Bereits seit über 20 Jahren nutzen Landwirtschaftsbetriebe Biogasanlagen. Reststoffe wie etwa Gülle werden vergoren, um daraus Energie zu gewinnen. In kleinen und mittleren Betrieben fallen jedoch nicht genug Reststoffe an, um eigene Anlagen zu betreiben. Die Folge: Viel Biomasse bleibt energetisch ungenutzt und setzt bei der Lagerung klimaschädliche Gase wie Methan frei, die sonst in den Anlagen verwertet würden. Ein Forschungsteam der FH Münster um Projektleiter Dr. Elmar Brügging hat dazu nun ein Forschungsprojekt gestartet: „MOVE – ökonomische und technische Optimierung der anaeroben Vergärung von Schweinegülle“. „Wir untersuchen, wie kleinere Höfe Cluster bilden und Gemeinschaftsbiogasanlagen betreiben können. Und das mit möglichst kleinem logistischen Aufwand und Transportkosten sowie optimierten technischen Verfahren“, erklärt Brügging. Die Firmen ASW Argarservice Wessendorf in Ochtrup und GEA Westfalia Separator Group GmbH in Oelde sind Praxispartner.
In Biogasanlagen vergären Mikroorganismen organisches Material wie beispielsweise Schweinegülle. Dabei entsteht Methangas, mit dem Erdgas substituiert werden kann und sich universell nutzen lässt, um Strom und Wärme zu erzeugen. „Methan entsteht auch, wenn die Gülle auf den Höfen gelagert wird. Und je älter die Gülle ist, desto weniger Gas lässt sich daraus gewinnen. Daher sollte sie möglichst schnell in die Biogasanlagen“, erklärt Projektingenieur und FH-Alumnus Jurek Häner. „Nachdem die Gülle vergoren wurde, kann sie als Dünger auf den Feldern ausgebracht werden.“ Ein nachhaltiger Kreislauf, aber auch ein logistischer Aufwand, den das Forschungsteam optimieren möchte. Brügging dazu: „Wir möchten anwendungsnah forschen.“ Dazu nehme die ASW Argarservice Wessendorf GPS-Daten für ihre tatsächlichen Transportwege der Gülle auf. „Das Unternehmen bringt mit eigenen Biogasanlagen und Reststofftransporten viel Erfahrung und Wissen aus der Landwirtschaft ins Projekt.“
Um die Schweinegülle energetisch optimal auszunutzen, spielen die Qualität der Gülle und technische Verfahren eine große Rolle. „Wir untersuchen verschiedene Reststoffproben im Labor des Fachbereichs Energie – Gebäude – Umwelt mit einer sogenannten Biogaspotenzialanalyse. Dabei zeigt sich, wie viel Methan sich daraus pro Tag beziehungsweise eingesetzter Menge produzieren lässt. Einfluss darauf hat beispielsweise, wie die Schweine gefüttert werden und wie alt die Gülle ist“, erklärt Häner.
Außerdem wird das Team an drei Biogasanlagen in der Region forschen – auch eine Anlage der Firma Wessendorf soll dabei sein – sowie im Umkreis des Bioenergieparks Saerbeck, einem FHOrt. Die Forschungsfragen: Mit welchem Vergärungskonzept gelingt eine weitreichende Substratausnutzung? Welchen Effekt hätte eine Vorbehandlung und wie hoch sind die Kosten? „Eine Möglichkeit wäre, die festen Bestandteile von den flüssigen schon auf den Höfen zu trennen und nur die Feststoffe in die Biogasanlage zu fahren. Denn diese sind energiereicher“, so Brügging. Dafür stellt die GEA Westfalia Separator Group beispielsweise einen Dekanter zur Verfügung – eine Zentrifuge, die fest und flüssig trennt. „Mit der GEA haben wir großes technisches Know-how an Board. Die Firma arbeitet mit technischen und wissenschaftlichen Methoden, um ihre Verfahren zu optimieren und ist global tätig. Das ist wichtig, um die Ergebnisse weit zu streuen“, sagt der Projektleiter. Denn im letzten Schritt möchte das Team Maßnahmen und Handlungsempfehlungen erarbeiten. „Im Münsterland haben wir eine hohe Dichte an Viehproduktion. Die Ergebnisse sollen sich aber auf andere Regionen übertragen lassen.“
4. April 2022 - FH Münster