Einleitung
Der Fall ereignete sich auf einem spanischen Betrieb in einer Region mit sehr hoher Schweinedichte. Der Bestand besitzt einen für diese Region üblichen Gesundheitsstatus (PRRS +, Aujeszky -). Die Sauen werden gegen Parvo/Rotlauf (reproduktionsorientiert) sowie alle 4 Monate gegen die Aujeszkysche Krankheit und PRRS (Lebendimpfstoff, Bestandsimpfung) geimpft.
Der Betrieb fiel schon in der Vergangenheit immer wieder durch schlechte Reproduktionsleistungen auf, die sich durch vermehrte Umrauscher und leere Sauen beim Ultraschall-Scan äußerten. Im Oktober 2009 wurde versucht diese schlechten Leistungen durch die Einführung eines 3-Wochen-Rhythmus und einer 28-tägigen Säugezeit zu verbessern. Außerdem wurde das Sperma zukünftig von einer Besamungsstation bezogen. In der folgenden Zeit verbesserten sich die Reproduktionsergebnisse signifikant, sodass die Mehrheit der Sauengruppen eine Abferkelquote von 90% erreichte.
Ab Februar 2010 verschlechterte sich die Abferkelrate bei den aufeinanderfolgenden Gruppen und erreichte einen Wert von 82%. Außerdem stieg der Anteil an negativ getesteten Sauen bei der Trächtigkeitskontrolle auf etwa 5%. Zur selben Zeit nahm auch der Anteil an Sauen mit einem verzögerten Absetz-Rausche-Intervall zu.
Daraufhin wurde im August 2010 eine Bestandsuntersuchung durchgeführt und dabei die Umrauschquoten der letzten 8 Monate analysiert.
Wurf- Nr. |
Umrauschrate (%) | Abferkelrate (%) | Gesamt | Ziel | Jahres- durchschnitt | ||
1 | 9,3 | 85,8 | Umrauscher | 174 | < 10 % | 11,5 % | |
2 | 17,3 | 81,3 | regelmäßiges Umrauschen, gesamt | 97 | < 6 % | 6,4 % | |
3 | 15,6 | 76,1 | rglm. Umrauschen 1 | 73 | 4,8 % | ||
4 | 6,1 | 85,7 | rglm. Umrauschen 2 | 24 | 1,6 % | ||
5 | 8,9 | 82,2 | Rglm. U2/rglm. U gesamt | < 10 % | 24,7 % | ||
6 | 4,5 | 79,5 | Unregelmäßiges Umrauschen, gesamt | 55 | < 4 % | 3,6 % | |
7 | 0 | 84,8 | Unrglm. Umrauschen 1 | 32 | 2,1 % | ||
8 | 0 | 80,0 | Unrglm. Umrauschen 2 | 23 | 1,5 % | ||
9 | 0 | 66,7 | Unrglm. U gesamt/rglm. U gesamt | < 30 bis 35 % | 31,6 % | ||
Unrglm. U2/unrglm. U gesamt | < 30 % | 41,8 % | |||||
Frühe Umrauscher | 8 | < 0,5 % | 0,5 % | ||||
Späte Umrauscher | 8 | < 0,5 % | 0,5 % | ||||
Leere Sauen | 6 | < 0,5 % | 0,4 % | ||||
Leere Sauen ≥ 60d: Aborte | 2 | ||||||
Leere Sauen ≥ 60d: Umrauscher | 4 |
Abb. 1. Auswertung der Umrauscher von Februar bis August 2010
Auswertung der Umrauscher der letzten Monate
- Der prozentuale Anteil an Umrauscher ist zu hoch: 11,5%.
- Die Abferkelraten sind niedrig, allerdings sind kaum Unterschiede zwischen den Wurfnummern zu beobachten. Allein die Ergebnisse der Sauen im 2. Wurf sind schlechter (bedingt durch das Zweite-Wurf-Syndrom) und besonders die der Sauen im 3. Wurf, was schwer zu erklären ist.
- Zwischen Tag 31 und 39 stieg die Zahl der Umrauscher ungewöhnlich an. Die Mehrzahl der Sauen war zuvor im Ultraschalltest negativ getestet worden und zeigte die Rausche vor dem 42. Tag (hauptsächlich zwischen dem 36. und 39. Tag).
Schlussfolgerung aus den Umrausch-Befunden
Ein hoher Anteil an Umrauscher zwischen dem 31. und 39. Tag ist schwer zu erklären. Folgende zwei Erklärungsansätze gibt es:
Option 1: Die Sauen verferkelten zwischen Tag 25 und 35. Allerdings passt dieser Ansatz nicht richtig, da die Sauen hierbei beim Ultraschalltest (an Tag 25) ein positives Ergebnis haben müssten. Und auch die meisten Sauen mit positivem Scan verferkelten anschließend nicht.
