Um zu begreifen, was auf dem heutigen globalen Schweinemarkt passiert, ist es wichtig, zwei große Trends zu verstehen, die derzeit rund um den Globus Realität werden. Der erste ist der Anstieg des realen Pro-Kopf-Einkommens, der die grundlegende Ursache für die steigende weltweite Nachfrage nach Schweinefleisch darstellt. Seit vielen Jahren geht die Inflation weltweit zurück oder ist niedrig und stabil, wodurch sich das tatsächliche Einkommen erhöht und damit zu zusätzlicher Kaufkraft führt. Der zweite Umstand ist die sich entwickelnde Struktur der Produktion, Verarbeitung und des Vertriebs von Schweinefleisch in den Vereinigten Staaten, Europa und China, die grundverschieden sind. Jedes Land befindet sich auf einer anderen Entwicklungsstufe im Rahmen kontinuierlicher Veränderungen auf dem Weg in eine Zukunft, die fast alle großen Erzeuger und Produktionsunternehmen rund um den Globus überraschen wird.
Wie wir oftmals erwähnt haben, ist es nicht mehr die wachsende Bevölkerung, die den Hauptimpuls für den effektiven Anstieg der weltweiten Nachfrage nach Fleisch darstellt, sondern vielmehr das reale Pro-Kopf-Einkommen. Das reale Pro-Kopf-Einkommen ist seit den 1960er Jahren weltweit langsam gestiegen, aber seit dem Jahr 2000 hat sich abgesehen von ein paar kurzzeitigen Rückgängen die Tendenz der wachsenden Einkommen dramatisch beschleunigt. Dies ist der fundamentale Ursprung der Nachfrage weltweit und die Variable, die am deutlichsten zeigt, was derzeit in Ihrem Land bei allen Waren und Dienstleistungen und natürlich auch auf dem Schweinefleischmarkt geschieht.
Ein höheres Pro-Kopf-Einkommen führt zu dramatischen Veränderungen der Nachfrage, für die sich die Länder weltweit rüsten, die über die notwendigen und nachhaltigen Elemente kostengünstiger Fleischproduktion verfügen. Die große Frage besteht nicht in erster Linie darin, welche Länder Schweinefleisch produzieren können, um der kommenden Nachfrage gerecht zu werden, sondern welche Struktur der Produktion, Verarbeitung und des Vertriebs sich als in wirtschaftlicher Hinsicht am widerstandsfähigsten erweisen wird, da die Auswirkungen, welche die kommenden zufällig auftretenden Probleme mit sich bringen, selbst diejenigen überraschen werden, die am besten darauf vorbereitet sind.
Für mich war die Bedeutung der Struktur der Schweinefleischkette für den wirtschaftlichen Erfolg und die Anpassungsfähigkeit in den nächsten zehn Jahren noch nie so deutlich. Leistungsstarke Betriebe und Systeme, die in der Vergangenheit aufgrund eines herausragenden Managements, der richtigen Betriebsabläufe und aufgrund ihres Personals, das in der Lage ist, diese Abläufe konsequent durchzuführen, sehr erfolgreich waren, werden feststellen, dass diese Merkmale zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für den künftigen Erfolg sind. Es gibt viele Schweinefleisch produzierende Betriebe unterschiedlicher Größe, von Familienbetrieben bis hin zu sehr großen Unternehmen, die bewährte Leistungsträger sind, aber ihre aktuellen und künftigen Erfolge werden durch die Kettenstruktur geschmälert, in der sie sich befinden und in der sie produzieren. Selbst die besten Produktionsunternehmen können sich der sie bindenden Einflüsse nicht entziehen, wenn sie sich in einer beschränkenden, rückständigen oder veralteten Kettenstruktur befinden.
