Vorstellung des Betriebes
Der klinische Fall ereignete sich auf einem neu gegründeten Kombibetrieb im Süden Polens. Dort wurden 900 Hybrid-Jungsauen mit einem hohen Gesundheitsstatus (PCV2-positiv) aufgestallt. Um eine Eigenremontierung durchführen zu können, wurde ein betriebseigener Vermehrungsbestand aufgebaut. Die Sauen werden gegen Rotlauf, Porzines Parvovirus (PPV) und neonatale Colidiarrhoe geimpft. Das Absetzalter der Ferkel beträgt drei Wochen.
PRRS Ausbruch
Eine regelmäßig durchgeführte serologische Untersuchung zeigte, dass der Bestand sieben Monate frei von PRRSV blieb. Danach wurden Reproduktionsstörungen bei den Sauen beobachtet. Die Fruchtbarkeitsrate fiel in diesem Zusammenhang von 89,3% auf 62% und die Anzahl an Totgeburten stieg von 2,8 auf 6,4% (Abb. 1.a). Gleichzeitig zu den Fruchtbarkeitsstörungen wurde eine Serokonversion gegen PRRSV nachgewiesen. Die Ergebnisse des indirekten PRRSV-ELISA deuteten auf eine Infektion mit dem EU-Feldstamm hin.
Abb. 1.a Ausgewählte Leistungsparameter einen Monat vor dem PRRS Ausbruch (-1) bis 27 Monate danach.
PMWS Ausbruch
Einen Monat nachdem die Reproduktionsstörungen bei den Sauen auftraten, wurden bei den 6-8 Wochen alten Absetzferkeln akute Atemwegsprobleme und Diarrhoe beobachtet, die nicht auf eine Behandlung mit Antibiotika ansprachen. Die Mortalitätsrate dieser Gruppe stieg einen Monat nach Auftreten der Symptome von 1,8% auf 4,5%. Außerdem stieg im selben Zeitraum auch der Anteil an Kümmerern von 4% auf 7,9% (Abb. 1.b). Die Sektion von 4 Absetzferkeln im Alter von 8 Wochen lieferte folgende Ergebnisse: vergrößerte Lymphknoten, eine vergrößerte Leber, vergrößerte und blasse Nieren mit generalisierten kortikalen Petechien. Dazu konnten mit Hilfe mikroskopischer Untersuchungen der Lymphknoten unterschiedliche Grade einer Lymphozytendepletion und histiozytäre Infiltrationen bei allen Tieren nachgewiesen werden. Die In-situ-Hybridisierung (ISH) mit einer PCV2 spezifischen DNA-Sonde zeigte das vermehrte Vorliegen von PCV2-DNA innerhalb dieser Läsionen. Die Definitionskriterien für einen PMWS-Fall sind somit durch die histopathologischen Ergebnisse und die klinischen Symptome erfüllt.
Abb. 1.b Ausgewählte Leistungsparameter einen Monat vor dem PRRS Ausbruch (-1) bis 27 Monate danach.
Foto 1. Vergrößerte, schlecht retrahierte, gummiartige, fleckige Lunge; hinweisend auf eine interstitielle Pneumonie.
Foto 2. Flüssigkeit in der Brusthöhle.
Bekämpfungsmaßnahmen
Sofort nach dem Nachweis des PRRS Ausbruchs wurde im Sauenbestand und im betriebseigenen Vermehrungsbestand für drei Monate keine Remontierung mehr durchgeführt (im englischsprachigen Raum als „herd closure“ = „Schließung der Herde“ bezeichnet), um die PRRSV Zirkulation in den Griff zu bekommen. Später wurden nur innerbetrieblich aufgezogene PRRSV-seropositive Jungsauen für die Remontierung genommen. Diese Jungsauen konnten sich mit den in den Mastställen vorkommenden PRRSV Stämmen auseinandersetzen, indem sie drei bis vier Monate dort gehalten wurden. Vor der Anpaarung wurde die PRRSV Serokonversion durch serologische Untersuchungen bestätigt.