Option 2: Einige der Sauen waren bei der Besamung nicht richtig rauschig und die folgende Rausche wurde bei der Mehrzahl der Sauen nicht erkannt (Umrauschen zwischen Tag 7 und 18 nach der Besamung). Das würde auch die 0,5% an frühen Umrauschern (vor dem 18. Tag) erklären. Das Ergebnis wäre ein Umrauschen zwischen Tag 28 und 39 mit negativem Ultraschalltest, so wie wir es bei der Auswertung der Umrauschtage auch beobachten konnten (Abb. 1).
Eine Auswertung des Zeitraumes nach dem Absetzen, in dem die Sauen besamt wurden, zeigt, dass fast keine Sauen nach ungefähr 25 Tagen rauschig wurden (Abb. 2). Das dürfte aber bei denjenigen Sauen passieren, die keine normale Rausche nach dem Absetzen gezeigt haben.
Abb. 2. Tage bis zur ersten Besamung nach dem Absetzen (vom 01. Februar bis 01. August 2011)
Außerdem kann man einen verspäteten Rauscheeintritt (bei etwa 12% der abgesetzten Sauen) mit seinem Höhepunkt zwischen Tag 12 und 18 nach dem Absetzen beobachten. Allerdings tritt die Rausche zwischen Tag 7 und 11 nach dem Absetzen nur bei wenigen Sauen auf, was eigentlich der normale Zeitpunkt für einen verzögerten Rauscheeintritt wäre (z.B. bedingt durch eine schlechte Körperkondition nach dem Absetzen).
Das führt uns zu der Annahme, dass eventuell mehrere Sauen bereits während der letzten Woche der Säugezeit (Absetzen mit 28 Tagen) rauschig werden. Die Hypothese wäre hierbei, dass diese Sauen nicht zum korrekten Zeitpunkt nach dem Absetzen besamt würden.
Diese Hypothese wird durch folgende Punkte gestützt:
- Die meisten Sauen mit negativem Ultraschalltest sind diejenigen, die 4 Tage nach dem Absetzen besamt wurden (Montag).
- Bei den restlichen Tagen treten allgemein weniger Fehler (Umrauscher) auf und insbesondere auch weniger Sauen, die negativ getestet werden.
- Es besteht ein hoher Anteil an Sauen mit verzögertem Rauscheeintritt. Dabei handelt es sich um die Altsauen nach einer vorangegangenen Abferkelung. Die Jungsauen werden für die entsprechende Besamungswoche mit Altrenogest synchronisiert. Interessanterweise liefern diese Tiere die besten Ergebnisse.
Diese Situation tritt in den meisten Sauengruppen auf und hat sich seit September verschärft.
Das Sperma scheint keine entscheidende Rolle zu spielen, da es täglich frisch (mit Ausnahme von Donnerstag und am Wochenende) von einer Besamungsstation bezogen wird. Die Daten untermauern die Hypothese, dass einige Sauen (besonders diejenige am Montag nach dem Absetzen) ohne richtige Rauscheanzeichen besamt wurden, wahrscheinlich durch eine fehlerhafte Rauscheerkennung und damit die Besamung so früh wie möglich nach dem Absetzen stattfindet.
Eine Möglichkeit diese Hypothese zu bestätigen, wäre die genaue Identifizierung der Sauen, die während der Laktation rauschig werden. Dies könnte durch Ultraschalluntersuchungen nach dem Absetzen untersucht werden (dabei sollten Ovarien in der Lutealphase mit einem typischen, gleichmäßigen Bild zu erkennen sein) oder durch eine Befundung der Ovarien an geschlachteten Sauen nach dem Absetzen. In unserem Fall wurde eine Untersuchung der Progesteronwerte aus Blutproben von frisch abgesetzten Sauen durchgeführt. Die 58 Blutproben wurden am 25. November ohne Wissen des Landwirtes gezogen. 14 Proben (etwa 24% der Sauengruppe) zeigten hohe Progesterongehalte, was ein Hinweis darauf ist, dass sich die Sauen in der Lutealphase befinden und bereits während der Säugezeit ovuliert haben.
Tabelle 1. Progesteronwerte bei 58 abgesetzten Sauen
Progesterongehalt (ng/ml) | Anzahl der Sauen | |
Follikelwachstum und Ovulation | +/- 0,5 ng/ml | 44 |
3.-4. Zyklustag | 3 - 5 ng/ml | 5 |
7.-8. Zyklustag | +/- 15 ng/ml | 9 |
14.-15. Zyklustag | +/- 30 ng/ml | 0 |
Vier der 14 Sauen wurden am Montag, den 29. November, und eine am Dienstag, den 30. November, besamt. Diese fünf Sauen waren beim Ultraschalltest nicht tragend. Den Landwirt davon zu überzeugen, dass das Problem in der Rauscheerkennung lag, gestaltete sich schwierig. In den Monaten November, Dezember, Januar und Februar waren die Reproduktionsergebnisse besonders schlecht, was auch zu der Jahreszeit mit kalten und kurzen Tagen passt. Der Grund dafür waren aber nicht vermehrte Verferkelungen, sondern die Tatsache, dass die Sauen "zu gut" rauschig wurden. Ein hoher Anteil von ihnen (bis zu 25%) kam demnach bereits während der Laktation in die Rausche. Das Problem bestand somit in einer mangelhaften Rauscheerkennung und einem falschen Besamungszeitpunkt.
