur Desinfizierung der transdermalen Geräte benötigt.
Gründe für die niedrige Umsetzungsrate in der Schweineindustrie liegen auch in den Kosten des Geräts und der damit verbundenen Wartungs- und Infrastrukturkosten, der größeren Komplexität im Vergleich zu Spritzen mit Nadel, der Ungewissheit, ob das Tier geimpft wurde (d. h. keine Ersichtlichkeit, dass das Tier geimpft ist und/oder kein „feuchter Fleck“ an der Injektionsstelle) und der notwendigen Schulung. Schließlich haben die transdermalen Geräte viele Vorteile bei der Verabreichung der Impfstoffe und Medikamente beim Schwein. Sie erfordern jedoch eine ausgezeichnete Schulung des Personals und eine hervorragende Wartung der Ausstattung.