Klinischer Fall: Mögliche Wege der Verbreitung und Unterbindung von APP

Kazimierz Tarasiuk
24-Okt-2017 (vor 7 Jahre 9 Tage)

Einleitung

Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) ist der ätiologische Erreger der Pleuropneumonie bei Schweinen, eine stark ansteckende, häufig tödlich verlaufende Krankheit. Der Hauptverbreitungsweg ist durch direkten Kontakt von Schwein zu Schwein oder durch Aerosole über kurze Entfernungen. Einige Autoren berichteten, dass die Übertragung durch die Luft zwischen nahe gelegenen Schweinebetrieben zwar möglich ist, aber selten auftritt (Desrosiers, 2004; Kristensen, 2004). Das Ziel dieser Studie war es, die Verbreitung einer APP-Infektion des Serotyps 2 in einem kleinen Schweinebetrieb zu verfolgen. Es ist darauf hinzuweisen, dass in Polen Serotyp 2 neben den Serotypen 6 und 9 am häufigsten vorkommt.

Beschreibung des Betriebs

Ein Zucht- und Mastbetrieb (240 Sauen) mit hohen Gesundheitsstandards infizierte sich im August 2009 mit APP Serotyp 2. Der Bestand war zuvor frei von den wichtigsten Krankheiten einschließlich PRRS, EP, APP usw. Der Betrieb bestand aus zwei Gebäuden, die 40 m voneinander entfernt lagen, ohne dass es eine direkte Verbindung zwischen ihnen gab. Es gab Abbrausanlagen und die Möglichkeit, die Kleider und Stiefel zu wechseln, allerdings nur für das Personal, das innerhalb des Betriebs mit den Tieren arbeitete. Ein Gebäude diente der Unterbringung der Mastferkel und Mastschweine, die im Rein-Raus-Verfahren in verschiedenen Ställen gehalten werden, und im anderen Gebäude waren die Sauen und die Absetzferkel bis zum Alter von 7 Wochen untergebracht.

<p>Abbildung 1: Geb&auml;ude der Mastschweine - Geb&auml;ude der Sauen rechts oben: Eingangst&uuml;r zu den &auml;u&szlig;eren St&auml;llen in der Wand</p>

Das Gebäude für die Mast bestand aus 4 getrennten Ställen, in denen sich jeweils 2 Buchten mit 45 Schweinen pro Bucht befanden.

Beschreibung des Falls

Die Infektion trat im Gebäude der Masttiere in einem der äußeren Ställe auf, der räumlich durch eine feste Wand vom anderen Teil der Halle getrennt war. Nachdem die ersten Symptome der Infektion bei Schweinen aufgetreten waren (Temperatur bei 41,5ºC, Husten, Appetitlosigkeit), wurde der Zugang zu diesem Stall gesperrt und die einzige Möglichkeit ihn zu betreten, war von außen (Abb. 2).

<p>Abbildung 2: Plan des Geb&auml;udes der Mastferkel und Mastschweine und &Auml;nderung des Zugangs</p>

<p>Abbildung 3: Geb&auml;ude der Mastferkel und Mastschweine</p>

Umgehend wurden alle Tiere in diesem Stall 7 aufeinanderfolgende Tage lang mit Tetracyclin behandelt, das mit dem Trinkwasser verabreicht wurde. Im Betrieb wurden außerdem sofort zusätzliche Biosicherheitsvorkehrungen (unterschiedliches Personal, getrennte Abbrausanlagen, Kleider und Stiefel) eingeführt. Nachdem die klinischen Symptome zurückgegangen waren und keine Antibiotika mehr verabreicht wurden, schlachtete man alle Tiere aus diesem Stall.

Diagnose

Auf Grundlage des Krankheitsbilds (hohes Fieber, Husten, Appetitlosigkeit) begann man sofort mit der Verabreichung von Tetracyclin im Trinkwasser. Nachdem die klinischen Symptome zurückgegangen waren und keine Antibiotika mehr verabreicht wurden, begann man mit der Diagnose. Es ist darauf hinzuweisen, dass es keine Todesfälle gab. Alle Tiere wurden zum Schlachthof gebracht. Man führte Schlachtkontrollen durch und von 15 zufällig ausgewählten Schweinen mit Lungenläsionen entnahm man die Mandeln für eine PCR-Analyse. Das infizierte Lungengewebe wurde zur Anlage einer APP-Kultur an das Labor geschickt.