Nach der Diagnose PMWS wurden die folgenden Maßnahmen durchgeführt:
- Verbesserung der Haltungsbedingungen und des Umfelds (Luftqualität, Temperatur),
- Verbesserung der Fütterung von Sauen und Absetzferkeln durch Futter mit einem höheren Gehalt an Vitamin E,
- weniger Umsetzen von Saugferkeln (eingeschränkter Wurfausgleich),
- Trockendesinfektion der Abferkelbuchten zwei Tage nach der Abferkelung,
- Verlängerung der Säugeperiode von 21 auf 26 Tage,
- konsequentes Rein-Raus-Prinzip in den Aufzucht- und Mastställen und gründliche Reinigung und Desinfektion zwischen den einzelnen Tiergruppen,
- Trennung von kranken und gesunden Schweinen, sofortige Euthanasierung von kranken Tieren, und
- Arbeitsabläufe des Personals nur noch in eine Richtung von den jüngeren zu den älteren Tieren, dabei eigene Schutzkleidung und Stiefel für jeden Raum.
Auswirkung der Maßnahmen auf das PRRS Geschehen
Ab dem Zeitpunkt, als keine neuen Jungsauen von außen mehr eingegliedert wurden, blieben die Werte für die Abortrate und die Ferkelverluste vor dem Absetzen für ungefähr vier Monate erhöht. Die schwersten Reproduktionsverluste wurden zwei Monate nach dem PRRS Ausbruch beobachtet, als die Abortrate 10,5% erreichte (Abb. 1.a). Die Fruchtbarkeitsrate fiel von 90% im Monat vor dem PRRS Ausbruch auf 50 % drei Monate später. Vier Monate nach dem Ausbruch ging die Abortrate wieder auf einen akzeptablen Wert von 3,2% zurück, allerdings blieb die Fruchtbarkeitsrate weiterhin auf einem niedrigen Stand. Erst acht Monate nach dem Ausbruch erreichte die Fruchtbarkeitsrate wieder einen Wert von 81,5% und blieb auch in den folgenden Monaten über diesem Wert. Die größte Anzahl an Totgeburten (8,2%) wurde zwei Monate nach dem Beginn des PRRS Ausbruchs beobachtet. Dieser Wert blieb auch bis sieben Monate nach dem Ausbruch erhöht. Außerdem stiegen zwei Monaten nach dem Ausbruch die Ferkelverluste vor dem Absetzen auf 13,1% an und gingen erst innerhalb der nächsten drei Monate auf einen Wert wie vor dem Ausbruch zurück (Abb. 1.a).
Auswirkung der Maßnahmen auf das PMWS Geschehen
Mit Blick auf den PMWS Ausbruch wurden nur schleppende Verbesserungen beobachtet. Zwischen dem 3. und 6. Monat nach dem Beginn des PRRS Ausbruchs stieg die Mortalität bei den Absetzferkeln von 8,2% auf 20% an. Dabei betrug der Anteil an Kümmerern bis zu 20% (Abb. 1.b). Innerhalb der folgenden vier Monate nahmen die mit PMWS assoziierten Probleme ab und verschwanden schließlich.
Während des akuten PMWS Ausbruchs war auch der Gesundheitsstatus der Mastschweine bis zu einem Alter von 16 Wochen beeinträchtigt. Die Mortalitätsrate bei den Mastschweinen stieg von 3,1% vor dem PRRS Ausbruch (0. Monat) auf 8,2% vier Monate später an. Der Anteil an Kümmerern lag bei den Mastschweinen vor dem Ausbruch bei 2,5% und erreichte seinen Höhepunkt mit 9,4% vier Monate danach (Abb. 1.b). Die Leistungsparameter in der Mast blieben für zehn Monate nach dem Beginn des Ausbruchs erniedrigt und erreichten erst nach dieser Zeit wieder normale Werte.
