Die Ammoniakemissionen (NH3) aus der Landwirtschaft in der Europäischen Union (EU) beliefen sich im Jahr 2020 auf insgesamt 3,2 Mio. t, was 96,6 % der gesamten Ammoniakemissionen entspricht. Davon entfallen schätzungsweise 67 % auf die Güllewirtschaft, was einem leichten Rückgang von 5 % gegenüber 2008 entspricht. Während die gesamten Treibhausgasemissionen in der EU im Zeitraum 2008-2020 um 27 % zurückgingen, blieben die Emissionen des Agrarsektors mit rund 465 Mio. t CO2eq/Jahr nahezu unverändert. Dies entspricht 16,9 % der Gesamtemissionen im Jahr 2020, wobei Methan (CH4) für 44,5 % dieser Emissionen verantwortlich ist. Diese Emissionen müssen dringend reduziert werden, um die globale Erwärmung und ihre Folgen zu bekämpfen.
Der Gesamt- und der Ammoniumstickstoff in Gülle lassen sich relativ einfach messen, so dass die Menge, die auf einem Feld ausgebracht werden muss, um den Bedarf der Pflanzen zu decken und die EU-Nitratrichtlinie einzuhalten, leicht abgeschätzt werden kann. Stickstoff in Form von Ammoniak (NH3) oder Distickstoffoxid (N2O) und Methan (CH4) sind dagegen nicht so einfach zu messen. Sie sind unsichtbare Feinde.
Problematisch ist, dass die Tiere diese Gase einatmen und davon betroffen sind, wenn die Gülle in Gruben unter den Spaltenböden gelagert wird, dass der verflüchtigte Stickstoff den Düngewert und den wirtschaftlichen Wert der Gülle mindert und dass die CH4-Emissionen das Potenzial zur Erzeugung von Biogas für energetische und wirtschaftliche Zwecke verringern. Darüber hinaus haben diese Gase negative Auswirkungen auf die Umwelt, da sie im Falle von NH3 und Stickoxiden sauren Regen verursachen und einen Treibhauseffekt haben, der im Falle von CH4 etwa 25-mal stärker und im Falle von N2O 298-mal stärker ist als der von CO2. Die Vermeidung von NH3-, N2O- und CH4-Emissionen muss eines der Ziele eines verbesserten Güllemanagements sein.
Die Hauptquelle für Ammoniumstickstoff ist Harnstoff, gefolgt von der anaeroben Zersetzung von eiweißhaltigem organischem Material. Ammoniumstickstoff liegt im flüssigen Medium in ionisierter Form (NH4+) und als NH3 vor. Das Gleichgewicht zwischen NH4+ und NH3 hängt vom pH-Wert und von der Temperatur ab. Mit steigender Temperatur bzw. steigendem pH-Wert verschiebt sich das Gleichgewicht nach rechts (wie in der Abbildung dargestellt), wobei sich mehr flüchtiges NH3 bildet.
CH4 entsteht bei der anaeroben Zersetzung von organischem Material. Je mehr verdauliche flüchtige Feststoffe die organische Substanz in der Gülle enthält, desto mehr CH4 kann gebildet werden.
Ein drittes Gas, das emittiert wird, ist Kohlendioxid (CO2). Da es biogenen Ursprungs ist, wird es nicht zu den Treibhausgasen gezählt. Im flüssigen Medium steht dieses Gas im Gleichgewicht mit Bicarbonat (CO3H-), das den pH-Wert des Mediums reguliert. Wenn sich die Protonen (H+), die an den oben genannten Reaktionen beteiligt sind, ansammeln, kann der pH-Wert sinken. In diesem Fall verschiebt sich jedoch das Gleichgewicht zwischen CO2 und CO3H- nach links und CO2 wird freigesetzt, was dazu beiträgt, den pH-Wert im neutralen Bereich oder leicht darüber zu halten. Dies wirkt sich negativ auf den Säureverbrauch aus, wenn die Gülle zur Vermeidung von NH3-Emissionen angesäuert werden soll.
Direkte N2O-Emissionen entstehen durch Oxidationsreaktionen von Ammonium zu Nitrit oder Nitrat bzw. deren Reduktion zu N2-Gas. Diese Reaktionen können kontrolliert in biologischen Nitrifikations-/Denitrifikationssystemen oder unkontrolliert auf rauen, der Atmosphäre ausgesetzten Oberflächen (natürlich verkrustete Güllelagunen, Haufen mit separierten Feststoffen usw.) ablaufen. Es wird angenommen, dass 1 % des sich verflüchtigenden NH3 in der Atmosphäre zu N2O oxidiert wird (indirekte Emissionen).