Ab März verbesserten sich die Leistungen, was auch mit den Änderungen in der Rauscheerkennung zusammenhängen dürfte. Im April gab es noch einen weiteren Leistungsschub, der auch saisonal bedingt sein könnte.
Warum rauschen Sauen bereits während der Säugezeit?
Einige laktierende Sauen zeigen LH-Peaks, die mit denen von abgesetzten Sauen vergleichbar sind.
Wenn dann noch weitere Faktoren den Stimulus der Ferkel während der Laktation beeinflussen, wie z.B. kleine Würfe, kleine oder nicht lebensfähige Ferkel, Würfe mit Durchfall, Umsetzen an Ammen, usw., kann sich die Situation noch verstärken. In unserem Fall zeigten die Sauen im 3. Wurf die schlechtesten Ergebnisse (diese Sauen wurden hauptsächlich als Ammen benutzt).
Mykotoxine, besonders das Ergotamin, welches durch den Pilz Claviceps purpurea produziert wird, können zu einer Unterdrückung der Prolaktinausschüttung führen, wodurch ein Rauscheeintritt während der Laktation begünstigt wird. Eine Untersuchung auf Mykotoxine im Futter wäre mit Sicherheit interessant, wurde aber in unserem Fall nicht durchgeführt.
Die hohen Futtermengen während der Säugezeit (besonders während der kalten Jahreszeit) gepaart mit dem kurzen photoperiodischen Effekt (was den Melatoningehalt steigert) sind wichtige Ursachen für einen Rauscheeintritt. Das ist der Grund, warum sich die Situation in den kälteren Monaten noch verschärfte.
Abb. 3. Auswertung der Umrauscher im Problemzeitraum.
79 Sauen rauschten zwischen dem 01. Sept. und 01. März 2011 um (Durchschnittlicher Umrauschtag: Tag 33,6)
Mit Blick auf die genaue Verteilung der Umrauscher im Problemzeitraum (von September bis März) lassen sich die aufgetretenen Reproduktionsstörungen erklären:
1. Ein hoher Anteil der Sauen rauschte bereits während der Laktation zwischen Tag 21 und 28.
2. Einige dieser Sauen wurden falsch besamt, besonders montags in der Besamungsgruppe.
3. Die eigentliche Rausche dieser Sauen würde etwa 14 Tage nach dem Absetzen eintreten. Wenn sie also besamt wurden, würden sie etwa 10 Tage nach der Besamung umrauschen.
4. Allerdings wurden nur wenige dieser Umrauscher erkannt, da in diesem Zeitraum keine lückenlose Rauscheerkennung stattfand. Das führte dazu, dass Sauen beim Ultraschalltest negativ getestet wurden und ab dem 25./26. und vor dem 42. Trächtigkeitstag umrauschten. Das erklärt den Höhepunkt der Umrauschquote um den 27. Tag. Auch das Auftreten von Umrauschern um den 23. Trächtigkeitstag könnte damit erklärt werden, dass einige Sauen um den 21. Tag ihrer Laktation bereits umrauschten und sie anschließend noch als Amme genommen und somit erst mit 42 Tagen abgesetzt wurden.
Fazit
Die Qualität der Rauscheerkennung ist und bleibt in vielen Fällen der Hauptgrund für Umrauscher. Dabei steigt häufig die Anzahl an unregelmäßigen Umrauschern an, was nicht bedeuten muss, dass ein Verferkeln stattgefunden haben muss. In diesen Situationen muss die Auswertung der Umrauschdaten besonders sorgfältig durchgeführt werden. Eine detaillierte Auflistung der Befunde pro Tag kann ein wertvolles Diagnostikmittel sein.
Der Rauscheeintritt während der Laktation zeigt sich als ein ansteigendes Problem, was wahrscheinlich zum einen durch die hohen Futteraufnahmen bedingt ist und zum anderen der hohen Fruchtbarkeit geschuldet ist. Aufgrund der hohen Fruchtbarkeit müssen immer mehr Veränderungen in den Würfen (Umsetzen, usw.) durchgeführt und Ammen eingesetzt werden, wodurch eine verfrühte Rausche eintreten kann. Eine Auswertung des Absetz-Beleg-Intervalls hilft uns, dem Problem in den Betrieben auf die Spur zu kommen.