Ergebnisse der serologischen Untersuchung zur Zirkulation von PRRSV und PCV2
Die Auswertungen der serologischen Testergebnisse von den Schweinen, die einen Monat nach dem Ausbruch beprobt wurden, zeigten, dass die PRRSV Infektion vor dem Absetzen stattfand. Fünf Monate später vollzog sich die Serokonversion gegen PRRSV um den Zeitpunkt des Absetzens, wohingegen neun Monate nach dem Beginn des PRRS Ausbruchs keine Antikörper, weder bei den Saug- noch bei den Absetzferkeln, nachgewiesen werden konnten. Das zeigte, dass PRRSV aus der Sauenherde eliminiert wurde und alle Ferkel frei von diesem Virus geboren wurden. Dennoch wurde eine Serokonversion mit Antikörpern gegen PRRSV weiterhin bei den Mastschweinen beobachtet. Das verdeutlichte, dass PRRSV immer noch in den Mastställen zirkulierte.
Abb. 2. Serokonversion gegen PCV2. Anteil an serumpositiven Schweinen im Alter von 1, 3, 5, 7, 9 und 11 Wochen in IPMA bei einer Verdünnung von 1:500 1, 5 und 10 Monate nach dem PRRS Ausbruch. Unterschiedliche Buchstaben (a,b) zeigen statistisch signifikante Unterschiede zwischen den Anteilen an serumpositiven Schweinen im Alter von 1, 3, 5, 7 und 9 Wochen (p<0,05).
Interessanterweise konnten keine Veränderungen bei der PCV2 Zirkulation zwischen dem 1. Monat (Beginn des PMWS Ausbruchs), dem 5. Monat (Höhepunkt des PMWS Ausbruchs) und dem 10. Monat (nach dem PMWS Ausbruch) beobachtet werden. Zu allen Zeiten waren die jüngsten Tiere, die eine Serokonversion gegen PCV2 zeigten, sieben Wochen alt. Allerdings zeigten die serologische Auswertungen, dass die Gehalte an Antikörpern, die mit dem Kolostrum an die Ferkel übertragen wurden, mit der Zeit anstiegen. Außerdem war die Serokonversion im Alter von sieben Wochen zunehmend effektiver. Während in den ersten Monaten nach dem PMWS Ausbruch nur 27% dieser Altersgruppe seropositiv war, zeigten zehn Monate später alle Tiere eine Serokonversion. Das deutete auf eine verbesserte humorale Immunantwort gegen die PCV2 Infektion hin. Folglich sind diese Ergebnisse darauf hinweisend, dass sowohl die aktive als auch die passive Serokonversion mit der Zeit anstieg und dieser Anstieg mit der Kontrolle des PMWS Ausbruchs in Beziehung stand.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schließung der Herde und die ausschließliche Remontierung von innerbetrieblich aufgezogenen, PRRSV-seropositiven Jungsauen offensichtlich zum Aufbau einer effektiven Immunität führte, wodurch das PRRS Virus aus den Sauen- und Abferkelställen verdrängt werden konnte. Somit gingen die Reproduktionsparameter acht Monate nach dem PRRS Ausbruch auf Normalwerte zurück.
Die seronegativen Jungsauen (Gewicht 40-50kg) wurden in den Mastställen gehalten. Regelmäßige, serologische Untersuchungen zur Wirksamkeit der Eingewöhnung zeigten, dass nach einem Monat etwa 30% der Jungsauen serokonvertiert waren und nach drei Monaten 100%. Die Eingewöhnungsphase wurde somit für vier Monate durchgeführt, um zu gewährleisten, dass die Jungsauen PRRSV vollständig eliminiert haben, bevor sie angepaart wurden. Zehn Monate nach den ersten PRRS Symptomen stoppte die Zirkulation von PRRSV (bestimmt durch serologische Bestandsprofile) bei den Absetzferkeln und konnte nur noch bei den Mastschweinen beobachtet werden.
Wir glauben, dass im vorliegenden Fall der Ausbruch von PMWS bei den Ferkeln durch den vorangegangenen PRRS Ausbruch ausgelöst wurde und durch den geringen Gehalt maternaler Antikörper gegen PCV2, die auf die Ferkel übertragen wurden, entstand. Die Eliminierung von PRRSV bei den Sauen und später bei den Absetzferkeln trug signifikant zur Eliminierung von PMWS aus dem Bestand bei.
Dieser klinische Fall wurde von Stadejek T., Podgorska K., Porowski M., Jabłoński A., Pejsak Z. veröffentlicht und ist zu finden unter: Veterinary Record doi:10.1136/vr.d4840