Obwohl das Virus des Reproduktions- und Atemwegssyndroms der Schweine (PRRS) vor über 30 Jahren entdeckt wurde, stellt diese Krankheit für Tierärzte und Produzenten auf der ganzen Welt immer noch eine Herausforderung dar. Es wurde dargelegt, dass die Kontrolle des PRRS-Virus auf vier Säulen beruht: der frühen Diagnose und Überwachung, der Biosicherheit, dem Herdenmanagement und der Immunisierung. Allerdings bestimmt wohl die Heterogenität zwischen den beiden Hauptgenotypen (EU-Typ I und NA-Typ II) auf molekularer Ebene zusammen mit den Merkmalen der Schweineindustrie in verschiedenen Teilen der Welt die Unterschiede bei der Herangehensweise an die Bekämpfung dieser Krankheit. Wir haben demzufolge eine Reihe von Artikeln zusammengestellt, in denen wir die unterschiedlichen Perspektiven und Meinungen der PRRS-Kontrolle mit Tierärzten für Schweine aus einigen der weltweit wichtigsten Schweinefleisch produzierenden Regionen Deutschland, USA, Spanien und China hervorheben werden. In diesem ersten Artikel einer ganzen Serie, die PRRS gewidmet ist, beschreiben wir den Umgang mit PRRS weltweit.
Alle befragten Tierärzte waren sich zweifellos einig bezüglich der Bedeutung der Krankheit in ihren jeweiligen Regionen. Albert Vidal, der technische Leiter von Vall Companys, dem größten vertikal integrierten Produktionssystem in Spanien mit 104.000 Sauen und einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 1.500 Tieren, betonte, dass es sich um eine sehr frustrierende Krankheit handelt. Aus Vidals Sicht besteht die größte Herausforderung für sie darin, die Übertragungsmechanismen des Virus zwischen den Betrieben vollständig zu verstehen, da sich seine Betriebe in Gebieten mit hoher Schweinebesatzdichte befinden. Infolgedessen konzentrieren sie ihre tägliche Arbeit auf die Prävention anderer vorhersagbarer Krankheiten, die durch Organismen wie Brachyspira hyodysenteriae oder Actinobacillus pleuropneumoniae verursacht werden. Inge Böhne, eine selbständige Tierärztin aus Niedersachsen, Deutschland, stimmt mit Vidal überein und definiert PRRS als eine sehr häufige Erkrankung in ihrem Gebiet. Als Inhaberin einer Schweineklinik betreut sie insgesamt 10.000 Sauen bei einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 200 Sauen/ Betrieb. Bei ihrer täglichen Arbeit beschäftigt sie sich mit anderen Krankheitserregern (wie Influenza, PCV2 oder Colibacillose), aber das Hauptproblem stellt PRRS dar, weil diese Krankheit immer präsent ist. Andrea Pitkin wiederum verwendet den Begriff „beängstigend“ bei der Definition der Krankheit, da man nie weiß, von welchem Stamm der Betrieb als Nächstes infiziert wird. Pitkin weiß aufgrund ihrer Arbeit als Tierärztin, die seit 2015 bei PIC USA mit der Gesundheitsüberwachung betraut ist, und aufgrund ihrer früheren Erfahrungen als Tierärztin in einer der größten Schweinekliniken im oberen Mittleren Westen der USA sehr gut, wie sich das PRRS-Virus verhält. Die Diversität des Virus und die begrenzten Informationen darüber, wie diese molekularen Veränderungen mit den Veränderungen der Virulenz und der Pathogenese korrelieren, sind ihre größte Sorge bei dieser Krankheit. In China hat Bill Wang Erfahrung im Umgang mit PRRS in traditionellen Familienbetrieben (200 Schweine) und in Großbetrieben. Er ist einer der Tierärzte des Konzerns DanAg Agritech Consulting, dessen größter Kunde 80.000 Sauen besitzt, bei einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 5.000 Sauen pro Betrieb. Trotz vieler anderer infektiöser Herausforderungen in der chinesischen Schweineindustrie hält Wang PRRS für die wichtigste hinsichtlich der wirtschaftlichen Verluste und der Schwierigkeit, die Krankheit unter Kontrolle zu bringen. Er betrachtet die Komplexität der Immunantwort gegen das PRRS-Virus als die größte Herausforderung bei der Kontrolle der Krankheit in den Betrieben. Neutralisierende Antikörper und die zelluläre Immunantwort gegenüber dem PRRS-Virus sind komplex und kosten Zeit. Der fehlende Zusammenhang zwischen dem Auftreten normaler Antikörper gegen das PRRS-Virus und dem Schutz gegen die Krankheit ist eine unter Produzenten schwer zu verstehende Vorstellung und seiner Meinung nach der Schlüssel für die Bekämpfung und Eliminierung von PRRS.
Beim Eindringen des PRRS-Virus in einen Betrieb waren sich alle befragten Tierärzte bezüglich der umzusetzenden Strategien zur Wiederherstellung eines stabilen Status einig. Aber ist es auch das Ziel aller, das Feldvirus zu eliminieren? Pitkin und Wang astimmten darin überein, dass dies von der Art des Betriebs abhängt. Pitkin unterscheidet zwischen Mastbetrieben und Zuchtbetrieben. Sie versichert, dass sich alle Züchter in Nordamerika dafür entscheiden, das Virus auszurotten, wenn sie infiziert werden. Dieser Ansatz steht im Widerspruch zu den 90 % der Mastbetriebe, die sich für die Stabilisierung und die Koexistenz entscheiden. Wang Wang unterschied zwischen reinen Zuchtbetrieben und Zucht- und Mastbetrieben und hob die Rolle hervor, die der Tierarzt des Betriebs bei dieser Entscheidung spielen kann. Aus Vidals Perspektive ist die Reihenfolge der 3 wichtigsten Variablen, die die Ausrottung der Krankheit in den Betrieben unterstützen werden, folgende: 1) Standort 2) Standort und 3) Standort!!!! Sein System verfolgt das Ziel der Ausrottung in Zuchtbetrieben nur nach der erfolgreichen Untersuchung eines Ausbruchs und dies nur dann, wenn die Krankengeschichte für die Wahrscheinlichkeit spricht, negativ bleiben zu können. Ähnlich wie Vidal beschreibt Böhne ihr Gebiet in Deutschland als ein Gebiet mit sehr hoher Schweinebesatzdichte, aber in ihrem Fall versuchen aufgrund der großen Anzahl an Schweinen, die aus anderen Ländern (wie Dänemark und den Niederlanden) kommen und fortlaufend aufgenommen werden, nur sehr wenige Betriebe (mit Ausnahme einiger Zuchtbetriebe) das Virus auszurotten. Sie bemerkt, dass eine gute externe Biosicherheit notwendig ist und empfiehlt einen Abstand von mindestens 2 km zum nächstgelegenen benachbarten Betrieb.
In den kommenden Artikeln werden wir beschreiben, wie diese Tierärzte die Akklimatisierung der Jungsauen und die Krankheitsüberwachung beim PRRS-Virus angehen.