In allen großen Erzeugerländern gibt es innerhalb ihrer Kette Elemente dieses Mitzieheffekts, das heißt, es gibt keinen perfekten Ort, um Schweinefleisch zu erzeugen und zu vertreiben. Allerdings müssen Betriebe weitaus mehr Entscheidungen über ihr Produktionssystem treffen als in der Vergangenheit, um die bevorstehenden Veränderungen erfolgreich und unbeschadet zu bewältigen. Früher lag der Schwerpunkt auf den Merkmalen des Betriebs (Genetik, Bauart, Größe der Partien, Verwaltungsbehörden usw.). Um erfolgreich zu sein, ist es nun wichtiger denn je, sich innerhalb des Produktionsmilieus des eigenen Landes nach der richtigen Kette oder Unterkette auszurichten. Wo es die richtige Kette nicht gibt, muss sie häufig trotz oder entgegen der herkömmlichen Meinung geschaffen werden, die in der Vergangenheit zwar zu Erfolgen führte, diese in der Zukunft aber nicht mehr gewährleisten kann.
Was sind die Merkmale, die den Unterschied ausmachen? Der Druck, die knappen globalen Ressourcen effizient zu nutzen, um Fleisch (und andere wertvolle Güter) zu produzieren, nimmt zu und er wird höchstwahrscheinlich exponentiell steigen, wenn sich die gegenwärtige Prognose einer Zunahme der Weltbevölkerung um 2 Milliarden bis zum Jahr 2050 bestätigen wird. Dies kann nur passieren, wenn die landwirtschaftliche Tierhaltung den Weg der so genannten Präzisionslandwirtschaft einschlägt, den der moderne Pflanzenbau vor über 25 Jahren geebnet hat.
Bei der Präzisionslandwirtschaft müssen die grundlegenden Berechnungen, Verfahren und Investitionen mit umfassender Kenntnis und Berücksichtigung der Schwankungen erfolgen, die mit biologischen Produktionssystemen untrennbar verbunden sind. In der Schweineindustrie haben wir Systeme erschaffen, die mit der derzeitigen Technologie keine Präzision bieten können. Wir warten immer auf die Technologie, die uns die gleiche Detailgenauigkeit bietet, welche die Pflanzenbauer derzeit durch die Verwendung von Luftaufnahmen und Infrarot-Satellitenbildern erreichen können. Solche Dinge erlauben dem Erzeuger, die Pflanzensorten nicht nur differenziert anzupflanzen, sondern auch Nährstoffe, Herbizide und Insektizide auf eher kleineren Flächen von einigen Quadratmetern anstatt auf größeren Flächen von einigen Ar oder Hektar einzusetzen.
In der Schweineproduktion erfahren wir die Leistungskennzahlen der Mastphase erst beim Schlachten und dann nur als Durchschnittswert (von Partien, die mitunter weit über 1.000 Tieren umfassen), wobei wir nur wenige oder gar keine Informationen zu den Abweichungen von diesem Durchschnittswert erhalten. Es sind einige ermutigende Anzeichen zu sehen, aber oft mangelt es an der erforderlichen Genauigkeit oder an konkurrenzfähigen Preisen. Darüber hinaus hat sich die Anwendung dieser neuen Technologien in einigen Fällen negativ auf das Wachstum ausgewirkt, da die Tiere dadurch gestört oder unruhig werden.
Wenn Sie innerhalb einer globalen Kette produzieren, in der Sie daran gehindert werden, bei der Schlachtung das Gewicht und die Qualitätsmerkmale jedes einzelnen Tieres zu erhalten, haben Sie keine Gelegenheit, ohne große Schwierigkeiten die Schwelle hin zur Präzisionslandwirtschaft zu überschreiten, was schließlich dazu führen kann, dass Sie an globaler Wettbewerbsfähigkeit einbüßen werden. Der grundlegendste Zweck hinter den drei neu entstehenden Großanlagen in den Vereinigten Staaten ist es, Informationen bei und nach der Schlachtung zu erhalten. Diese Daten sind die Eintrittskarte in die Welt der Präzisionslandwirtschaft und dies geht weit über das Schlachtgewicht und Qualitätskennzahlen hinaus. Wenn Sie diese Daten nicht über den Schlachthof erhalten können, müssen Sie einen anderen Weg finden, an diese Informationen zu gelangen. Die gute Nachricht ist, dass derzeit einige Methoden entwickelt werden, wenn auch nicht der Art, wie Sie vielleicht denken mögen. Mehr dazu erfahren Sie in einem späteren Artikel.