<p>Abbildung 4: Lungenl&auml;sion durch APP</p>

Maßnahmen

Die leeren Buchten wurden zuerst mit einem Desinfektionsmittel mit viruzider, bakterizider, fungizider und sporizider Wirkung ausgeräuchert und 5 Tage lang nicht betreten. Nachdem man den Boden mit einem Glutaraldehyd-basierten Desinfektionsmittel getränkt hatte, ließ man ihn anschließend vollständig abtrocknen. Das Ziel dieser Maßnahme war es, das Infektionsrisiko vor der Reinigung so stark wie möglich zu reduzieren (Minimierung des Staubgehalts). Nach 5 Tagen wurde die gesamte Anlage gereinigt, gewaschen, desinfiziert, getrocknet und 30 Tage lang nicht benutzt, bevor neue Schweine aufgenommen wurden. Die Schweine der anderen 3 Ställe standen unter klinischer Beobachtung und als Präventionsmaßnahme verabreichte man ihnen über das Trinkwasser an 7 aufeinanderfolgende Tagen Tetracyclin. Von jeder Bucht entnahm man Blutproben von 15 zufällig ausgewählten Schweinen zur serologischen Untersuchung. In den folgenden 8 Wochen wurden alle Tiere aus dem ersten Gebäude nach und nach geschlachtet. Von 5 zufällig ausgewählten Schweinen pro Bucht wurden die Mandeln für eine PCR-Analyse entnommen. In der Zwischenzeit wurden viele Biosicherheitsvorkehrungen getroffen, um das Gebäude der Sauen vor Ansteckung zu schützen, wie beispielsweise anderes Personal als in dem anderen Gebäude und die Trennung von Stiefeln und Kleidern. Zehn Markerschweine, die gegenüber APP immunologisch naiv waren, wurden in die Zuchtabteilung des Betriebs aufgenommen und man sorgte dafür, dass sie engsten Kontakt mit den betriebseigenen Schweinen hatten. Alle Markerschweine wurden zweimal serologisch getestet und zwar 1 und 2 Monate nach ihrer Aufnahme in den Betrieb. Zwei Monate nach der Infektion wurde Blut von 45 zufällig ausgewählten Sauen zur serologischen Untersuchung entnommen. Zum Nachweis von Antikörpern gegen APP Serotyp 2 verwendete man einen LC-LPS ELISA (Schweinetest).

Laborergebnisse

Durch Anlage einer Kultur mit Gewebe mit Lungenläsionen von Schweinen des äußeren Stalls bestätigte sich eine APP-Infektion Serotyp 2. Schweine aus diesem Stall waren krank und zeigten typische klinische Symptome von Pleuropneumonie. Schlachtkontrollen ergaben bei 35 von 52 Schweinen typische Läsionen von APP-Infektionen (abszessähnliche Knötchen in den Zwerchfelllappen). 270 Schweine aus den anderen drei Ställen, die nach und nach geschlachtet wurden, zeigten keinerlei Lungenläsionen. Die serologische Untersuchung von zufällig aus jedem Stall ausgewählten Schweinen zeigte, dass alle Ergebnisse negativ auf APP Serotyp 2 waren. Bei insgesamt 90 Schweinen wurden Blutproben zur serologischen Untersuchung entnommen. Bei Sauen und Absetzferkeln wurden ebenso wie bei den Markertieren keine klinischen Symptome von Atemwegserkrankungen festgestellt. Bei 45 zufällig ausgewählten Sauen wurden serologische Untersuchungen durchgeführt, die sich alle als negativ auf APP Serotyp 2 erwiesen. Die Mandeln von 15 Schweinen aus dem infizierten Stall wurden PCR-positiv getestet. Die Mandeln von Schweinen von den anderen drei Ställen des Gebäudes wurden PCR-negativ getestet. 4 oder 8 Wochen nach ihrer Aufnahme in den Betrieb wurden die Markerschweine serologisch negativ auf APP Serotyp 2 getestet.

Schlussfolgerungen

Die erzielten Ergebnisse zeigen eindeutig, dass APP immunologisch naive Schweine infiziert, wenn es direkten Kontakt mit kontaminiertem Material gibt. In diesem besonderen Fall war die Quelle der Infektion sehr wahrscheinlich der Viehhalter (Infektionsträger), der das Entladen der Tiere betreute. Diese Person wurde aushilfsweise angestellt, um beim Verladen der Tiere zu helfen. Ansonsten arbeitete er jeden Tag in seinem eigenen nahe gelegenen Kleinbetrieb, wobei man den Gesundheitsstatus seiner Schweine als sehr konventionell bezeichnen könnte. Leider nahm man seine Hilfe in Anspruch, ohne irgendwelche Biosicherheitsvorkehrungen zu treffen. So benutzte er zum Aushelfen beim Verladen einfach dieselben Kleider und Stiefel, die er normalerweise auch bei der Arbeit mit seinen eigenen Schweinen trug. Es gab keine permanente Verladerampe, so dass die Schweine mit Hilfe einer mobilen Rampe verladen wurden. Es infizierten sich nur die Schweine im äußeren Stall mit APP Serotyp 2 und natürlich infizierten sich auch die verladenen Tiere. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Infektion sich nicht über das gesamte Gebäude ausbreitete. Die schnellen Maßnahmen, die bei den ersten Anzeichen der aufgetretenen Infektion getroffen wurden, ermöglichten es, die Schweine von allen anderen Ställen dieses Gebäudes sowie die anderen Gebäude (einschließlich des Gebäudes der Sauen) vor APP-Infektionen zu schützen.

Dieser Fall bestätigt die früheren Beobachtungen, dass die Übertragung von APP durch die Luft zwar möglich ist, aber beschränkt bleibt. Ebenso ist an erster Stelle auf die Bedeutung von Biosicherheitsvorkehrungen und der Schulung aller Personen, die den Betrieb betreten, hinzuweisen und an zweiter Stelle auf die Bedeutung einer guten täglichen Beobachtung der Tiere und einer hervorragenden Kommunikation zwischen dem Betriebspersonal und den Veterinärmedizinern. Im vorliegenden Fall ermöglichte dies die schnelle und effektive Umsetzung von Maßnahmen, um die Infektion zu begrenzen und zu eliminieren, bevor sie sich im gesamten Betrieb ausbreiten konnte.